Google Ideas will eine Taskforce zur Bekämpfung von Drohungen und Beleidigungen im Netz gründen, für sich allein  genommen keine schlechte Idee, wenn man aufpasst, die freie Meinungsäußerung im Verlauf der Aktion nicht zu beschädigen. Voraussetzung für Letzteres wäre als erstes eine ausgewogene Zusammenstellung des zuständigen Gremiums. Schon der flüchtige Blick auf das Titelbild kann im geneigten Leser den Verdacht erwecken, das Google bei dieser Aufgabe wohl kein glückliches Händchen hatte. Es sei denn, Google wirbt auch Wölfe an, um Schafe zu beschützen, denn mindestens fünf der Damen auf dem Bild (ich zähle ganze zwei Männer, obwohl Studien keinen nennenswerten quantitativen Unterschied der Beleidigungen bei Männern und Frauen finden konnten) haben nicht nur passive Erfahrungen mit Drohungen, Beleidigungen und öffentlicher Bloßstellung.

Feuer mit Feuer bekämpfen?

Zuerst wäre da Zoe Quinn, ein Dauergast (der sich immer wieder selbst einlädt) in den Diskussionen rund um #GamerGate. Neben ihrer Vergangenheit als jemand mit „Helldump-Sucht“ (ein Forum, dass auf Doxxing und Trolling spezialisiert war), zeigt vor allem ihr Umgang mit ideologisch inkompatiblen Menschen ihre mangelnde Eignung für die Bekämpfung von Online-Belästigung. Sie hat versucht, die Kampagne von The Fine Young Capitalists zu torpedieren, die ein Spiel von Frauen entwickeln lassen wollten um den Profit an wohltätige Organisationen zu spenden. Später darauf angesprochen behauptete sie, lediglich vier Tweets zum Thema TFYC geschrieben und in keiner Weise Sabotage betrieben zu haben. Die 43 Tweets, die es tatsächlich waren enthielten Perlen wie „Oh, da haben wir wohl aus Versehen jemandes Website gecrasht“.

Dann wäre von Brad Wardell, dem Entwickler von Galactic Civilizations zu sprechen, den sie auf Twitter „ein pedantisches Stück Scheiße“ genannt hat. Oder von den vielen tausend anonymen Gamern, die sie in ihrem Wahn, sie sei ein „Cutie killing video games“ beleidigt und verhöhnt hat. Oder von der Fotografin, der sie erzählt hat, sie habe schon einmal einen Mann in Notwehr umgebracht und deren Karriere Quinn nach bekanntem Muster (laut „Belästigung“ schreien, bis jemand zuhört) zu torpedieren versuchte? Miss Quinn scheint genug Leichen im Keller zu haben, um ganze Friedhöfe zu füllen – wie zum Teufel kommt Google Ideas darauf, in ihr eine Kandidatin für ein Programm gegen Online-Belästigung zu sehen?“

„Ich liebe Games mehr als ihr Arschlöcher es jemals tun werdet“

Zoe Quinn, Botschafterin des guten Willens

Als nächstes wäre da Anita Sarkeesian: Nach außen die Maid in Nöten, die von der ganzen Männerwelt angegriffen wird, auf Twitter aber auch nicht gerade zimperlich. Über den Blogger Glenn Beck zu Beispiel kann man sicher streiten, ihn ein sexistisches Arschloch zu nennen, wie es Sarkeesian getan hat, bleibt aber weiterhin eine Beleidigung. Abgesehen davon denke ich, dass sie männlichen Internet-Nutzern gegenüber zu voreingenommen ist, nach ihren Worten sind sie für Amokläufe und überhaupt alles Schlechte in der Welt verantwortlich, wie soll ich als Mann denn da an Neutralität und gleiche Behandlung glauben? Außerdem gehört sie zu der Sorte Mensch, für die schon vorsichtige Kritik eine unerträgliche Art der Belästigung darstellt, ich weiß nicht ob Google Ideas die Verhältnismäßigkeit wahren kann, wenn Frau Sarkeesian mitarbeitet.

„Glenn Beck ist ein sexistisches Arschloch“

Anita Sarkeesian, Retterin der Beleidigten

Auch auf dem Bild ist Rose Eveleth, eine Journalistin, die maßgeblich daran beteiligt war, Matt Taylor, den Wissenschaftler, der ein Raumfahrzeug auf einem Kometen gelandet hat, für sein Hemd online an den Pranger zu stellen. Taylor gab dem Druck schließlich nach und entschuldigte sich unter Tränen für den Fauxpas, ein Hemd getragen zu haben, das ihm eine Freundin geschenkt hatte und auf dem Pin-up-Girls zu sehen waren. Ein klassisches Beispiel für eine Internet-Hetzkampagne, und doch scheint Google Ideas diese Frau für geeignet zu halten, genau solche Vorgänge in Zukunft zu verhindern. Warum auch immer.

„Schaut euch das Hemd von dem Typen an!“

Rose Eveleth, Shitstorm-Jägerin

Als viertes ist eine Dame zu nennen, die unter dem Pseudonym Feminista Jones die aus der RadFem-Ecke bekannten Vorurteile bedient, zum Beispiel beschwert sie sich darüber, das Frauen online neben Drohungen und Beleidigungen auch „intellektuelle Kritik“ ertragen müssten. Außerdem scheint sie Vorurteile zum Thema „sexuelle Potenz weißer Männer“ zu haben, die so gar nicht in das Bild einer Streiterin für Gleichberechtigung passen wollen. Was für ein Glück, das umgekehrter Rassismus nicht existiert, sonst hätte ich hier welchen vermutet.

„Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so viele impotente weiße Männer in meinen Mentions hatte.“

Feminista Jones, Expertin für Friedensverhandlungen

Und als letze aus der Runde habe ich mir den offensichtlichsten Fehlgriff aufgehoben, den sich Google Ideas geleistet hat: Randi Harper. Die selbsternannte „Gründerin und CEO“ der „Online Abuse Prevention Initiative“, das hört sich doch endlich nach einer vernünftigen Kandidatin an, könnte der uninformierte Leser jetzt denken. Aber abseits von dieser öffentliche Person sprechen ihre Tweets eine andere Sprache: Da sollen Leute „Schwänze fressen“ oder „brennen“, da werden Gerichtsvollzieher gedoxxt, die bei ihr Geld eintreiben wollen. Sie ist die „Entwicklerin“ eines Twitter-Blockbots, der die Blockierten in Kategorien wie „worst harassers“ einteilt und hält es nicht für Tierquälerei, ihren Hund blau zu färben. Außerdem droht die aufrechte Kämpferin gegen Ungleichheit ihrem Sohn schon mal an, ihn an „die Mexikaner“ zu verfüttern, sehr symphatisch und kein bisschen rassistisch.

Unter den Opfern ihrer Hasskampagnen sind die Aktivistin Claire Schuhmann, der Autor Videk Wadhwa oder der ehemalige IDGA-Vorsitzende für Puerto Rico, Roberto Rosario – die Liste ließe sich quasi endlos fortsetzen. Hätte Google Ideas mal das Produkt des Mutterkonzerns genutzt, um sich über Harper zu informieren, statt dieser Serientäterin auch noch eine Plattform zu geben.

„Friß einen ganzen Haufen Schwänze. Am besten welche von plattgemachten Männerrechtsaktivisten“

Randi Harper, Freundin in der Not

Google Bad Ideas

Tja Google Ideas, um ehrlich zu sein, ich kann gar nicht so viel essen, wie ich angesichts eures Opportunismus und eurer Kurzsichtigkeit kotzen möchte. Die Erwartung, Extremisten könnten etwas für die Entschärfung eines Konflikts tun erinnert mich an die Entscheidung der damaligen Veranstalter, für das Konzert der Rolling Stones auf dem Altamont Speedway die Hell’s Angels als Ordner zu verpflichten. Zwar wird Googles Entscheidung (hoffentlich) keine Todesopfer fordern, aber die Meinungsfreiheit der Gegner radikalfeministischer Ideen im Netz  könnte durchaus noch mehr Schaden nehmen als ohnehin schon angerichtet ist. Denn bei dieser Taskforce geht es nicht um „Cybergewalt“ (mein Kandidat für das Unwort des Jahres), sondern um Ideologie. Die Beteiligung von ganzen zwei Männern spricht für sich allein genommen schon Bände, aber die Tatsache, dass die beteiligten Frauen allesamt feministische Aktivistinnen sind, zeigt worum es wirklich geht – um einen Online-Maulkorb für die Kritiker dieser Ideologie.

Falls der ein oder andere geneigte Leser angesichts diese Vorgänge ein leichtes Unwohlsein verspürt, sollte er nicht versäumen, dies der deutschen Niederlassung von Google mitzuteilen.