Monat: August 2015 (Seite 1 von 3)

Bei Sexismus ist die Diskussion zu Ende

Ein Gespräch mit der Spielentwicklerin Maya Posch

Maya Posch war am 30. August 2015 Gast im deutschen #GamerGate-Livestream, das folgende Gespräch ist ein Ausschnitt daraus. Neben ihrem Job als Programmiererin führt sie mit einem Freund zusammen das Enwicklungsstudio Nyanko, beherrscht Unmengen von Programmiersprachen und hat ein unübersehbares Faible für asiatische Kultur. Da Maya zwar Niederländisch, Englisch und Japanisch spricht (und außerdem Mandarin und Koreanisch lernt), Deutsch aber nicht ihre Muttersprache ist, habe ich ihre Antworten zugunsten der Lesbarkeit bearbeitet, dieses Video enthält das vollständige, unbearbeitete Gespräch.

gamergateblog.de dankt Maya Posch und den Organisatoren des Streams für die Zusammenarbeit.

 

Hallo Maya, stell dich doch einfach mal kurz vor.

Ich arbeite als Softwareentwicklerin, aber ich habe auch mein eigenes Games-Studio, und entwickle dort zusammen mit einem Freund Spiele.

Für mich hat GamerGate im letzten Jahr angefangen, ich habe gesehen, das es da um eine Frau geht und das gesagt wird: „Ha, du hast da etwas falsch gemacht“. Aber eigentlich hat das mit Anita Sarkeesian und ihrer Video-Serie angefangen, in der behauptet wird, alle Spiele seien 100% Sexismus und alle Frauen seien Opfer. Und auch ich als „female gamer“ sollte mich am besten als Opfer darstellen. Das hat mich sehr genervt und so habe ich im letzten Jahr zum ersten Mal den Hashtag #NotYourShield benutzt. Das musste sein.

Da ist dir der Kragen geplatzt.

Es ist einfach so: Ich bin kein Opfer. Auch nicht, wenn Sarkeesian das sagt. Dann bin ich immer noch kein Opfer. Ich will auch kein Opfer von Sarkeesian sein. Ganz einfach: Nein, das klappt nicht, so ist das alles nicht. Ich bin jetzt schon seit den neunziger Jahren ein Gamer und ich habe immer viel Spaß damit gehabt. Welcher Sexismus? Ich sehe keinen, das ist verrückt, ich bin #NotYourShield.

Kannst du mir drei Spiele nennen, die dir besonders gut gefallen?

Natürlich die meisten der Zelda-Games, Ocarina of Time, Majora’s Mask, Twilight Princess.

Damit hast du schon mehr genannt als Anita Sarkeesian bei Colbert. Ich habe auf deinem Blog gelesen, das du schon viel durchgemacht hast, trotzdem hat dich das nicht davon abgehalten, zum Beispiel C++-Entwicklerin zu sein und zig Programmiersprachen zu lernen, du programmierst Android-Apps mit denen man japanisch lernen kann, du schreibst auf mehreren Blogs zu Themen wie Programmieren, aber auch Wissenschaft, zum Beispiel über künstliche Intelligenz. Du bist jemand, der sein Wissen auch nach außen trägt – bist du auch jemand, der immer Beschäftigung braucht, etwas das den Geist anregt?

Ja, Langeweile, das geht nicht, das darf nicht sein.

Quelle: Twitter

Quelle: Twitter

Und wie denkst du über Leute, die dann sagen: “ Du bist doch Teil einer Minderheit, warum fühlst du dich nicht als Opfer, wir wollen dir doch nur helfen“?

Ich finde das komisch. Ich habe mir eigentlich immer selbst geholfen. Wenn ich etwas interessant finde, dann ist das Motto: „Einfach lernen“, ich habe mir Vieles selbst beigebracht. Wenn ich denke, ich könnte etwas besser machen, mache ich es einfach besser. Ich glaube nicht an die Opferrolle, ich glaube nicht, das es sinnvoll ist, das Opfer zu spielen. Aber das ist, was die Leute von mir erwarten, auch die Social-Justice-Warriors auf Twitter, es ist einfach unglaublich.

Was glaubst du ist das größte Problem bei diesen SJWs?

Ich glaube sie sind- wie sagt man – Kontrollfreaks. Sie haben ein festes Bild von der Realität und wenn jemand etwas sagt oder etwas macht, das nicht damit übereinstimmt, dann ist das als ob man gegen ein Dogma verstößt. Eigentlich ist es wie eine Religion. Diese Leute müssen einfach an ihre Version der Realität glauben, das sieht man auch bei Sarkeesian. Es gibt dann Männer, die glauben, Anita Sarkeesian habe recht, alle Frauen seien Opfer und in der Gaming-Community gebe es „toxische Maskulinität“. Und auch alle Frauen, die sich für Spiele interessieren sind Opfer, denn die Community ist natürlich rein männlich. Was mich auch nervt, ist die Tatsache, dass die Medien so tun als wäre die Ethikfrage etwas neues. Schon in den Neunziger Jahren gab es auf Seiten wie IGN Korruption, Korruption, Korruption.  Das war schon immer so.

We are not Jack Thompson

Das denke ich auch, nur das dieses Problem mit #GamerGate auf einmal  gleichzeitig von viele Leuten wahrgenommen wurde.

Es gab immer Kontroversen um Games. In den Achtzigern war es der „Satanismus“ in Dungeons & Dragons, in den Neunzigern war es die These, Spiele verursachten Gewalt, vertreten von Leuten wie Jack Thompson, und heute haben wir Anita Sarkeesian, die eigentlich der neue Jack Thompson ist.

Ja, aber die ist unantastbar, weil sie eine Frau ist.

Ja, das ist auch der Unterschied zu den vorhergehenden Diskussionen: Feminismus. Wenn man sich zum Beispiel Zoe Quinn ansieht, wenn man über jemanden schreibt, zu dem man eine Beziehung hat sollte man das offenlegen, klar machen, dass man nicht unhabhängig ist. Wenn man dann nach der Ethik fragt heißt es: Sexismus. Weil sie eine Frau ist. Man kann nichts dagegen sagen. Auch wenn man als Frau, als „female gamer“,  Sarkeesian kritisiert dann kommen gleich Social-Justice-Warriors – immer Männer – und sagen: „Das kannst du nicht sagen, das kannst du nicht machen, es ist einfach so. Sarkeesian hat recht“.

Ich habe auch ganz stark den Eindruck das Feminismus und gerade auch Sexismus in der #GamerGate-Debatte genutzt werden, um Kritik zu vermeiden.

Ich habe diesen Eindruck auch. Wenn jemand „Sexismus“ sagt, erwarten die Leute, das damit die Diskussion beendet ist. Wenn jemand sagt „Das ist Sexismus“, dann ist es vorbei, das glauben die wirklich. Es ist ein bisschen wie bei „Rassismus“. Wenn das jemand sagt…

Schublade zu, fertig!

Ja, genau, das glauben die. Daher kommt auch diese komische Idee von „Internalized Misogyny“: Frauen die nicht gegen #GamerGate sind, haben dann diesen „Internalisierten Frauenhass“, die hassen Frauen, die haben Probleme und darum stimmen deren Ideen nicht mit Sarkeesians Ideen überein. So etwas kann man gerne behaupten, aber ich glaube nicht, das es stimmt.

Eigentlich ist es wie eine Religion

Ja, es ist schon interessant, wie schnell die angeblich wahnsinnig „Progressiven“ dabei sind, eine Frau mundtot zu machen, nur weil sie die „falsche“Meinung vertritt.

Ja, das habe ich auch viele Male auf Twitter gesagt: Ich finde es komisch, die Gamergater, die Leute die #GamerGate unterstützen, sind immer so nett. Mit denen kann man diskutieren, die sagen einem nicht: „So ist es und nicht anders“, man kann auch eine andere Meinung haben, das ist auch OK. Mit den Anti-GamerGate-Leuten geht das einfach nicht. Man muss als Frau einfach ein komplettes Opfer sein, das geht nicht anders, wie gesagt, eigentlich ist es wie eine Religion. Ich hatte letzte Woche auch Kontakt mit Ernest W. Adams, dem Gründer der IGDA [International Game Developers Association], der hat mich auf Twitter geblockt und gesagt, ich wäre eine „Sockenpuppe“. Damit wollte er sagen, das hinter meinem Twitter-Account keine echte Person steht, das meine Aussagen eigentlich nicht „echt“ sind, das sie nicht meine Meinung wiedergeben. Das ist schon komisch. Das ist wirklich meine Meinung und ich bin wirklich eine Frau – glaube ich, steht auch so in meinem Reisepass. Solche Menschen wollein einfach nicht glauben, das ich als Frau kein Opfer sein muss. Wenn ich dann sage: „Ich bin kein Opfer und ich will auch kein Opfer sein“, dann sind sie sehr genervt und blocken mich auf Twitter.

Quelle: Twitter

Quelle: Twitter

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Gesetz des Flugplatzes

Airports Law

In der Frühzeit des Hashtags #GamerGate prägte eine Twitternutzerin namens Airport das nach ihr benannte Gesetz. In jugendfreier Form wiedergegeben besagt es, dass jeden Tag ein Mann mit Hipsterbart irgendwo auf der Welt über #GamerGate lästert, in der Hoffnung, sich die körperliche Gunst einer bunthaarigen Feministin zu sichern. Für den 28. August 2015 hat diese Aufgabe der luxemburgische Blogger Sven Wohl übernommen. In seinem Blogeintrag „Sturm im Twitterglas“ schreibt er folgendes:

„Neben den rechtsextremen Inhalten, denen man aktuell in den sozialen Netzwerken begegnet, hat sich im vergangenen Jahr auch noch eine andere Dimension rechten Gedankenguts der sozialen Medien bemächtigt. Im Kluturbereich [sic] machen sich diese Aktionen durch ihre Lauthälsigkeit bemerkbar.“

Die Zahlen, die das untermauern würde ich zu gerne sehen. Bevor jemand mich oder eine Revolte, deren Teil ich bin, in die Nähe von Rechtsextremismus rücken darf, sollte er ein paar Fakten präsentiert haben, die seine Einschätzung bestätigen.  Um es vorweg zu nehmen, Wohl präsentiert keine einzige Quelle für die Behauptungen in seinem Text. Allerdings verlinkt er einen Artikel auf der extrem linken Seite salon.com, die vom ersten Tag an Unwahrheiten über #GamerGate verbreitet hat. Selbst wenn man die Meinung einer solchen Quelle teilt, sollte man sich bewusst sein, das man eine Mischung aus Journalismus und Propaganda vor sich hat und den Inhalt entsprechend kritisch bewerten. Medienkompetenz!

Feministophobie

„Selbst wurde ich bereits mehrmals von GamerGatern, die sich von jeder im geringsten Maße feministischen Idee bedroht fühlen, auf Twitter angegriffen.“

Waren das mit der Angst vor der kleinsten feministischen Idee die gleichen #GamerGater, die geholfen haben 70.000 Dollar für ein von Frauen produziertes Spiel aufzubringen? Was ist mit den Frauen, die sich an #GamerGate beteiligen? Fühlen die sich auch vom Feminismus bedroht?  Das der Autor auf Twitter angegriffen wurde, tut mir leid. Es kommt allerdings immer darauf an, wie man in den Wald hineinruft, wenn man ein Gespräch mit einer Prämisse wie zum Beispiel „Ihr seid eine Hassgruppe!“ beginnt, wird es nicht schwer fallen, in den Antworten eine scheinbare Bestätigung für die eigene Hypothese zu finden.  In Wirklichkeit hat man es meist mit Menschen zu tun, die seit einem Jahr immer die gleichen Vorurteile vorfinden, welche nicht die Wirklichkeit der Unterstützer des Hashtags wiederspiegeln. Ich heiße es nicht gut, kann aber verstehen, wenn Menschen da gereizt reagieren.

Wenn der Autor des Blogposts Interesse an einer echten und fairen Diskussion hat, wir können gerne ein Gespräch führen und beiderseits einen Artikel daraus machen. Mein Ziel ist der Dialog.

Zirkelschluss

„Dabei verhalten sie sich so, dass man sie gerne mit einem Hassmob verwechselt: Sie greifen jeden an, der eine konträre Meinung hat. Dass man sie mit einem Hassmob verwechselt könnte natürlich auch einfach daran liegen, dass sie ein Hassmob sind.“

Der Autor bleibt bei der Form der Angriffe leider sehr vage. In letzter Zeit hat sich ja leider unter den Vertretern progressiver Ideen der Gedanke durchgesetzt, schon höfliches aber bestimmtes Kritisieren sei „Harassment“. Ich habe in der letzten Woche ein vierstündiges Gespräch mit einer klar gegen #GamerGate eingestellten Person auf Twitter geführt und nicht ein einziges mal auf Beschimpfungen oder Drohungen zurückgegriffen. Wir konnten uns nicht einigen, aber wir haben ein zivilisiertes Gespräch geführt. Allein dieser anekdotische Beweis reicht, um die aufgestellte Behauptung, #GamerGate greife jeden an, der eine konträre Meinung vertrete, zu entkräften.

Make Love, not War!

„Unterm Strich denke ich, dass man solche Bewegungen zwar ernst nehmen und bekämpfen sollte. Aber man sollte solche Twitterbewegungen nicht überbewerten: Was in einem Netzwerk massiv aussieht, kann in Wirklichkeit nur eine kleine Gruppe sein.“

Zum Jahrestag hat das #GamerGate subreddit „KotakuinAction“ die 50.000-User-Marke überschritten, die Zahl der gerade aktiven User liegt meist zwischen ein- und zweitausend. Global mögen das nicht viel sein, aber die Ideen breiten sich jeden Tag weiter aus. Jeden Tag sind mehr und mehr Menschen auf der ganzen Welt über Schwarze Listen, Internet-Shaming und Nonsens wie „Manspreading“ empört. Leider bleibt der Autor wie bei fast allen Punkten auch bei der Art, in der die Unterstützer von #GamerGate bekämpft werden sollen vage. Wie das in der realen Welt aussieht haben wir ja bei SPJAirplay gesehen oder bei #GGinDC (soviel auch zu der Behauptung, #GamerGate habe keine Auswirkung außerhalb des Netzes), die beide durch Bombendrohungen beendet wurden. Zuvor hatten Gegner des Hashtags in beiden Fällen versucht, die Besitzer der Veranstaltungsorte unter Druck zu setzen, damit sie die Konferenz bzw. das Treffen absagen.

In der Zusammenfassung ist „Sturm im Twitterglas“ ein viel zu kurzer und oberflächlicher Artikel für ein so komplexes Thema, die einseitige Betrachtung ohne Quellen oder Beispiele lässt mich vermuten, das ich es mit Propaganda zu tun habe. Und unfundierte Propaganda hilft in einer so aufgeheizten Diskussion leider gar nichts, sie gießt nur Öl ins Feuer. Ich schreibe hier auch aus der Sicht eines Unterstützers, bemühe mich aber, meine Texte mit Quellen und Erklärungen zu versehen damit sich der geneigte Leser ein eigenes Bild machen kann. Nur so kann ein fruchtbarer Dialog zwischen beiden Seiten stattfinden, alles andere ist das Internet-Äquivalent zu Menschen, die sich gegenseitig anschreien ohne sich zuzuhören. Und so sind wir schließlich überhaupt erst in diese missliche Lage geraten.

Journalisten, Entwickler, PR – alle hängen miteinander ab und das ist OK so!

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it und wird hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht. Den ersten Teil des Artikels „Freunde mit gewissen Privilegien“ lesen sie hier.

Die Überschrift ist einem Tweet von einem deutschen Blogger entnommen, welcher mich dieser Tage erreichte.

Leigh Alexander ist überall

Keine  andere Spielejournalistin steht so sehr für Vetternwirtschaft wie die umstrittene ehemalige freie Redakteurin bei Gamasutra, Leigh Alexander. Sie teilt sich Interessenkonflikte mit ihrer Freundin Hernandez und anderen Journalisten, darunter Love, Anthropy, Arnott, Naomi Clark (die ihrerseits anscheinend mit Evan Narcisse von Kotaku befreundet ist) und der hier zum fünften Mal auftauchenden Quinn.

Alexander ist wohl eine der polarisierendsten Persönlichkeiten des Spielejournalismus, seit dem Beginn ihrer Karriere ergänzt sie ihren Twitter-Feed mit kontroversen Inhalten, darunter unverhüllte Drohungen und sogar Doxing.

Sie ist für ihre kritische Haltung gegenüber ihrer Leserschaft bekannt, so führte sie einmal aus, ihre Leser seien „größtenteils ein Haufen verfickter Idioten“ (mit „seltenen“ Ausnahmen). Besondere Bekanntheit erlangte sie als Speerspitze der berüchtigten „Gamers are Dead“ Artikel, in ihrem vielzitierten aufwieglerischen Text nannte sie die Gamer „stumpfsinnige Kackschleudern“, „jammernde Hyper-Konsumenten“ ,“kindische Internet-Streithähne“ und warf ihnen vor, sie wüssten nicht „wie man sich kleide und benehme“. Auf diese Weise versuchte sie, die Industrie zu ermutigen, Gamer als Kunden abzulehnen.

Leigh Alexander und Vetternwirtschaft

 Agency for Games

Nach ihrem Abgang bei Gamasutra begann Alexander ihren eigenen Blog Offworld, ein Teil des BoingBoing Netzwerks, und schrieb in unregelmäßigen Abständen für Vice, aber sie führte auch die Geschäfte ihrer Consulting-Firma „Agency for Games“ weiter. Das bedeutet, sie stand im Sold von Spielefirmen, während sie gleichzeitig über Spiele berichtete.

Auch wenn Alexander die Kunden von Agency auf ihrem Blog und in den sozialen Medien promoted hat, wurde bisher kein Fall entdeckt, in dem sie einen Artikel über Kunden geschrieben hätte – im Gegensatz zu einigen Journalisten mit direkten Verbindungen zu ihr. Das Spiel Sunset vom Agency Kunden Tale of Tales, in dessen Credits Alexander erwähnt wird, wurde zweimal positiv von Alexanders Freundin Patricia Hernandez besprochen, sowie von Simon Parkin, einem Autor für Eurogamer und einem sehr guten Freund von Alexander und dem Miteigentümer von Agency, Ste Currant. Auch Javy Gwaltney, den Leigh Alexander auf Patreon unterstützte, hat positiv über Sunset geschrieben.

Philippa Warr von Rock, Paper, Shotgun hat drei Artikel über Sunset geschrieben, ohne auf ihre Freundschaft zu Alexander hinzuweisen. Außerdem hat Warr drei Artikel über ihren Freund, den Indie-Entwickler Terry Cavanagh geschrieben, ohne die Freundschaft offenzulegen – der gleiche Cavanagh dessen Spiel von Jenn Frank besprochen wurde, die dabei „vergaß“ im Artikel anzugeben, dass sie als Sprecherin am Spiel beteiligt war.

Trotz Alexanders Mitarbeit und die positive Aufnahme durch Kritiker war Sunset ein komerzieller Flop. Gerade mal 4000 Kopien wurden verkauft, woraufhin Entwickler Tale of Tales ihren Laden dichtmachten und angaben, ihre PR-Firma habe sie viel Geld gekostet aber an den Verkäufen rein gar nichts geändert.

Gone Home

Als das auf Story fokussierte First-Person-Adventure Gone Home 2013 auf den Markt kam, löste es viele Kontroversen aus. Die Durchschnittswertungen offenbarten einen großen Unterschied zwischen dem Lob der Journalisten und der harschen Kritik der Spieler.

Das erste Review kam von Polygon-Mitarbeiterin Danielle Riendau, welche, wie Grayson und Hernandez, positiv über GaymerX berichtet hatte, während sie mit Mitarbeitern der Convention befreundet war. Ihre begeisterte 10/10 Wertung für Gone Home erwähnte keine der am Häufigsten genannten Schwächen des Spiels – seine kurze Spieldauer und den Mangel an Interaktivität. Außerdem vergaß sie zu erwähnen, dass sie selbst ein Teil des Idle Thumbs Podcast Teams war. Den Rest bildeten die zwei Entwickler aus dem kleinen Entwicklungsteam für Gone Home mit denen sie befreundet war, einen davon nannte Riendau in einem eine Woche vor dem Review veröffentlichten Podcast einen „guten Freund“. Dieser „gute Freund“, der Komponist des Spiels, Chris Remo, ist der einzige, der sich zu den Vorwürfen geäußert hat. Er gab zu, mit Riendau befreundet zu sein, bezweifelte aber, dass dies ihre Wertung für das Spiel beeinflusst habe. Riendau ist auch für ein extrem positives Video über Sunset verantwortlich, in welchem ihre Freundschaft zu Alexander nicht erwähnt wird, obwohl sie dies in zwei Artikeln, die sich direkt mit Alexander beschäftigten, für nötig hielt.

Gone Home bekam für seine überaus enthusiastische Aufnahme durch die Presse, die im Verdacht stand von vorgefassten Urteilen geprägt zu sein, starken Gegenwind. Einige der Journalisten, die das Spiel anpriesen, wurden durch aufgedeckte Interessenkonflikte belastet – wie Kirk Hamilton von Kotaku, der mit einer Sprecherin des Spiels befreundet war, Leigh Alexander, die mit großen Teilen des Entwicklungsteams freundschaftliche Beziehungen pflegte, oder die freie Autorin Cara Ellison.

Redshirt

Der Facebook-im-Weltall-Simulator Redshirt erhielt ebenfalls ziemlich polarisierende Reviews. Der Metacritic-Durchschnitt liegt bei 62, obwohl das Spiel auf gewissen Websites sehr positiv besprochen wurde.

In zwei Artikeln auf PC Gamer und Rock, Paper, Shotgun äußerte sich Cara Ellison  voll des Lobes über Redshirt, während sie sowohl mit der Entwicklerin des Spiels, Mitu Khandaker-Kokoris befreundet war, als auch von dieser über Patreon finanziell unterstützt wurde. Genauso verhält es sich mit Kirk Hamilton, einem Freund von Khandaker-Kokoris, der für Kotaku schreibt.

Alec Meer von Rock, Paper, Shotgun schrieb ebenfalls über das Spiel Redshirt, ohne zu erwähnen, das er und Khandaker-Kokoris zumindest so gut befreundet waren, dass sie zu verschiedenen Gelegenheiten Zeit miteinander verbracht hatten, zum Beispiel bei einem gemeinsamen Konzertbesuch oder einer Grillparty, zu der Meer Khandaker-Kokoris eingeladen hatte.

Riendau und Hernandez schrieben auch extrem positiv über das Spiel, eine direkte Verbindung konnte hier nicht nachgewiesen werden, allerdings besteht ein starker indirekter Bezug über Leigh Alexander, die sich über das Spiel begeistert äußerte und seit mindestens 2009 mit Khandaker-Kokoris befreundet war.

Ellison hat zu diesem Vorwurf genauso wenig Stellung bezogen wie zu den Interessenkonflikten im Zusammenhang mit Anna Anthropy, Christine Love (wie Hernandez), Nina Freeman (wie Grayson) oder dem Text-Adventure-Entwickler Porpentine (ebenfalls wie Grayson). Kokoris jedoch hat sich zu den Vorwürfen geäußert, allerdings kommentierte sie nur die Verbindung zu Ellison, die von ihr nur kleine Beträge für den von ihr bereitgestellten Content erhalten habe, vergisst aber, die persönliche Verbindung zu erklären, ebenso wie die Verbindungen zu Hamilton, Meer oder Kris Ligman. Ligman hatte positiv über Khandaker-Kokoris berichtet, nur vier Tage nachdem diese begonnen hatte, die Autorin auf Patreon finanziell zu unterstützen, außerdem war sie Jurorin bei den Indiecade Awards, bei denen Redshirt unter den Finalisten war. Und dies ist bei Weitem nicht der einzige finanzielle Interessenkonflikt, in den Ligmans Website Critical Distance verwickelt ist.

 Schmiermittel

Die 2013 gestartete Crowdfunding-Website Patreon ermöglicht es Benutzern feste Beträge an Kreative zu spenden – entweder monatlich oder pro „Werk“. Neben YouTubern und Künstlern nutzen auch Spieleentwickler und Journalisten die Plattform, um an Kapital für ihre Unternehmungen zu kommen, was häufig dazu geführt hat, dass Journlisten und die Subjekte ihrer Berichterstattung untereinander Geld austauschen.

Critical Distance ist ein Nachrichtenaggregator, der unter der Leitung von Kris Ligman ausgewählte Artikel und Videos aus dem Web in aufbereiteter Form zusammenfasst. Diese Zusammenfassungen erscheinen auf anderen Webseiten, vor allem auf Gamasutra. Auch wenn die – ohne Werbung auskommende, rein über Patreon finanzierte – Website angab, dass die Unterstützung durch eine Person dieser keine bevorzugte Behandlung bedinge, verlinkte sie doch in vielen Fällen zu Artikeln, die Personen behandeln, welche Critical Distance unterstützt haben.

Christine Love kann in diesem Fall (wieder) als Beispiel dienen. Mindestens vier Mal wurde sie genannt, ohne ihre persönliche Verbindung, die 100 Dollar, die sie für Ligmans GoFundMe Kampagne gespendet hatte oder ihren Patreon-Support für Critical Distance zu erwähnen. Auch der niederländische Entwickler Vlambeer wird vier Mal erwähnt, während sie Critical Distance finanziell auf Patreon unterstützten, sie wurden auch mehrere Male in der Publikation Killscreen erwähnt, denen Vlambeer Miteigentümer Rami Ismail bei der Finanzierung einer Party geholfen hatte.

Vlambeer unterstützt auch ein Urgestein der Indie-Berichterstattung, Tim Wee, der am weblog Indie Games mitarbeitet. Dort erschienen während der Förderung auf Patreon zwei Artikel über die Niederländer. Diese zwei Artikel sind allerdings Wiederverwertungen von Matreial für die Schwesterseite Gamasutra, so das unklar ist, ob Wee daran beteiligt war. Die auf IndieGames erschienenen Artikel über Darkest Dungeons (unter anderen von seinem Unterstützer Tyler Sigman) und über Alexander Bruce (ein weiterer Backer, für dessen bekanntestes Werk, Antichamber, Robin Arnott – mal wieder – die Musik gemacht hat) tragen allerdings seinen Namen.

Bei Indie Games Arbeitet Wee mit Konstantionos Dimopoulos zusammen, der auch dabei erwischt wurde, wie er über einen seiner ehemaligen Förderer schrieb. Bei The Warp Door ist Chris Priestman sein Kollege, der drei mal erwischt wurde: Neben Only Slightly tritt auch Terry Cavanagh wieder als Förderer in Erscheinung, über den geschrieben wurde, so wie Agustin Cordes, den sich Priestman in Hinsicht auf Interessenkonflikte mit Richard Cobett teilt, dessen Berichterstattung über den Adventure-Entwickler Wadjet Eye ebenfalls im Verdacht steht, belastet zu sein.

Mangel an kritischer Distanz

Noch verwirrender als die finanziellen Interessenkonflikte zwischen Entwicklern und Journalisten sind jene der Journalisten untereinander, wobei Critical Distance, Kris Ligmans nur über Patreon finanzierte Website mit Fokus auf Journalismus, die sie für interessant hält, als eines der Drehkreuze ins Auge fällt. Bis zu diesem Punkt haben wir gelernt, das Critical Distance, zusätzlich zu den Interessenkonflikten mit Entwicklern, Autoren, welche die Website finanziell unterstützten, immer wieder und mit hoher Frequenz erwähnt hat. Unter den erwähnenswerten Namen findet sich einmal mehr Jenn Frank (über Frank schrieb auch CD-Autorin Lana Polansky, während sie diese gleichzeitig unterstützte) und Dan Golding, der, zusammen mit Leigh Alexander, den „Gamers are Dead“-Medienblitz anschob, an dem sich Ligman ebenso beteiligte,  wie Brendan Keogh.

Keogh bedankte sich mit einer Erwähnung von Critical Distance, so wie er viele andere Journalisten durch „Plugging“ förderte, die in einer finanziellen oder persönlichen Beziehung zu ihm standen. Darunter finden sich – wieder – einige Namen, die in diesem Artikel bereits vorgekommen sind, wie seine Kollegen bei Press Select, Dan Golding und Jenn Frank oder auch Cara Ellison, die auch bei anderen ihrer Patreon-Unterstützer lobend Erwähnung fand: Chris Sullentrop, Tyler Colp, möglicherweise Patrick Klepek von Kotaku und dem Auslandskorrespondenten von Critical Distance, Joe Köller.

Köller teilt sich zwei weitere Interessenkonflikte mit Keogh, einmal die umstrittene  Mattie Brice, die mit Keogh befreundet war und welche beide auf Patreon unterstützten, sowie den Critical Distance Autor Cameron Kunzelmann. Köller unterstützte ihn nur, während Keogh auch Geld von ihm erhielt. Kunzelmann dagegen wurde dabei ertappt wie er über Personen berichtete, während er selbst finanzielle Unterstützung von ihnen erhielt. Und auch hier taucht wieder ein vertrauter Name auf – Javy Gwaltney.


Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it, einer Seite, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die ethischen Verfehlungen im Spielejournalismus zu katalogisieren.

gamergateblog.de dankt @bonegolem und dem Team von deepfreeze.it für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung dieser Übersetzung.

Grafik: deepfreeze.it

Freunde mit gewissen Privilegien

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it und wird hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.

Oft kann eine Erwähnung in einer Spielepublikation den Unterschied zwischen Erfolg und Unsichtbarkeit ausmachen. Das gilt besonders für Indie-Entwickler.

Viele Journalisten scheinen allerdings eine Empfehlung nicht von Verdiensten abhängig zum machen, sondern von Beziehungen. Seit dem August 2014 wurden immer mehr potentielle Interessenkonflikte aufgedeckt. Weil dabei immer wieder die gleichen Namen fielen, entstand der Eindruck eines systematischen Netzwerks von Vetternwirtschaft und Korruption in dem es für die Leute in den Cliquen der „richtigen“ Journalisten bevorzugten Zugang zur Spieleindustrie gab.

Freunde bei Kotaku

Mehreren der Autoren für Kotaku, Gawker Medias Spielewebsite, wurde vorgeworfen in unverhältnismäßigem Ausmass und voreingenommen über ihre Freunde berichtet zu haben.

Die umstrittene Kotaku-Autorin Patricia Hernandez hat mit ihrer guten Freundin Anna Anthropy zusammengewohnt und in sechs Artikeln positiv über sie berichtet. Vier der Artikel wurden nach dieser Periode des Zusammenlebens veröffentlicht und ursprünglich enthielt keiner der Artikel irgendeine Form der Offenlegung .

Außerdem hat Hernadez die Visual-Novel-Entwicklerin Christine Love gedated und zwei Artikel über ihr Spiel „Hate Plus“ geschrieben. Beide Artikel enthalten eine unverhältnismäßig große Anzahl von Links und Aufrufe, Loves Werke zu kaufen. Wieder erfolgte keine Offenlegung der Verhältnisse.

Hernandez hat auch zwei Kickstarter für die Veranstaltung „GaymerX“  beworben,  während sie offensichtlich mit dem Organisator, Toni Rocca, und einigen anderen GaymerX-Mitarbeitern befreundet war. Außerdem hat sie, ohne Offenlegung ihrer freundschaftlichen Beziehung, positiv über ihre Freunde David Gallant und Zoe Quinn geschrieben.

Der wohl bekannteste Interessenkonflikt bei Kotaku dreht sich um Gastautorin ZoeQuinn und Nathan Grayson. Grayson und Quinn sind schon lange befreundet und Grayson hat sie finanziell unterstützt, am Playtesting ihres Spiels Depression Quest mitgewirkt und wird in dessen Credits genannt – während er sowohl bei Kotaku als auch bei seinem vorherigen Arbeitgeber, Rock, Paper, Shotgun positiv über sie berichtete, ohne die Beziehungen offenzulegen. Im August 2014 geriet dieser Interessenkonflikt ins Visier der Öfffentlichkeit, als bekannt wurde, dass Quinn ihren damaligen Freund mit Grayson betrogen hatte.  Die folgende Zensur und die aggressiven Reaktionen auf den Skandal werden heute weitgehend als Zündfunke für eine noch immer andauernde Konsumentenrevolte gegen die Spielepresse gesehen.

Auch wenn dies der bekannteste Korruptionsfall um Nathan Grayson ist, ist es nicht der einzige. Er hat, unter anderem, ebenfalls ohne Offenlegung, über ehemalige Kollegen wie Robert Young und Porpentine geschrieben, sowie über Freunde wie die Minispiel-Entwicklerin Nina Freeman, Entwickler Deirdra Kay und Mitarbeiter des Mobile-Entwicklers White Whale Games. Mit einem Bericht über GaymerX – ohne seine Freundschaft mit OrganisatorToni Rocca offenzulegen – teilt er sich einen weiteren Interessenkonflikt mit Hernandez.

Graysons wohl gröbster Verstoß ist vielleicht seine Berichterstattung über seinen Freund, den Sound-Designer Robin Arnott, Entwickler des Oculus-Rift-Spiels Soundself. Arnott  erhielt durch Grayson unverhältnismäßig viel Öffentlichkeit, er tauchte in nicht weniger als sechs Artikeln in drei Monaten auf , so dass ein Großteil der Berichterstattung über Soundself von Kotaku kam.

Arnott weist auch eine Verbindung zu Quinn auf, mit der er ungefähr zu gleichen Zeit wie Grayson ein Verhältnis hatte. Er war der Vorsitzende des „Night Games“-Wettbewerbs beim Indiecade Festival an dem Quinns Spiel Depression Quest 2013 teilnahm.

Kotaku-Chefredaktuer Stephen Totilo hat zu einigen der hier vorgestellten Fälle Stellung bezogen.

Zuerst bezog er sich auf den Grayson-Quinn-Interessenkonflikt und stellte fest, es handele sich nicht um einen Bruch der journalistischen Ethik. Es sei keine Bewertung des Spiels vorgenommen worden und laut Grayson sei der betreffende Artikel vor seiner Affaire mit Quinn erschienen. Die Beweise dafür, dass Quinn und Grayson schon lange vor dem Artikel befreundet waren und unter anderem einen gemeinsamen Ausflug nach Las Vegas gemacht haben, erklärte er für nebensächlich.

Als immer mehr Interessenkonflikte aufgedeckt wurden und die GamerGate-Proteste eskalierten, nahm Totilo noch einmal Stellung. Er gab an, die große Menge von Aufmerksamkeit, die Love und Anthropy von Hernandez erfahren hätten, sei gerechtfertigt gewesen und Graysons Häufung von Hinweisen auf Arnott seien Zufälle. Er sei immer noch der Meinung, Graysons Beziehung zu Quinn stelle keinen Interessenkonflikt dar, räumte aber ein, das die fehlende Offenlegung in Hernandez Artikeln ein „Kuddelmuddel“ gewesen sei, verursacht durch Unerfahrenheit und Mangel an Kommunikation. Hernandez Artikel – auch solche, die nicht für Fehlverhalten kritisiert worden waren – wurden um eine Notiz mit einer zumindest teilweisen Offenlegung ergänzt, nur die GaymerX Artikel erhielten erst einen solchen Zusatz, nachdem der Interessenkonflikt aufgedeckt worden war.

Totilo erklärte, die Frage nach einer Entschuldigung sei „exzessiv“ und diene nur dazu, den Autor öffentlich vorzuführen. Er hat sich bisher nicht zu weiteren Vorwürfen der Vetternwirtschaft geäußert, die in der Folgezeit aufgetaucht sind.

Freunde überall

Nicht nur bei Kotaku gibt es den Verdacht auf Vetternwirtschaft. Presse-Heldin Zoe Quinn war, wie Grayson, neben ihrem bekanntesten Fall in eine Menge andere Interessenkonflikte verwickelt

Einer davon betrifft Jenn Frank: Sie schrieb gleich nach dem Skandal einen Artikel, der Quinn als das Opfer darstellte, ohne offenzulegen, dass sie sowohl Quinn als auch deren Agentin Maya Kramer über Patreon finanziell unterstützte. Nach der heftigen Reaktion sagte sie, sie würde, wie Quinn, angegriffen, dabei habe ihr finanzieller Beitrag doch nur fünfzehn Dollar betragen – bequemerweise vergessend, das sie auch Quinns Hotelrechnung für das GDC-Festival übernommen hatterund 1000 Dollar.

Johnathan Holmes von Destructoid hatte keine finanziellen, sondern eher persönliche Verbindungen zu Quinn, während er drei Mal über sie schrieb. Nach der Kickstarter-Kampagne für seine Web-Serie „Sup, Holmes?“ schrieb er positive Berichte über sechs Personen, die ihn finanziell unterstützt hatten. Er gab an, er habe nicht gewusst, dass diese Personen Backer waren, obwohl er in der Öffentlichkeit Gespräche mit den Unterstützern zum Thema Kickstarter-Belohnungen geführt hatte, in  einem Fall nur zwei Wochen vor dem Artikel.

Ben Kuchera von Polygon schrieb ebenfalls wohlwollend über Quinn, nachdem diese öffentlich über angebliche Hetze gegen sich gesprochen hatte, während er sie gleichzeitig finanziell unterstützte. Kurz nach dem diese Tatsache ans Licht kam, änderte Polygon seine ethischen Richtlinien und eine Notiz wurde dem Artikel hinzugefügt – anders als bei Kucheras Artikel über Sportfriends, das er ebenfalls mit Geld unterstützte.

Sportfriends stammt von Die Gute Fabrik, die ebenfalls der Gegenstand in einem Interessenkonflikt von Brendan Boyer waren, dem Direktor des Indie Game Festivals. Nachdem Boyer in einem Interview mit dem auf einer schwarzen Liste gelandeten Journalisten Allistair Pinsof beschuldigt wurde, Interessenkonflikte zu verbergen, fanden anonyme Wühler im Internet fünf weitere Interessenkonflikte in einer einzigen Top20-Liste von Boyer. Darunter waren Douglas Wilson von Die Gute Fabrik, den er sich mit Ben Kuchera teilt und Nina Freeman, die auch auf Graysons Liste steht. Grayson hat außerdem über ein von Boyer organisiertes Event geschrieben ohne ihre finanziellen Verbindungen offenzulegen.


Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it, einer Seite, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die ethischen Verfehlungen im Spielejournalismus zu katalogisieren. Oder wie es Dennis Kogel von Radio Fritz in den Kommentaren zu seiner letzten Sendung ausdrückt:

„Deepfreeze ist bekannt und kann nicht ernst genommen werden. Die „Korruption“, die dort angeblich festgehalten wird, ist keine“

Das entscheidest glücklicherweise nicht du, Dennis.

gamergateblog.de dankt @bonegolem und dem Team von deepfreeze.it für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung dieser Übersetzung.

Den zweiten und letzten Teil dieses Artikels finden Sie hier.

 

Grafik: deepfreeze.it

 

 

 

 

 

 

 

 

In Devin Wilsons Kopf – Teil 3

Überprüfe er sein Privilegium, Herr Fäkalienrat!

In dieser Artikelreihe beschäftige ich mich mit dem Artikel ‚A Guide to ending Gamers‘ (‚Eine Anleitung wie man das Ende der Gamer herbeiführt‘) von Devin Wilson. Wilsons Artikel, am 28. August 2014 auf Gamasutra erschienen, war Teil des Medienblitzkriegs mit dem Tenor ‚Gamer sollten nicht mehr die primäre Kundschaft der Spieleindustrie sein‘. 16 Artikel innerhalb von wenigen Tagen sollten das Ende der ‚hyperkapitalistischen‘ Gamerkultur besiegeln und Wilson (er arbeitet an seinem Doktor in Medienwissenschaften) wollte offensichtlich das Manifest für diesen Putsch schreiben.

Er arbeitet sich in achtzehn Punkten durch die ideologische Basis dieser feindlichen Übernahme und ich werde mich Punkt für Punkt (wenn auch nicht in Wilsons Reihenfolge) mit den Vorschlägen beschäftigen, die er seinen Kollegen in der Spieleindustrie macht. Weiter geht es heute mit Punkt 2: Privileg. Hier Wilsons Text:

2. Wir hören auf jene, die weniger privilegiert sind als wir und wir sind ihren Sichtweisen und Aussagen gegenüber nicht voreingenommen. Wenn wir die Macht dazu haben, unterstützen wir sie, wenn wir die Macht dazu haben beziehen wir sie ein. Wir sind nicht gleichgültig, wenn Institutionen diese Dinge nicht tun. Jeder von uns trägt stolz die Bezeichnung „Social Justice Warrior“ (wenn auch nur um die Verwendung als Schimpfwort zu unterlaufen). Wir tun, was immer wir können, um uns über die Ungleicheiten in der Welt zu informieren und wir finden heraus, wie wir die Dinge zum Besseren wenden können.“

Klingt ja erstmal ganz vernünftig. Gut, der eine Satz in der Mitte über die stolzen SJWs ist zum Fremdschämen pathetisch. Mein größeres Problem mit dem Absatz ist aber: Was hat das mit Videospielen zu tun?

Zuerst einmal bleibt „jene, die weniger privilegiert sind als wir“ sehr schwammig. Wer genau ist gemeint? Alle, die in irgendeiner Art weniger privilegiert sind als ich? Wie so oft bei Quellen zu #GamerGate steht uns hier auch die Tatsache im Weg, das Wilson aus amerikanischer Sicht über Privileg schreibt, genauer aus der Sicht eines Amerikaners der sich selbst als „Krieger für soziale Gerechtigkeit“ sieht. Für jeden, der nicht dieser Denkweise anhängt, wäre ein schwarzer Facharbeiter privilegierter als ein weißer Arbeitsloser. Nicht so in „Social Justice“-Kreisen. Um nicht ständig in Diskussionen auf diesen Umstand hingewiesen zu werden, fanden die SJW-Fundamentalisten auch hier eine neue, „bessere“ Bedeutung für das Wort.

„Die grundlegende Fehleinschätzung zum Thema Privileg ist, das dieses sich gleichmäßig und genau auf eine individuelle Ebene herunterbrechen lasse oder nur auf dieser zum Tragen komme, und das die Zugehörigkeit eines Individuums aus einer als privilegiert geltenden Klasse (z.B. weiße Männer) zu einer als unterprivilegiert geltenden Klasse (z.B. Niedriglohnarbeiter) oder die Umkehrung dieses Beispiels beweise, das dieses Konzept falsch sei. Das ist nicht der Fall. „Privileg“ im Sinne der Social Justice bezieht sich nur auf Klassen von Menschen und ist, soweit man es berechnen kann, nur ein statistischer Mittelwert. Im Normalfall sind die Angehörigen einer ethnischen Mehrheit privilegiert.“

Quelle: Rationalwiki

Wenn ich diesen Absatz und Wilson richtig verstehe, geht es also darum, Spieleentwickler nach Gesichtspunkten wie Hautfarbe oder Geschlecht auszusuchen, eine Art Quoteneregelung wäre denkbar. Bin ich der einzige, dem beim Gedanken an eine Quotenregelung für Kunst fröstelt? Kunst per Komittee und Verordnung hatten wir in den letzten Inkarnationen deutscher Besserwisserei zur Genüge. Kultur und Wissenschaft sind auf Bestleistungen angewiesen, nicht auf quotierte Beiträge.

Wer in Deutschland als Künstler seine Brötchen verdienen will muss heute ein Talent, ein Netzwerk und ein Quäntchen Glück haben, ich wage mal zu behaupten, dass die Ethnie eine eher untergeordnete Rolle spielt. Und da trennt eindeutig die materielle Stellung die Spreu im Weizen: Jeder kann ein „freier Künstler“ sein, solange er jemanden hat, der zahlt. Das kann sein Publikum sein oder (oft) seine Eltern. Im ersten Fall hat er sich seinen Lebensunterhalt verdient, im zweiten ist er privilegiert. Unabhängig von seinem Geburtsort oder seiner Sexualität.

Und im Bereich Videospiele? Im Zeitalter des Crowdfunding mutet es schon ein wenig anachronistisch an, eine Kunstform in Wilsons Art und Weise reglementieren zu wollen. Geht von jedem Kickstarter-Dollar die Hälfte an Minderheitenprojekte? Muss ich auf Steam einen bestimmten Betrag im Jahr für Spiele von unterprivilegierten Entwicklern ausgeben? Zwangs-Sunset für alle? Sonst könnte es sein, das wir hier ein weiteres endloses Draufzahl- und Förderprojekt anschieben – Leute machen Spiele die keiner kauft auf Staatskosten. Ist das ein erstrebenswertes Ziel?

Minderheitensuchbild / Foto: gamergateblog.de

Minderheitensuchbild / Foto: gamergateblog.de

Was ist mit Angehörigen unterprivilegierter Schichten wie Rami Ismail, einem niederländischen Entwickler, der (laut der oben stehenden Definition) in seinem Heimatland unterprivilegiert ist, aber mit seinen Spielen ein kleines Vermögen gemacht hat? Oder den Yerli-Brüdern, deren Firma Crytek trotz ihrer ethnischen Herkunft einen Spitzenplatz in der deutschen Branche einnimmt? Bleiben die dann weiter förderungsbedürftig? Und sind sie auch unterprivilegiert, wenn sie in der Heimat Urlaub machen oder ruht das Privileg in dieser Zeit? Was ist mit Japan? Höchste Zeit das Nintendo für ausreichend Quoten-Inuit sorgt? Global denken, Devin!

Wilson offenbart ein Grundproblem der heutigen „Linken“. Anstatt die Wurzel allen Übels, die Klassenkonflikte, zu thematisieren, beteiligen sich die Protagonisten momentan daran, die 99% Normalbürger aufeinander zu hetzen. Dabei werden Klassenunterschiede innerhalb „privilegierter“ Gruppen komplett ausgeblendet und Feindbilder aufgebaut, die jedes Handeln zu rechtfertigen scheinen. In ihrem Wahn machen sie die Arbeit des einen Prozent, das ihnen dafür hier und da ein Krümelchen wie die Frauenquote hinwirft. Sie glauben allen Ernstes, aus eigener Kraft eine positive Veränderung herbeizuführen, indem sie Menschen „auf der falschen Seite der Geschichte“ verletzen, egal wie unterprivilegiert diese sein mögen. Aus genau diesem Grund entstand der Hashtag #NotYourShield, dessen Unterstützer in vielen Fällen ihren Minderheitenstatus per Foto beweisen mussten, bevor selbsternannte Progressive auch nur auf ihre Tweets geantwortet haben. Denn Wilson verschweigt eine weitere Vorraussetzung, um von den „Tempelrittern der sozialen Gerechtigkeit“ gefördert zu werden: Hündische Ergebenheit. Wer Fragen stellt, fliegt raus, Privileg hin oder her.

Wie im Paris der Revolutionstribunale zählen Demagogen wie Wilson ihre Erfolge in Köpfen, nicht in Menschen denen es besser geht.

 

Das abschließende Urteil spricht heute Johann Wolfgang von Goethe:

„Ein gutes Kunstwerk kann und wird zwar moralische Folgen haben, aber moralische Zwecke vom Künstler zu fordern, heißt ihm sein Handwerk verderben“

Im nächsten Teil befasse ich mich mit Punkt 5: Wir achten mehr darauf, welche Spiele wir machen und spielen.

Radio Fritz frisst kleine Kinder

Nein, machen sie natürlich nicht.

Gestern hat der gebührenfinanzierte Radiosender „Fritz“ (rbb) im Rahmen seiner Netz-Reihe „Trackback“ ein Feature zum Thema „Ein Jahr GamerGate“ gesendet. Darin finden sich so viele der von den Medien stetig wiedergekäuten, unbewiesenen Vorwürfe gegen die Konsumentenrevolte, dass es mir angebracht schien, in meiner Titelzeile einfach auch mal was zu behaupten, was ich nicht beweisen kann. Ich habe nicht einmal den Verdacht, das Radio Fritz Kinder frisst. Vielleicht habe ich das ja auf Gawker gelesen.

So ähnlich wie sich in diesem Fall die Menschen bei Radio Fritz, die sich wohl schlecht beleumundet fühlen würden, würde ich die Titelzeile ernst meinen, fühlen sich die Unterstützer des Hashtags seit einem Jahr. Da behaupten einfach Leute in den Medien (in meinem Fall in sehr kleinen Medien) etwas über einen, von dem man selber weiß, das es nicht stimmt. Und trotzdem muss man es im Falle von #GamerGate immer wieder lesen und hören. Die Zusammenfassung fängt schon mal „gut“ an:

„Gamergate fängt mit dem Wunsch an, das Leben eines Menschen zu ruinieren.“

Es folgt eine kurze Beschreibung der Geschehnisse rund um den Zoepost. Von dem „Internetmob #Gamer Gate“ werde die Spieleentwicklerin ZoeQuinn für feministische Aussagen und „experimentelle“ Spiele gehasst. Zusammen mit den „Behauptungen“ über Nathan Grayson, dessen Name wie fast immer nicht genannt wird, obwohl er derjenige mit der professionellen Verfehlung war, sei daraus die Lüge vom „angeblichen“ Kampf gegen korrupte Spielejournalisten entstanden. Um den in meinen Augen größten Fehler des Redakteurs vorwegzunehmen: SPJAirplay wird im gesamten Feature nicht erwähnt. Da wundert es mich dann auch nicht, dass man beim rbb immer noch die Variante „es gab gar keine ethischen Verfehlungen“ glaubt.

„Die Korruptionsgeschichte um Quinn und ihr Spiel erweist sich als falsch.“

Welche? Die nach der Ben Kuchera sie auf Patreon unterstützte, während er lobend über sie berichtet hat? Die in der Kotaku-Redakteurin Patricia Hernandez zweimal über ihre Freundin Quinn schrieb, ohne ihre Freundschaft offenzulegen (inzwischen wurden auf Druck von außen Hinweise hinzugefügt)? Die von Leigh Alexander, die das Gleiche tat? Oder jene über Nathan Grayson, der gleich drei lobende Artikel über den „powerful Twine-Darling“ schrieb, auch wenn sein Chefradakteur Steven Totilo davon ausging, das dies nichts mit seiner (eingeräumten) Beziehung zu Quinn zu tun habe? Welche dieser Vorwürfe erwiesen sich als falsch, liebes Redaktionsteam?

Heute stelle sich #GamerGate als frauenhassender Mob mit 3 Baustellen vor: Kampf gegen „angebliche“ Korruption im Spielejournalismus, Kampf gegen Feministinnen, die „angeblich“ die Spielekultur zerstören wollen und Hass gegen Quinn, Wu, Sarkeesian und andere. Das erste „angeblich“ hat sich seit SPJ Airplay erledigt. Das zweite „angeblich“ steht für die vielen Stimmen, die  ständig fordern, Videospiele müssten sich „verändern“,“entwickeln“ oder „erwachsen“ werden, was für viele #Gamergate-Unterstützer einer „Zerstörung“ der Spielekultur gleichkäme.

Und das nennt der Moderator dann „einen kurzen Überblick“. Ich nenne das eine einseitige Darstellung, die nichts mit einem gut recherchierten Feature zu #GamerGate zu tun hat. Oder eben unfundierte Stimmungsmache.

Ein Dortmund-Ultra referiert zu Bayern München

Dann gab es noch ein Interview, leider hat die Tonqualität da überhaupt nicht gestimmt, trotzdem habe ich einige der üblichen haltlosen Behauptungen verstehen können. Um zu wissen, mit wem ich es zu tun habe, habe ich mir eine Kurzbio angesehen. Und siehe da, Interviewpartnerin Sarah Rudolph schrieb Ihre Bachelorarbeit über das Web 2.0 und Soziale Bewegungen am Beispiel von Netzfeminismus. Da kann ich als verantwortungsvoller Redakteur nicht von einem unvoreingenommenen Standpunkt ausgehen und sollte die Aussagen des Gesprächspartners auf ideologisch gefärbte Vorurteile abklopfen.

Warum lädt Radio Fritz eine ausgesprochene Gegnerin der Unterstützer des Hashtags #GamerGate ein, ohne ihr einen Interviewpartner der anderen Seite gegenüber zu stellen? Warum nickt der Moderator alles, was seine Interviewpartnerin sagt, einfach ab, als seien es geprüfte Sachverhalte?

Sie sagt nämlich ein paar Dinge, die weniger beherrschte Charaktere als ich durchaus als „die Unwahrheit“ bezeichnen könnten. Zuerst eröffnet sie den Hörern, sie habe nirgendwo Diskussionen über Korruption im Journalismus gesehen, diese müssten sich schließlich, sollten sie tatsächlich existieren zwingend um Korruption von AAA-Publishern drehen. „Kleine Fische“ in der Indieszene seien statt dessen die Ziele, wegen ein paar Dollar auf Patreon würden sie angegriffen und natürlich, weil „Sex“ so ein toller Aufhänger sei. Die Dame kennt die Geschichte von der Ubi-Soft PR-Repräsentantin und dem Spielejournalisten wohl nicht, die #GamerGate aufgedeckt hat. Aber für sie seien das alles sowieso keine „echten ethischen Grauzonen“. Warum einen Ladendieb bestrafen, wenn es doch auch Bankräuber gibt, das Argument höre ich auch nicht zum ersten Mal. Wo hört das auf? Ein bisschen Korruption darf jeder? Wie viel genau?

Dann passiert etwas, das ich nicht erwartet habe: Trotz des Umstandes, das Ethik nie wirklich diskutiert worden ist haben wohl einige Spieleseiten in den USA beschlossen, ihre Vorschriften zur Offenlegung von persönlichen Beziehungen ihrer Redakteure zu verschärfen. Zum Beispiel im Bereich Patreon-Unterstützung. Wie sind die bloß darauf gekommen, wenn laut Frau Rudolph bei #GamerGate darüber doch nie diskutiert wurde, geschweige denn, das man gar Druck in diese Richtung gemacht hätte.

„Die Leute, die du genannt hast [Quinn, Wu, Sarkeesian] sind zum Teil bis heute nicht nach Hause zurückgekehrt.“

Und das wird auf einem gebührenfinanzierten Sender einfach mal so stehen gelassen. Die mythische Überhöhung, August never ends. Das grenzt an Lächerlichkeit. Diese Personen reisen, halten Vorträge, haben an #GamerGate jede Menge Geld verdient und sind alle in ihr Zuhause zurückgekehrt, so sie es denn überhaupt verlassen hatten. Der Moderator fragt aber nicht nach, wird schon stimmen, was diese nur leicht vorurteilsbehaftete Dame da erzählt. Genau wie die darauffolgende Bemerkung, manche dieser Menschen könnten sich in der Öffentlichkeit nur mit Sicherheitsbeamten bewegen. Es gab in einem Jahr nicht einen einzigen tätlichen Angriff oder auch nur den Versuch eines tätlichen Angriffs auf eine dieser vier Personen, der an die Öffentlichkeit gedrungen wäre. Nicht einen. Wer in einer solchen Situation Sicherheitspersonal engagiert, braucht das für seinen Selbstwert und die Außenwirkung, nicht zum Schutz gegen Angriffe, da es für deren Wahrscheinlichkeit keine Indizien gibt..

„Das schlimmste, was wir als Öffentlichkeit tun können, ist es, sie nur in der Opferrolle zu sehen.“

Nachdem sie so lange daran gearbeitet haben sie zu perfektionieren? Listen and Believe (also: donate), schon vergessen, Sarah? Dann nennt Frau Rudolph das Angebot von „Crash Override Network“, dem angeblichen (seht ihr, RadioFritz, ich kann das auch) Anti-Harassment-Projekt von Quinn und ihrem Freund Alex Lifschitz, professionell. Obwohl niemand weiß, wer außer den beiden beteiligt ist, ob es dort ausgebildete Fachkräfte zu Betreuung der Hilfe suchenden Personen gibt oder ob außer der Website und den beiden Betreibern überhaupt eine weitere Struktur besteht. Ich kann auch das Gegenteil nicht beweisen, aber verschiedentlich aufgetauchte Beispiele, nach denen sie eher bereit sind, ideologisch kompatiblen oder „nützlichen“ Personen zu helfen und andere schon mal durchs Raster fallen zu lassen, stimmen mich eher skeptisch.

Die Frage ob GamerGate denn eine Gegenöffentlichkeit mit eigenen Seiten, Streams oder Videos aufgebaut habe, beantwortet Frau Rudolph mit einem Monolog über die Dokumentation „The Sarkeesian Effect„, die mit #GamerGate nicht mehr gemein hat als eine (eher geringe) Schnittmenge an Interessenten. Das Produzentenpaar, von mir gerne als „Zirkus Aurini“ bezeichnet, hat von Anfang an kaum jemand  im #GamerGate-Lager ernst genommen. Und das ist auch schon das einzige Beispiel, das ihr einfällt. Das es nicht nur Streams, Videos, Comics, Songs, Artikel und Treffen im RL gibt, sondern auch eine Liste von Websites mit ethischen Praktiken  (und nicht von Seiten, die #Gamergate unkritisch gegenüber stehen, Frau Rudolph), findet keine Erwähnung, hat wohl nicht ins Narrat… in die knapp bemessene Sendezeit gepasst.

WTF, RadioFritz?

Alles in allem die gleiche peinliche Vorstellung, die wir aus den deutschen Medien schon kennen. Wenn Dennis Kogel ein Feature über den FC Bayern macht, lädt er dann auch nur einen Dortmund-Ultra zum Gespräch ein? Warum wurde SPJAirplay nicht erwähnt, hat Kogel das einfach verschlafen oder hat es nicht ins gewünschte Bild gepasst? Wenn ich ehrlich sein soll, vermute ich letzteres. Mit Aussagen wie: „#GamerGate ist inzwischen wie r/Games in idiotisch“ hat er sich als Redakteur für ein so polarisierndes Thema eigentlich schon disqualifiziert. Da hilft es auch wenig, wenn er in vielen seiner Features Standpunkte einnimmt, die denen der #GamerGate-Opposition zum Verwechseln ähnlich sehen. Warum höre ich nie die Meinung eines #GamerGate-Befürworters in den deutschen Medien? Was ist aus den Grundsätzen der Berichterstattung geworden, wie sie der Pressekodex vorsieht? Fragen über Fragen.

Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen.

Quelle: Presserat

 

 

 

 

 

 

Ein Interview mit Daniel Vávra

Dieses Interview führte im englischen Original Andrew Otton für TechRaptor

gamergateblog.de bedankt sich bei TechRaptor für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung dieser Übersetzung.

Gamergate und die Spieleindustrie

Zuallererst möchte ich mich persönlich bei Daniel Vávra dafür bedanken, dass er Techraptor die Gelegenheit zu diesem Interview gegeben hat. Für diejenigen unter den Lesern, die ihn nicht kennen: Daniel Vávra ist ein Spieldesigner und Autor der seit ungefähr fünfzehn Jahren in der Spieleindustrie aktiv ist. Sein erstes großes Projekt als Autor und Regisseur ist Mafia: The City of Lost Heaven von 2002. Auch beim Nachfolger ‚Mafia II‘ arbeitet er am Script mit.

Heute kennen ihn die Meisten wahrscheinlich für die erfolgreiche Kickstarter-Kampagne zu seinem neuesten Projekt: Kingdom Come: Deliverance. Seitdem hat Kingdom Come:  Deliverance eine Menge Aufmerksamkeit erregt, viele Leute verfolgen die Entwickler-Vlogs aufmerksam. Es ist das erste Spiel der Warhorse Studios, eines Entwicklers aus der Tschechischen Republik, dessen Mitbegründer Vavra ist.

Vávras Rolle scheint bisher die eines Sprachrohrs für Warhorse Studios zu sein, tritt er doch in den meisten Videos auf, die zu Kingdom Come: Deliverance erscheinen. Er wird weiterhin die Werbetrommel für das Spiel rühren, während das Studio auf einen Releasetermin im 4. Quartal 2015 hinarbeitet.

Jene Leser, die hoffen, dass es hier um Kingdom Come: Deliverance geht, muss ich leider enttäuschen. Daniel war in letzter Zeit auf Twitter ziemlich lautstark zum Thema GamerGate und den verwandten Problemen zu vernehmen und wir hier bei Techraptor waren an einem tiefer gehenden Einblick in seine Ansichten interessiert.

Auf Vávras Anfrage wurden mehrere kleine Änderungen zur Verbesserung der Verständlichkeit vorgenommen.

Eins noch: die Gedanken, die in diesem Interview zum Ausdruck kommen sind nicht zwangsläufig die Ansichten des Autors, von Techraptor, Warhorse Studios oder gamergateblog.de, sondern die des Interviewpartners.

Wenn du die Spieleindustrie heute mit der Zeit vergleichst, in der du an Mafia: The City of Lost Heaven (2002) gearbeitet hast, was ist der größte Unterschied? Ist es heute besser oder schlechter?

In der Industrie ist es heute viel besser. Wir können unabhängig arbeiten. Wir können unsere Spiele selber veröffentlichen, selbst auf den Konsolen. Wir können über soziale Netzwerke direkt mit unseren Fans sprechen. Es gibt neue Wege um die Entwicklung eines Projekts zu finanzieren. Das ist alles großartig und ideal für das Wachstum der Szene und mehr Spiele, die sich von der Masse abheben. Außerdem gibt es so viel mehr Kommunikationskanäle – soziale Medien, Youtuber, Blogger. In der guten alten Zeit war das Internet noch sehr klein, alle Macht lag bei gedruckten Magazinen und die Journalisten haben langweilige Fragen gestellt wie ‚Wie viele Waffen / Autos / Level werdet ihr haben?‘. Ich versuchte eine anspruchsvolle, erwachsene Geschichte erzählen und die meisten von ihnen wollten nur wissen, ob es möglich sein würde, Leute zu überfahren. Jetzt versuche ich ein erwachsenes, realistisches Spiel vor geschichtlichem Hintergrund zu machen und einige Leute fragen mich warum es in unserem Spiel keine weiblichen Ritter gibt.   

Bei 2K Games warst du ein Teil einer großen Firma, jetzt bist du mit Warhorse Studios unabhängig. Gibt es nach deiner Meinung einen Unterschied im Umgang der Industrie mit unabhängigen Entwicklern im Gegensatz zu denen, die für größere Studios arbeiten?

Wenn du für einen großen Publisher arbeitest, tust du was dir gesagt wird. Es besteht nur eine verschwindend geringe Chance, dass du jemals an deinen eigenen Sachen arbeiten kannst. Und das ist total in Ordnung so. Für deine Loyalität bekommst du Geld und niemand zwingt dich zu bleiben. Wenn es dir nicht gefällt, kannst du gehen. Ich hab das gemacht, bin eine Menge Risiken eingegangen und habe gehofft, am Schluss in der Lage zu sein endlich das zu machen, was ich immer schon machen wollte. Aber auf einmal tauchen all diese Leute auf, die denken sie wüssten was gut für mich ist und die Welt beginnt mir und vielen anderen Entwicklern zu sagen, was wir machen sollten. Und von diesen Leuten bekomme ich überhaupt nichts dafür.

Ich bin im Kommunismus aufgewachsen, wo Comics als dekadente kapitalistische Propaganda verboten waren, Westernfilme zensiert wurden und jedes Buch, das im Verdacht stand, im Widerspruch zur sozialistischen Ideologie zu stehen, war ebenfalls tabu. Wenn man es wagte seine Gedanken laut auszusprechen, fand man sich im Knast wieder. Deshalb bin ich allergisch gegen Zensur im Namen welcher Ideologie auch immer. Die Straße zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Ich möchte all diesen Ideologen einen Rat geben – Wenn du etwas bestimmtes haben willst, dann sorge selbst dafür und alle werden zufrieden sein.

 Wie steht es um die Repräsentation von Frauen in der Spieleindustrie? Nicht als Spielfiguren, sondern als Entwickler, Designer, usw.

Ich habe in der Vergangenheit mit vielen Frauen zusammengearbeitet. Zwei davon waren meine Chefs. Auch in unserem Team haben wir mehrere Frauen und ich hoffe sie fühlen sich wohl und werden behandelt wie jeder Andere auch. Wir haben eine sehr flache Hierarchie, jeder kann mich oder Martin fragen, falls es Probleme geben sollte. Bei Warhorse arbeiten sogar zwei verheiratete Paare und in der Vergangenheit habe ich in anderen Firmen diverse Eheschließungen unter Mitarbeitern mitbekommen. Wenn wir jemanden einstellen, bin ich einzig und allein an seinem Talent interessiert. Sonst nichts. Ich kann nicht für andere Firmen in den USA oder sonstwo sprechen, aber ich bezweifle, das es dort anders läuft.

Das Lustige ist, wenn du echte weibliche Entwickler wie Amy Hennig (bekannt durch ‚Uncharted‘) fragst, werden sie dir erzählen, dass sie nie irgendwelche Probleme hatten. Aber die Leute, die ständig über solche Probleme reden sind Journalisten und Blogger, die nie wirklich für eine Spielefirma gearbeitet haben.

Und am lustigsten ist, wenn du nachschaust, wie viele Frauen denn am Ende für diese Magazine arbeiten, welche die Spieleindustrie für angeblichen Sexismus kritisieren, wirst du herausfinden, dass es genauso ist wie bei den Spielefirmen: Frauen machen höchstens 10-20% aus. Polygon hat 21 Redakteure und nur 5 davon sind Frauen. Und wenn du dir die Leserschaft anschaust findest du 80% Männer. Was für ein sexistisches Magazin!

Ist Frauenfeindlichkeit ein Problem in der Spieleindustrie?

Definiere Industrie. Es gibt hunderte Millionen Menschen, die Spiele spielen, demnach ist es ziemlich wahrscheinlich das einige davon dumme Arschlöcher sind. Aber zu sagen, die Industrie habe ein Problem mit Misogynie [Hass auf Frauen], weil ein Idiot irgendwas auf Twitter geschrieben hat, ist absurd und ich bin der festen Überzeugung das es sich dabei um ein Ablenkungsmanöver handelt, damit sie nicht über das echte Problem hier reden müssen. Wenn dich jemand einer Sache beschuldigt, beschuldige deinen Gegner, eine noch viel schlimmeren Tat begangen zu haben. Wenn jemand hysterische, aggressive, manipulative Artikel schreibt, in denen er Leute als ‚basement neckbeard troll scum‘ (etwa: ‚Schlecht rasierter Trollabschaum aus dem Kellergeschoss‘) bezeichnet, sollte er wissen was auf ihn zukommt.

Ich bin im Internet viele, viele Male angegriffen worden, weil ich dazu tendiere, Sachen zu sagen, die Anderen missfallen, aber ich hatte nie den Drang, darüber in einem Magazin zu jammern und das Opfer zu spielen. Wenn die Sache ernst wird und jemand echt üble Scheiße anstellt, ist das Beste, was du tun kannst, die Polizei zu rufen und nicht darüber zu twittern.

Und es gibt da eine weitere wichtige Sache. Männliche Teenager machen einen großen Anteil der Gamer aus und diese tendieren aus ihrem Naturell heraus dazu Dummheiten zu machen, vorschnelle Schlüsse zu ziehen und Leute zu beleidigen. Also ist nicht die Industrie frauenfeindlich. Dumme Menschen sind frauenfeindlich.

Wir wissen, das GamerGate aus dem Gedanken ‚Der Gamer ist tot‘ entstanden ist. Offensichtlich ist es inzwischen darüber hinaus gewachsen. Was ist, deiner Meinung nach, das Endziel der GamerGate-Bewegung? Stimmst du ihnen zu?

Ich glaube nicht, dass es das ‚eine Ziel‘ gibt. Es sind einfach nur ein Haufen Leute die unzufrieden mit den Zuständen in der Spielepresse sind. Also werde ich über meine persönliche Motivation sprechen. Es hat mich zwei Jahre gekostet, eine Firma auf die Beine zu stellen. Wir waren mehrmals fast pleite. Ich glaube, was wir hier tun ist etwas, das vor uns noch niemand getan hat und wir geben wirklich alles um es so gut zu machen wie wir können – eine realistische, historisch akkurate Darstellung des europäischen Mittelalters mit einer erwachsenen Story.

Und dann nennt man uns rassistisch, weil es in unserem mittelalterlichen Böhmen keine Menschen mit anderer Hautfarbe gibt, wo es doch in unserem Land Bibelillustrationen gibt, welche die Königin von Saba zeigen (die 2000 Jahre vor unserem Spiel in Afrika gelebt haben soll). Und obendrauf werden wir dann noch als Sexisten bezeichnet, weil wir in unserer Finanzierungskampagne ein flexibles Ziel für die Implementierung eines weiblichen Charakters hatten. Als ob es nichts kosten würde eine neue Storyline zu schreiben und einzubauen. Und all das während das Spiel in einer frühen Entwicklungsphase ist und sie keine Ahnung von der eigentlichen Story des Spiels haben. Glaubst du, irgendjemand hätte Interesse daran, während einer Kampagne, bei der sein Überleben als Studio auf dem Spiel steht in solch absurde Diskussionen verwickelt zu werden?

Das ist vielen Entwicklern passiert. Über Assassins Creed gab es 5 verschiedene Artikel, die sich mit dem Fehlen eines weiblichen Charakters beschäftigt haben. Auf der Titelseite einer einzigen Spielewebsite. An einem Tag. Fünf! Nebeneinander. Und es gibt noch mehr: Der ‚Skandal‘ um das Cover von Far Cry 4, die Rassismus-Vorwürfe gegen ‚The Stanley Parable‘, Wildstar wurde Sexismus vorgeworfen, ‚God of War‘, ‚Hotline Miami‘, ‚Bioshock‘, ‚Divinity: Original Sin‘, Witcher…

Niemand wagt es jemals, sich zu wehren oder seine Kunst in Schutz zu nehmen, weil das bedeutet, dass ihm sofort  Frauenfeindlichkeit / Rassismus / Homophobie / Sexismus vorgeworfen wird… und dann fällt dir auf, dass diese Leute, die ihre Tage damit verbringen, anderen Vorwürfe zu machen alle in schreckliche Interessenkonflikte verwickelt sind und ein sehr merkwürdiges Verständnis von Ethik haben.  Hier schimpft ein Esel den anderen Langohr!

Glaubst du, dass die Korruptionsvorwürfe wirklich so tiefgehend sind, wie uns viele Leute weismachen wollen?

Ich weiß es nicht und es ist mir auch egal. Unser größtes Problem ist, dass es da eine Gruppe von Leuten gibt, die glauben sie wüßten, was richtig und was falsch ist. Sie haben einen Auftrag, die Welt zu einem besseren Ort zu machen und die Unterdrückten mit allen Mitteln zu beschützen. Es ist ihnen sogar egal, was die ‚Unterdrückten‘ denken. Sie zensieren jede Reaktion, die ihnen nicht passt. Sie versuchen Twitter zu zensieren. Sie glaube, sie wären etwas Besseres als der Rest der Leute. Das sie nicht in der Lage sind eine Diskussion zu führen oder stichhaltige Argumente anzuführen finde ich lustig. Hast du sie jemals in einer direkten Konfrontation mit ihren Gegnern gesehen? Nein? Hab mir schon gedacht. Alles was sie können ist andere Leute von der sicheren Seite ihres Zauns aus anzukläffen und das Opfer zu spielen, falls jemand zurück bellt.

Und sie werden niemals zufrieden sein. Hast du keinen schwulen Charakter in deinem Spiel, bist du homophob, hast du einen schwulen Charakter in deinem Spiel, bist du homophob, weil ihnen dein Charakter nicht gefällt. Sehen die Frauen in deinem Spiel gut aus, bist du sexistisch, sehen sie schlecht aus, bist du sexistisch, kannst du mit ihnen kämpfen, bist du frauenfeindlich, kannst du nicht mit ihnen kämpfen, benutzt du sie wie Objekte, gibt es in deinem Spiel keine Frauen, weil es einfach keinen richtigen Weg gibt, sie darzustellen, bist du frauenfeindlich.

Es ist eine Hexenjagd und sie beeinträchtigt meine künstlerische Freiheit.

In der letzen Woche warst du auf Twitter zu Thema GamerGate ziemlich aktiv. In einem Tweet sprichst du die Angst vieler Entwickler an, auf einer schwarzen Liste zu landen. Du hast auch erwähnt, das du deinen Ruf aufs Spiel setzt, indem du offen sprichst. [Anm. des Übersetzers: Das Interview erschien im Original am 14.09.2014]

Wenn du dir die moralischen Standards von einigen dieser Leute anschaust. Wenn du mitkriegst, wie sie respektierte Menschen mit anderen Ansichten als den ihren als ‚Faded crackheads, Shitlords und misogynistic basement neckbeards‘ [etwa: Abgehalfterte Crackjunkies, Herren der Scheiße und schlecht rasierte Frauenfeinde aus dem Untergeschoss] bezeichnen. Wenn du siehst, das Polygon, eine der größten Spieleseiten eine schwarze Liste von Leuten führt, mit denen sie keine Kommunikation wünschen, was würdest du erwarten? Viele Leute bleiben an der Oberfläche des Problems und bilden sich ihre Meinung anhand von hysterischen Reaktionen auf anonyme Drohungen, während es bei der Sache um etwas vollkommen anderes geht.

Ja, ich glaube, das einige Journalisten weder mich noch unser Spiel mögen werden. Ich glaube, manche Leute werden anfangen zu denken, dass ich Frauenhasser unterstütze, obwohl ich das absolut nicht tue. Ich werde vielleicht einige Freunde verlieren. Aber ich glaube, das es wichtig ist für Redefreiheit und künstlerische Freiheit einzutreten. Und ich glaube einige Journalisten haben die rote Linie überschritten und darüber sollte man sprechen.

Leigh Alexander schreibt für mehrere Mainstream-Publikationen, ist Redakteurin bei Gamasutra, führt gleichzeitig eine PR-Agentur und droht Menschen damit sie zu zerstören, denn ‚Sie ist ein Megaphon‘. Sie nennt Adam Baldwin ‚a washed up crackhead‘ [etwa: abgewrackter Crackjunkie}. WTF geht hier ab? Warum hat sie immer noch einen Job? Und die gleiche Person will uns über Ethik belehren und schreibt Artikel über kindische, Frauen hassende Trolle aus dem Keller? Jetzt mach aber mal einen Punkt.

Wird die GamerGate-Angelegenheit einen Effekt darauf haben, wie ihr euer kommendes Spiel, ‚Kingdom Come: Deliverance‘, angeht? Ihr könntet beispielsweise eine Figur verändern, die Story oder Teile der Spielwelt.

Nein. Schon bevor das Ganze anfing hatten wir eine starke, spielbare Frau. Wir haben homosexuelle Figuren im Spiel und es gibt verschiedene Minderheiten, denn alles, was ich will ist eine ernsthafte, starke Geschichte. Eine Geschichte, die ich schon seit Jahren erzählen will und es wird mir nicht im Traum einfallen, sie auf Druck von außen hin zu verändern.

Ich möchte mich noch einmal bei Daniel Vávra für dieses wunderbare Interview bedanken und wünsche ihm für die Arbeit an seinem neuesten Spiel nur das Beste!

This interview by Andrew Otton was originally published on TechRaptor

Die Geheimnisse der „GameJournoPros“

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it und wird hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.

Ein große Zahl bekannter Spielejournalisten von konkurrierenden Publikationen haben in der Mailing-Liste „Game Journalism Professionals“ hinter verschlossenen Türen diskutiert.

Kurz bevor die Liste nach ihrer Entdeckung und der darauffolgenden Empörung aufgelöst wurde, zählte sie fast 150 Mitglieder. Die meisten davon Journalisten, ehemalige Journalisten oder Freelancer bei hoch gehandelten Publikationen wie Vox Media (Polygon und the Verge), Gawker (Kotaku), Gamasutra, Joystiq, IGN oder dem Besitzer von Reddit, Condé Nast (Ars Technica und Wired).

Auf der Liste fanden sich die Chefredakteure von fünf der größten Namen in den Spielemedien, der damalige Chairman des Indie Game Festivals, einige Mainstream-Journalisten und sogar ein paar PR-Mitarbeiter von Spiele-Publishern.

Während die Mitgliedschaft für sich alleine noch keinen Beweis für eine Verfehlung darstellt, gab es innerhalb der Gruppe doch einige verdächtige Vorgänge.

Gruppenzwang und Vetternwirtschaft

Die von Ars Technicas Senior Gaming Editor, Kyle Orland, gegründete Gruppe unterlag strikten Regeln zur Geheimhaltung. Der Gründer selbst gibt zu, von der umstrittenen Journo-List inspiriert worden zu sein, einer Mailing-Liste unter Mainstream-Journalisten, gegründet vom momentanen Vox-Chefredakteur. Als sie 2009 aufflog, verursachte das einen handfesten Skandal und beendete Karrieren.

Eine der einflussreichsten Stimmen in der Gruppe war Ben Kuchera, früher bei Ars Technica, heute bei Polygon. Kyle Orland stellt fest: „Ich würde ohne Ben Kucheras Empfehlung wohl nicht die Position bekleiden, in der ich heute bin“. Es gibt auch Vorwürfe, nach denen Kuchera selbst durch das Networking in der GameJournoPros-Gruppe in seine jetzige Position gekommen ist, da der Chefredakteur von Polygon, Chris Grant, ebenfalls ein Mitglied war.

Nach der Endtdeckung der GameJournoPros im September 2014 bestritten Orland und andere Mitglieder den Vorwurf der Absprache und behaupteten sogar, GameJournoPros sei ein wichtiges Hilfsmittel, um Rat und Hilfe in ethischen Fragen zu erhalten. Andere Mitglieder scheinen anders darüber zu denken, das ehemalige Mitglied Ryan Smith gibt an, dass „der informelle Druck, sich dem Gruppendenken zu unterwerfen“ sehr stark war. Als Smith das Gespräch mit Vertretern der damals noch jungen #GamerGate_Revolte suchte, wurde er von Mitgliedern der GameJournoPros beleidigt, auf Twitter geblockt und sogar seine Kollegen und Vorgesetzten wurden kontaktiert, um ihn mundtot zu machen.

Zensur

Im August 2014 wurde gegen das GameJournoPros-Mitglied Nathan Grayson (Kotaku) der Vorwurf erhoben, positiv voreingenommen über eine Spieleentwicklerin berichtet zu haben, mit der er eine sexuelle Beziehung hatte.

Kyle Orland rief einen GameJournoPros-Thread ins Leben, um dort zu debattieren, ob es besser sei, die Diskussion des Skandals selbst zu zensieren, oder ob die Mitglieder der Gruppe lieber kollektiv die Entwicklerin unterstützen sollten, deren Privatleben durch den Skandal in die Öffentlichkeit gerückt war.

Bald stand Greg Tito, der damalige Chefredakteur von the Escapist, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Er hatte um Rat gefragt, wie er mit der zivilen, stark reglementierten Diskussion in den Foren seiner Seite umgehen sollte, er wollte wissen, ob es besser sei, diese zu beenden. Viele Mitglieder setzten ihn unter Druck, die Diskussion zu unterbinden, darunter Graysons Kollege Jason Schreier, aber vor allem Ben Kuchera.

Kuchera, der die in den Skandal verstrickte Entwicklerin über Patreon finanzierte, hatte sie bereits ohne Offenlegung dieser Tatsache mit einer Veröffentlichung auf Polygon gefördert. Er vertrat klar die Meinung, die Diskussion müsse beendet werden, sonst mache sich the Escapist mitschuldig an den Belästigungen. Auf besorgte Nachfragen nannte er die Zensur eine „rein technische Angelegenheit“ und benahm sich peinlich, als Tito entschied, die Threads offen zu lassen.

In der Zwischenzeit wollten Orland und andere Journalisten die Entwicklerin unterstützen. Es gab eine Debatte, ob die Gruppe ihr einen Brief mit den Unterschriften der Mitglieder schicken sollte. Als einige Mitglieder darauf hinwiesen, das eine solche Aktion unangemessen wäre, wurde der Plan eingestampft. Selbst Jason Schreier merkte an, das „dieser Zwischenfall doch schon genug Fragen über das inzestuöse Verhältnis zwischen der Presse und den Entwicklern aufgeworfen hat“.

Im August 2015 gibt es immer noch eine Diskussion über Ehik in der Spielepresse, sie ist immer größer geworden und trägt den Namen „GamerGate“. In diesem Jahr wurden weitere Skandale aufgedeckt, unter anderem ein großes Netzwerk voreingenommener Veröffentlichungen über Freunde – bei Kotaku und anderen Publikationen – und die GameJournoPros selbst. Die Foren von the Escapist sind immer noch einer der wenigen Orte, die Diskussionen über diese Dinge zulassen während sie anderenorts streng zensiert werden.

Schwarze Listen

Der Destructoid-Journalist Allistair Pinsof deckte 2013 eine Täuschung auf der Crowdfunding-Website Indiegogo auf. Eine Indie-Entwicklerin hatte versucht ihre Geschlechtsumwandlung zu finanzieren, indem sie angab, es handele sich um einen lebenswichtigen Eingriff. Weil die Entwicklerin in diesem Zusammenhang als Transgender geoutet wurde, gab es heftige Reaktionen. Obwohl es wenige Unterstützer für diesen Kurs gab feuerte Destructoid-CEO Yanier „Niero“ Gonzalez Pinsof, selbst die Entwicklerein, bei der sich Pinsof in der Zwischenzeit entschuldigt hatte, konnte ihn nicht umstimmen.

Der Skandal flammte 2014 wieder auf, als Email-Leaks von Pinsof und den GameJournoPros auftauchten in denen es viele Hinweise auf fragwürdiges Verhalten des Destructoid-Managements gab.

Gonzales Behauptung, er habe Pinsof verboten, die Story zu veröffentlichen erwiesen sich als falsch. Außerdem hat er das Datum der Kündigung bewusst vage gehalten und versucht Pinsofs Kündigung mit Dingen zu rechtfertigen, die erst passiert waren, als Pinsof schon nicht mehr für Destructoid arbeitete. Zusätzlich hat er die Kündigung hinter den Kulissen mit den GameJournoPros diskutiert und gedroht, Pinsof in Verruf zu bringen, sollte er versuchen, sich öffentlich zu verteidigen.

Aber es kommt noch besser: Gleich nach dem Pinsof gefeuert worden war bat Chefredakteur Dale North Mitglieder der GameJournoPros-Gruppe ihm weder eine Anstellung noch eine Möglichkeit zu geben, seine Sicht der Dinge darzustellen. Und Pinsof wurde tatsächlich einfach ignoriert. Kurz nach dem Leak der Emails verließ North Destructoid. Er gab Meinungsverschiedenheiten mit dem Management als Grund an.

Ein anderer, neuerer Leak zeigt, das zwei Monate später noch jemand auf der schwarzen Liste der GameJournoPros landete. Diesmal war das Ziel eine Person aus der Unterhaltungsindustrie:  Kevin Dent.

Es war Patrick Klepek, damals bei GiantBomb, der vorschlug, die GameJournoPros sollten gemeinschaftlich aufhören, Dent zu zitieren. Er wurde dabei von mehreren Mitgliedern wie seinem Kollegen Alex Navarro unterstützt. Dieser sagte den GameJournoPros das „die gesamte Industrie besser dran wäre, wenn wir einfach vergessen das er [Dent] existiert“.

Dent – der vorher regelmäßig zitiert wurde – verschwand nach dieser Diskussion von den Webseiten der GameJournoPros.

Die GameJournoPros schien Klepeks Vorschlag nicht sonderlich zu überraschen und andere Leaks zeichnen ein Bild von einer Gruppe, in der es wohl als normal angesehen wurde, die Karriere eines Menschen wegen einer Meinungsverschiedenheit zu zerstören.

Im Mai 2014 hatte ein aufstrebender Spieleentwickler mit weniger als 30 Followern ein abweichende Meinung zu einem Artikel des niederländischen Spielepromoters und Gamasutra-Gastautors Rami Ismail. Dieser antwortete mit „Bullying“ und „dem Versuch einen Lynchmob aufzustellen“ (zufälligerweise in den Worten eines hier unbeteiligten Kevin Dent). Ismail kontaktierte sogar die Universität des Betreffenden, während sich Leigh Alexander in einem oft zitierten Tweet an der Attacke beteiligte. Sie drohte „ein Exempel“ an dem Entwickler „zu statuieren“ und warnte ihn „vorsichtig“ zu sein, wenn er einer Person mit ihrem Einfluss streiten wolle – in ihren Worten „ein Megaphon„.

Das diese Meinungsverschiedenheit ernste Folgen hatte, schien für Mitglieder der GameJournoPros auf der Hand zu liegen. Ben Kuchera kommentierte, er sehe dabei zu „wie jemand seine beginnende Karriere in den sozialen Netzwerken niederbrennt„, während im Thread der Mailing-Liste Kommentare über diesen „Karriere-Selbstmord“ gemacht wurden, als sei das eine zu erwartende Konsequenz für eine abweichende Meinung.


 

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it, einer Seite, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die ethischen Verfehlungen im Spielejournalismus zu katalogisieren.

gamergateblog.de dankt @bonegolem und dem Team von deepfreeze.it für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung dieser Übersetzung.

Grafik: deepfreeze.it

 

 

TotalBiscuit sagt lange fällige Dinge

F*** you, Extremists.

Nachdem er, entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten einen Blick in die reddit-Kommentare zur aktuellen Episode des CoOptional-Podcast mit der Journalistin LauraKBuzz als Gast geworfen hatte, wandte sich der erfolgreiche YouTuber John Bain, besser bekannt als TotalBiscuit, in einem Soundcloud-Podcast an sein Publikum. Er sei „verdammt sauer“ und „zittere vor Wut“. Er werde Dinge sagen, die einige Leute nicht mögen würden, aber das sei ihm, gelinde gesagt, scheißegal, diese Leute würden ihn sowieso seit längerem krank machen.

Einige der Kommentare im betreffenden subreddit könne man als transphob bezeichnen. Bain sagte, er setze dieses Wort nicht leichtfertig ein, als jemand der selber schon so bezeichnet wurde, von Leuten die ihn nicht kennen und anderen, die dieses Wort wie eine Keule schwingen. Leider kämen diese Attacken, die er und die anderen Teilnehmer des Podcasts geschmacklos fanden, wohl aus seinem eigenen Publikum. „Es macht mich krank. Ich fühle mich zum Kotzen“, sagte der Entertainer, hörbar mitgenommen von den Geschehnissen.

„Diese Menschen müssen wissen, das sie nicht willkommen sind“ fuhr er fort, „Ich glaube nicht, das es auch nur entfernt eine politische Frage ist, das man Transgender-Personen wie menschliche Wesen  und mit Respekt behandeln sollte. Das ist Menschlichkeit. Das ist Anstand“. Er erwähnt in diesem Zusammenhang auch #GamerGate und macht klar, das er (im Gegensatz zu mir) keine Verquickung der Themenbereiche „Social Justice“ und „Ethik im Journalismus“ will. Er hält diese Verbindung für eine Ursache der hasserfüllten Attitüde der Kommentatoren (ich halte diese Dinge, leider, für untrennbar verbunden). Meine volle Zustimmung allerdings erhält seine Aussage, das moralische Integrität für ihn wichtiger ist als die Größe seines Publikums.

Ich brenne lieber mein eigenes Publikum nieder, als den bigotten Leuten auch nur einen Fußbreit Boden zu gewähren. Mit Freuden!

Er werde alles tun um Menschen, die andere, die mit ihm in Verbindung stehen, auf eine solche Weise angreifen aus den Reihen seiner Zuschauer zu tilgen. „Ich brauche euch nicht, ihr könnt euch, verfickt nochmal, verpissen! Geht weg!“ so der sonst so distinguierte gebürtige Brite. Das gelte besonders, wenn die Angriffe Menschen zum Ziel hätten, die „noch mehr Scheiße auf ihrem Teller haben als alle anderen“. Er wisse, dass das Konzept „Privileg“ dank der Extremisten online inzwischen ein wandelnder Witz sei. Extremisten von der Sorte, die bar jeder Ironie #killallmen twittern und behaupten Sexismus gegen Männer existiere ebenso wenig wie Rassismus gegen Weiße. Diese Extremisten seien bigott, sie hätten Vorurteile, sie seien engstirnig. Sie seien Bullies. Und trotzdem träfe es im Fall von Transgender-Personen voll zu, dass sie weniger privilegiert seien als andere. Diese Menschen kämpften für nichts mehr als ihren gerechten Platz innerhalb der Gesellschaft und in diesem Fall habe er kein Problem mit dem Kampf für eine gerechtere Gesellschaft.

Und er zieht eine interessante Verbindung: Sind es vielleicht gerade die Transphobie-Angriffe gegen ihn gewesen, die Menschen mit transphoben Tendenzen auf seinen Kanal aufmerksam gemacht haben? „Das ist wie, wenn dich jemand Rassist nennt und auf einmal mögen dich die Rassisten, weil sie denken jemand Gleichgesinntes vor sich zu haben. Das passiert, wenn du online „Stämme“ gründest. Das passiert wenn du die Extreme suchst. Das passiert wenn du dich wie ein Kult benimmst, Empörungskultur und das „Shaming“ online kombinierst“, so Bain weiter. Er rief seine Zuschauer auf, darüber zu reflektieren, ob im Umgang mit weniger privilegierten Menschen nicht deutlich mehr Rücksicht angebracht wäre. Es gehe nicht darum, sein „Privileg zu checken“, sondern darum,ein anständiges menschliches Wesen zu sein. Es gehe um Empathie, darum eine Transgender-Person zum Beispiel nicht für ihre Stimme zu kritisieren, ein Merkmal über das sie keinerlei Kontrolle habe. Jeder, der beim Gedanken an Vorgänge wie diese zumindest ein wenig Ärger verspüre, sei ihm willkommen. Für solche Menschen würde er sich bereitwillig in die Schlacht werfen, wie er es schon einige Male getan habe.

Lasst es mich extra deutlich sagen: Ich bin 100% für Transgender-Gleichberechtigung. Ich bin 100% dafür, menschliche Wesen wie menschliche Wesen zu behandeln. Einfacher kann ich es nicht sagen. Wir haben 2015 und wir sind kein Haufen Barbaren. Wer damit ein Problem hat: Der Ausgang ist links. Verschwindet. Jeder, der an den Kommentaren beteiligt war, sollte sich schämen.


 

Bis auf einen Unterschied in der strategischen Sichtweise auf #GamerGate kann ich TotalBiscuit nur 100% zustimmen. Die Moderaten auf beiden Seiten haben mehr gemeinsam, als die jeweiligen Extremisten sie glauben machen. Und wenn die Moderaten sich verständigen, fehlt den Extremen die Machtbasis. Und jeder Mensch hat Anrecht auf Respekt und Menschlichkeit. Auch ideologische Gegner.

Geschlechtsteile als Waffen

Dickbomber

„Es ist eine hässliche Wahrheit, das Männer, die sexuell belästigen, oft ihre eigenen Genitalien und ihre Sexualität als Waffen einsetzen. Dies ist ein Versuch Frauen ihrer Macht zu berauben, damit sie nicht aus der Reihe tanzen“


gamergateblog.de dankt Alejandro Argandona für die freundliche Erlaubnis zur Verwendung der Karikatur!

 

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