Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it und wird hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht. Den ersten Teil des Artikels „Freunde mit gewissen Privilegien“ lesen sie hier.
Die Überschrift ist einem Tweet von einem deutschen Blogger entnommen, welcher mich dieser Tage erreichte.
Leigh Alexander ist überall
Keine andere Spielejournalistin steht so sehr für Vetternwirtschaft wie die umstrittene ehemalige freie Redakteurin bei Gamasutra, Leigh Alexander. Sie teilt sich Interessenkonflikte mit ihrer Freundin Hernandez und anderen Journalisten, darunter Love, Anthropy, Arnott, Naomi Clark (die ihrerseits anscheinend mit Evan Narcisse von Kotaku befreundet ist) und der hier zum fünften Mal auftauchenden Quinn.
Alexander ist wohl eine der polarisierendsten Persönlichkeiten des Spielejournalismus, seit dem Beginn ihrer Karriere ergänzt sie ihren Twitter-Feed mit kontroversen Inhalten, darunter unverhüllte Drohungen und sogar Doxing.
Sie ist für ihre kritische Haltung gegenüber ihrer Leserschaft bekannt, so führte sie einmal aus, ihre Leser seien „größtenteils ein Haufen verfickter Idioten“ (mit „seltenen“ Ausnahmen). Besondere Bekanntheit erlangte sie als Speerspitze der berüchtigten „Gamers are Dead“ Artikel, in ihrem vielzitierten aufwieglerischen Text nannte sie die Gamer „stumpfsinnige Kackschleudern“, „jammernde Hyper-Konsumenten“ ,“kindische Internet-Streithähne“ und warf ihnen vor, sie wüssten nicht „wie man sich kleide und benehme“. Auf diese Weise versuchte sie, die Industrie zu ermutigen, Gamer als Kunden abzulehnen.
Leigh Alexander und Vetternwirtschaft
- Anna Anthropy, befreundet seit mindestens 2011 durch die gemeinsame Freundin Patricia Hernandez. Diese Freundschaft wurde in keinem ihrer sechs Artikel über Anthropy offengelegt, einige davon enthalten jede Menge Links zu Kaufmöglichkeiten für die besprochenen Werke.
- Zoe Quinn. Nur fünf Tage nachdem sie sich zum Ausgehen und Trinken verabredet hatten, schreibt sie über die Entwicklerin.
- Robin Arnott. Bekam 2014 von Alexander Medienpräsenz, befreundet seit 2011, seit 2012 so gut, das Alexander Arnott huckepack herum getragen hat.
- Ramiro Corbetta und Babycastles. Freunde seit 2010. Neben einem Artikel von 2010 und einer 2012 erschienenen „Hagiographie“ organisierte Alexander selber Events für Babycastles.
- Kartenspiel- / Spieleentwicklerin Naomi Clark. Freunde seit 2012. Artikel 2013, 2014 und 2015.
- Christine Love. Über sie hat Alexander auf Vice geschrieben.
- Carl Icahn, über den Alexander geschrieben hat, ohne offenzulegen, dass er ein bedeutender Investor ihres damaligen Arbeitgebers UBM (Gamasutra) war.
Agency for Games
Nach ihrem Abgang bei Gamasutra begann Alexander ihren eigenen Blog Offworld, ein Teil des BoingBoing Netzwerks, und schrieb in unregelmäßigen Abständen für Vice, aber sie führte auch die Geschäfte ihrer Consulting-Firma „Agency for Games“ weiter. Das bedeutet, sie stand im Sold von Spielefirmen, während sie gleichzeitig über Spiele berichtete.
Auch wenn Alexander die Kunden von Agency auf ihrem Blog und in den sozialen Medien promoted hat, wurde bisher kein Fall entdeckt, in dem sie einen Artikel über Kunden geschrieben hätte – im Gegensatz zu einigen Journalisten mit direkten Verbindungen zu ihr. Das Spiel Sunset vom Agency Kunden Tale of Tales, in dessen Credits Alexander erwähnt wird, wurde zweimal positiv von Alexanders Freundin Patricia Hernandez besprochen, sowie von Simon Parkin, einem Autor für Eurogamer und einem sehr guten Freund von Alexander und dem Miteigentümer von Agency, Ste Currant. Auch Javy Gwaltney, den Leigh Alexander auf Patreon unterstützte, hat positiv über Sunset geschrieben.
Philippa Warr von Rock, Paper, Shotgun hat drei Artikel über Sunset geschrieben, ohne auf ihre Freundschaft zu Alexander hinzuweisen. Außerdem hat Warr drei Artikel über ihren Freund, den Indie-Entwickler Terry Cavanagh geschrieben, ohne die Freundschaft offenzulegen – der gleiche Cavanagh dessen Spiel von Jenn Frank besprochen wurde, die dabei „vergaß“ im Artikel anzugeben, dass sie als Sprecherin am Spiel beteiligt war.
Trotz Alexanders Mitarbeit und die positive Aufnahme durch Kritiker war Sunset ein komerzieller Flop. Gerade mal 4000 Kopien wurden verkauft, woraufhin Entwickler Tale of Tales ihren Laden dichtmachten und angaben, ihre PR-Firma habe sie viel Geld gekostet aber an den Verkäufen rein gar nichts geändert.
Gone Home
Als das auf Story fokussierte First-Person-Adventure Gone Home 2013 auf den Markt kam, löste es viele Kontroversen aus. Die Durchschnittswertungen offenbarten einen großen Unterschied zwischen dem Lob der Journalisten und der harschen Kritik der Spieler.
Das erste Review kam von Polygon-Mitarbeiterin Danielle Riendau, welche, wie Grayson und Hernandez, positiv über GaymerX berichtet hatte, während sie mit Mitarbeitern der Convention befreundet war. Ihre begeisterte 10/10 Wertung für Gone Home erwähnte keine der am Häufigsten genannten Schwächen des Spiels – seine kurze Spieldauer und den Mangel an Interaktivität. Außerdem vergaß sie zu erwähnen, dass sie selbst ein Teil des Idle Thumbs Podcast Teams war. Den Rest bildeten die zwei Entwickler aus dem kleinen Entwicklungsteam für Gone Home mit denen sie befreundet war, einen davon nannte Riendau in einem eine Woche vor dem Review veröffentlichten Podcast einen „guten Freund“. Dieser „gute Freund“, der Komponist des Spiels, Chris Remo, ist der einzige, der sich zu den Vorwürfen geäußert hat. Er gab zu, mit Riendau befreundet zu sein, bezweifelte aber, dass dies ihre Wertung für das Spiel beeinflusst habe. Riendau ist auch für ein extrem positives Video über Sunset verantwortlich, in welchem ihre Freundschaft zu Alexander nicht erwähnt wird, obwohl sie dies in zwei Artikeln, die sich direkt mit Alexander beschäftigten, für nötig hielt.
Gone Home bekam für seine überaus enthusiastische Aufnahme durch die Presse, die im Verdacht stand von vorgefassten Urteilen geprägt zu sein, starken Gegenwind. Einige der Journalisten, die das Spiel anpriesen, wurden durch aufgedeckte Interessenkonflikte belastet – wie Kirk Hamilton von Kotaku, der mit einer Sprecherin des Spiels befreundet war, Leigh Alexander, die mit großen Teilen des Entwicklungsteams freundschaftliche Beziehungen pflegte, oder die freie Autorin Cara Ellison.
Redshirt
Der Facebook-im-Weltall-Simulator Redshirt erhielt ebenfalls ziemlich polarisierende Reviews. Der Metacritic-Durchschnitt liegt bei 62, obwohl das Spiel auf gewissen Websites sehr positiv besprochen wurde.
In zwei Artikeln auf PC Gamer und Rock, Paper, Shotgun äußerte sich Cara Ellison voll des Lobes über Redshirt, während sie sowohl mit der Entwicklerin des Spiels, Mitu Khandaker-Kokoris befreundet war, als auch von dieser über Patreon finanziell unterstützt wurde. Genauso verhält es sich mit Kirk Hamilton, einem Freund von Khandaker-Kokoris, der für Kotaku schreibt.
Alec Meer von Rock, Paper, Shotgun schrieb ebenfalls über das Spiel Redshirt, ohne zu erwähnen, das er und Khandaker-Kokoris zumindest so gut befreundet waren, dass sie zu verschiedenen Gelegenheiten Zeit miteinander verbracht hatten, zum Beispiel bei einem gemeinsamen Konzertbesuch oder einer Grillparty, zu der Meer Khandaker-Kokoris eingeladen hatte.
Riendau und Hernandez schrieben auch extrem positiv über das Spiel, eine direkte Verbindung konnte hier nicht nachgewiesen werden, allerdings besteht ein starker indirekter Bezug über Leigh Alexander, die sich über das Spiel begeistert äußerte und seit mindestens 2009 mit Khandaker-Kokoris befreundet war.
Ellison hat zu diesem Vorwurf genauso wenig Stellung bezogen wie zu den Interessenkonflikten im Zusammenhang mit Anna Anthropy, Christine Love (wie Hernandez), Nina Freeman (wie Grayson) oder dem Text-Adventure-Entwickler Porpentine (ebenfalls wie Grayson). Kokoris jedoch hat sich zu den Vorwürfen geäußert, allerdings kommentierte sie nur die Verbindung zu Ellison, die von ihr nur kleine Beträge für den von ihr bereitgestellten Content erhalten habe, vergisst aber, die persönliche Verbindung zu erklären, ebenso wie die Verbindungen zu Hamilton, Meer oder Kris Ligman. Ligman hatte positiv über Khandaker-Kokoris berichtet, nur vier Tage nachdem diese begonnen hatte, die Autorin auf Patreon finanziell zu unterstützen, außerdem war sie Jurorin bei den Indiecade Awards, bei denen Redshirt unter den Finalisten war. Und dies ist bei Weitem nicht der einzige finanzielle Interessenkonflikt, in den Ligmans Website Critical Distance verwickelt ist.
Schmiermittel
Die 2013 gestartete Crowdfunding-Website Patreon ermöglicht es Benutzern feste Beträge an Kreative zu spenden – entweder monatlich oder pro „Werk“. Neben YouTubern und Künstlern nutzen auch Spieleentwickler und Journalisten die Plattform, um an Kapital für ihre Unternehmungen zu kommen, was häufig dazu geführt hat, dass Journlisten und die Subjekte ihrer Berichterstattung untereinander Geld austauschen.
Critical Distance ist ein Nachrichtenaggregator, der unter der Leitung von Kris Ligman ausgewählte Artikel und Videos aus dem Web in aufbereiteter Form zusammenfasst. Diese Zusammenfassungen erscheinen auf anderen Webseiten, vor allem auf Gamasutra. Auch wenn die – ohne Werbung auskommende, rein über Patreon finanzierte – Website angab, dass die Unterstützung durch eine Person dieser keine bevorzugte Behandlung bedinge, verlinkte sie doch in vielen Fällen zu Artikeln, die Personen behandeln, welche Critical Distance unterstützt haben.
Christine Love kann in diesem Fall (wieder) als Beispiel dienen. Mindestens vier Mal wurde sie genannt, ohne ihre persönliche Verbindung, die 100 Dollar, die sie für Ligmans GoFundMe Kampagne gespendet hatte oder ihren Patreon-Support für Critical Distance zu erwähnen. Auch der niederländische Entwickler Vlambeer wird vier Mal erwähnt, während sie Critical Distance finanziell auf Patreon unterstützten, sie wurden auch mehrere Male in der Publikation Killscreen erwähnt, denen Vlambeer Miteigentümer Rami Ismail bei der Finanzierung einer Party geholfen hatte.
Vlambeer unterstützt auch ein Urgestein der Indie-Berichterstattung, Tim Wee, der am weblog Indie Games mitarbeitet. Dort erschienen während der Förderung auf Patreon zwei Artikel über die Niederländer. Diese zwei Artikel sind allerdings Wiederverwertungen von Matreial für die Schwesterseite Gamasutra, so das unklar ist, ob Wee daran beteiligt war. Die auf IndieGames erschienenen Artikel über Darkest Dungeons (unter anderen von seinem Unterstützer Tyler Sigman) und über Alexander Bruce (ein weiterer Backer, für dessen bekanntestes Werk, Antichamber, Robin Arnott – mal wieder – die Musik gemacht hat) tragen allerdings seinen Namen.
Bei Indie Games Arbeitet Wee mit Konstantionos Dimopoulos zusammen, der auch dabei erwischt wurde, wie er über einen seiner ehemaligen Förderer schrieb. Bei The Warp Door ist Chris Priestman sein Kollege, der drei mal erwischt wurde: Neben Only Slightly tritt auch Terry Cavanagh wieder als Förderer in Erscheinung, über den geschrieben wurde, so wie Agustin Cordes, den sich Priestman in Hinsicht auf Interessenkonflikte mit Richard Cobett teilt, dessen Berichterstattung über den Adventure-Entwickler Wadjet Eye ebenfalls im Verdacht steht, belastet zu sein.
Mangel an kritischer Distanz
Noch verwirrender als die finanziellen Interessenkonflikte zwischen Entwicklern und Journalisten sind jene der Journalisten untereinander, wobei Critical Distance, Kris Ligmans nur über Patreon finanzierte Website mit Fokus auf Journalismus, die sie für interessant hält, als eines der Drehkreuze ins Auge fällt. Bis zu diesem Punkt haben wir gelernt, das Critical Distance, zusätzlich zu den Interessenkonflikten mit Entwicklern, Autoren, welche die Website finanziell unterstützten, immer wieder und mit hoher Frequenz erwähnt hat. Unter den erwähnenswerten Namen findet sich einmal mehr Jenn Frank (über Frank schrieb auch CD-Autorin Lana Polansky, während sie diese gleichzeitig unterstützte) und Dan Golding, der, zusammen mit Leigh Alexander, den „Gamers are Dead“-Medienblitz anschob, an dem sich Ligman ebenso beteiligte, wie Brendan Keogh.
Keogh bedankte sich mit einer Erwähnung von Critical Distance, so wie er viele andere Journalisten durch „Plugging“ förderte, die in einer finanziellen oder persönlichen Beziehung zu ihm standen. Darunter finden sich – wieder – einige Namen, die in diesem Artikel bereits vorgekommen sind, wie seine Kollegen bei Press Select, Dan Golding und Jenn Frank oder auch Cara Ellison, die auch bei anderen ihrer Patreon-Unterstützer lobend Erwähnung fand: Chris Sullentrop, Tyler Colp, möglicherweise Patrick Klepek von Kotaku und dem Auslandskorrespondenten von Critical Distance, Joe Köller.
Köller teilt sich zwei weitere Interessenkonflikte mit Keogh, einmal die umstrittene Mattie Brice, die mit Keogh befreundet war und welche beide auf Patreon unterstützten, sowie den Critical Distance Autor Cameron Kunzelmann. Köller unterstützte ihn nur, während Keogh auch Geld von ihm erhielt. Kunzelmann dagegen wurde dabei ertappt wie er über Personen berichtete, während er selbst finanzielle Unterstützung von ihnen erhielt. Und auch hier taucht wieder ein vertrauter Name auf – Javy Gwaltney.
Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it, einer Seite, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die ethischen Verfehlungen im Spielejournalismus zu katalogisieren.
gamergateblog.de dankt @bonegolem und dem Team von deepfreeze.it für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung dieser Übersetzung.
Grafik: deepfreeze.it
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