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Für eine Handvoll Doritos

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it und wird hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.

Den ersten Teil, „Zuckerbrot und Peitsche“, können Sie hier lesen.

Der Stock

2008 äußerte sich Dan Hsu erneut über das Thema des Drucks durch die Publisher und bemerkte, die Firmen hätten ihre Taktik verfeinert und reagierten nun schon auf „nicht-100%-positive“ Tests, indem sie den betreffenden Veröffentlichungen weitere Berichterstattung verweigerten: „Das ist schon eine interessante Ausgangslage: Ihr lasst uns die Spiele nicht sehen und wir können nichts Schlechtes über sie schreiben“. Er warf den Entwicklern von Mortal Kombat sowie Ubisoft und Sonys Sportabteilung vor, EGM auf eine schwarze Liste gesetzt zu haben.

Sony war 2007 auch an einem anrüchigen Versuch beteiligt, die Reputation von Kotaku zu untergraben. Die Seite veröffentlichte einen Bericht über das kommende „Playstation Home“-Programm, obwohl Sony ihnen gedroht hatte, dass die Veröffentlichung das „professionelle Verhältnis“ zum japanischen Konzern „untergraben könnte“ und wurde als Konsequenz von der weiteren Berichterstattung weitgehend ausgeschlossen. Kotaku veröffentlichte postwendend den Brief mit der Drohung, auf eine schwarze Liste gesetzt zu werden und der darauf folgende öffentliche Druck führte noch am gleichen Tag, an dem der erste Artikel erschienen war, zu einer gütlichen Einigung mit Sony.

Im Jahr 2011 wurde nur mit der schwarzen Liste gedroht: Eine PR-Firma, die im Auftrag von 2K Games arbeitete, drohte öffentlich mehreren Veröffentlichungen mit der Beendigung jeglicher Zusammenarbeit, weil diese mit ihrer Kritik am äußerst schlecht aufgenommenen Spiel Duke Nukem Forever „eine Grenze überschritten hätten“ . Wieder einmal wurde zurückgerudert, nachdem die Erpressung an die Öffentlichkeit gelangt war – die Firma schob schnell eine Entschuldigung nach.

In seinem Artikel über den Skandal nannte Ben Kuchera, damals noch bei ArsTechnica, schwarze Listen eine ziemlich weit verbreitete Praxis, eine Ansicht, die er heute noch vertritt, während im selben Jahr der freie Autor Richard Stanton ein (später zurückgezogenes) Interview gab, in dem er angab, die Werbekunden würden „alles kontrollieren“ und sein Arbeitgeber, Future Publishing, tue alles um jeden ihrer Wünsche zu erfüllen.  Als Gamesblog.fr im Jahr 2012 vom Publisher Activision auf eine schwarze Liste gesetzt wurde – was bedeutete, dass sie geplante Anzeigen strichen, bereits ausgesprochene Einladungen zurückzogen und aufhörten, die Seite mit Testmustern zu beliefern – ging es wieder um die Weigerung, eine Story zurückzuhalten, in diesem Fall über den Nachfolger von Call of Duty: Black Ops.

Aber das war keinesfalls der bekanntest Gaming-Skandal im Jahr 2012.

DoritosGate

Das beliebteste Symbolbild für den DoritosGate Skandal zeigt den Spielejournalist Geoff Keighley mit leerem Blick, umgeben von Doritos, Mountain Dew und Werbepostern.

Geoff Keighley mit seinen liebsten "Nahrungsmitteln" / Foto: deepfreeze.it

Geoff Keighley mit seinen liebsten „Nahrungsmitteln“ / Foto: deepfreeze.it

Ursprünglich stammt es aus einem Kommentar des Eurogamer-Kolumnisten Rab Florence, in dem es um den Mangel an ethischen Standards in der Spielepresse und deren allzu freundlichen Umgang mit den PR-Leuten der Branche ging.

In Florence‘ Artikel ging es hauptsächlich um die Games Media Awards, ein britisches Event, auf dem Preise von PR-Repräsentanten an Spielejournalisten vergeben werden. Während der Preisverleihung im Jahr 2012 gab es ein Gewinnspiel, bei dem Journalisten, die ein bestimmtes Spiel auf Twitter anpriesen, eine PS3 gewinnen konnten. Florence zitierte in seinem Artikel einige Spielejournalisten, welche die Verlosung gegen Vorwürfe der Bestechung in Schutz genommen hatten.  Er gab ihnen zwar nicht die Schuld an den Vorgängen, merkte aber an, dass diese Journalisten ihre eigene Glaubwürdigkeit untergraben hätten.

Die GMAs sollte es gar nicht geben. Im besten Falle sollte dieser Raum voller Leute sein, die sich in der Gegenwart der Anderen unwohl fühlen. Die PR-Leute sollten sich die Spiele-Journos anschauen und denken: „Diese Person macht meinen Job zu einer echten Herausforderung“. Warum sind sie alle dicke Freunde? Was zum Teufel ist hier los?

Rab Florence, Eurogamer.

 

 Lauren Wainwright, eine von Florence zitierte Journalistin, drohte daraufhin mit rechtlichen Schritten. Als Reaktion zensierte Eurogamer einen Teil von Florence‘ Artikel, was zu dessen Kündigung und einer heftigen Reaktion des Internets gegen Wainwright führte.

Wainwright, ein enthusiastischer Fan der Tomb Raider Spiele, wurde dabei ertappt das sie in ihrem Lebenslauf Hinweise auf eine Tätigkeit für Square Enix, den Publisher der Serie, verschleiert und über deren Spiele Testberichte geschrieben hatte. Dies hatte sie vorher stets bestritten. Sie hat inzwischen eingeräumt, die Drohung mit einem Gerichtsverfahren sei ein Fehler  gewesen.

Der Artikel von Rab Florence war der Funke, an dem sich eine riesige Diskussion entzündete, schon bevor die Zensur dem Fall zu noch mehr Aufmerksamkeit und Artikeln auf diversen Webseiten verhalf.

Nach seiner Meinung zur Berichterstattung über das Thema befragt, nannte Kotaku-Chefredakteur Stephen Totilo die ganze Affäre „unwichtig“ und den selben alten „müden Nonsens“. Nachdem er für seine Äußerungen scharf kritisiert wurde, entschuldigte er sich und schrieb einen Artikel über den schon oft gegenüber der Presse erhobenen Vorwurf, man „habe es sich mit der Spieleindustrie zu behaglich gemacht“. Darin gibt er zu, dass die Gepflogenheiten für Außenstehende so aussehen könnten als bewegten sie sich „an der Grenze zur Bestechung“.

Er kam zu dem Fazit, das „die Kritik an der Spielepresse so verbreitet sei, dass sie praktisch nur ein Hintergrundrauschen darstelle“ und das begründete Beschwerden „in einem Meer von Fehlinterpretationen“ untergingen. Er vertraue darauf, dass es neben den als Artikel getarnten Presseerklärungen auch eine Menge guter Berichterstattung gebe und sei voller Hoffnung, dass es in Zukunft noch mehr davon geben werde.

Der Ritt geht weiter

Der „gute Journalismus“ auf den Totilo gehofft hat, schafft es leider selbst nicht so oft in die Schlagzeilen, deswegen ist es schwer zu klären, ob sich nach DoritosGate etwas zum Besseren gewendet hat – auf der anderen Seite haben die Skandale seitdem nicht aufgehört.

Der Druck auf Journalisten ist weiterhin ein Problem, wie im Fall von Ubisoft, die jedem Journalisten, der die exklusive Vorschau ihres Spiels Watch Dogs im April 2014 besuchte, ein Nexus7-Tablet schenkten. Während der Spielejournalismus dabei ist, seinen Einfluss an YouTuber und „professionelle Konsumenten“ zu verlieren, richten die PR-Agenturen ihre Strategien entsprechend aus. Im Oktober 2014 bot eine PR-Firma im Auftrag von Warner Bros verschiedenen YouTubern an, bezahlte Videos über Shadow of Mordor zu machen – sie bekämen Vorab-Kopien des Spiels und eine finanzielle Zuwendung, müssten sich aber im Gegenzug dafür in einem Vertrag dazu verpflichten, das Spiel nur positiv zu besprechen und die Videos vorab der PR-Agentur zur Prüfung vorzulegen. Zur Veröffentlichung von Metal Gear Solid 5 im August 2015 fand wieder das gleiche luxuriöse „Bootcamp“ statt, das es schon zum Vorgänger gegeben hatte.

Auch die Angelegenheit mit der Werbung taucht immer wieder auf, oft begleitet ein wahrer Teppich aus Anzeigen die positive Besprechung eines Spiels. Im Fall von Mass Effect 3 führte das sogar dazu, dass ein Kritiker zum Angriff auf sein Publikum überging, weil es mit seiner Lobeshymne auf das Spiel nicht einverstanden war. Daraus resultierten Angriffe auf Gamer und ihre angebliche „Anspruchshaltung“ gegenüber der Industrie, die man auch als Versuche werten kann,  Werbekunden und Publishern  zu Diensten zu sein.

Zwei Jahre nach DoritosGate kamen Fälle von Interessenkonflikten ans Licht, die sich mehr um persönliche und finanzielle Verbindungen drehten als um Werbung und die Kritik an der Spielepresse erreichte so viele Menschen wie nie zuvor – durch eine andauernde Konsumentenrevolte, deren Unterstützer  sich um den Hashtag #GamerGate gesammelt haben.


Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it, einer Seite, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die ethischen Verfehlungen im Spielejournalismus zu katalogisieren.

gamergateblog.de dankt @bonegolem und dem Team von deepfreeze.it für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung dieser Übersetzung.

Grafik: deepfreeze.it

 

Zuckerbrot und Peitsche

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Spielepublikationen waren schon immer  werbefinanzierte Unternehmen – eine Finanzierungsform, die seit dem Übergang zum Onlinejournalismus zur einzigen nennenswerten Quelle für Einnahmen geworden ist. Durch die geringen Profitmargen und die Tatsache, dass der Großteil der Anzeigen von den Spiele-Publishern kommt, findet sich der Spielejournalismus in einer schwierigen Position wieder, in der die Interessen ihrer Werbekunden oft gegen die Interessen ihrer Leser stehen.

Das Werbebudget ist ein Druckmittel, das schon viele Publisher eingesetzt haben, um Spielejournalisten unter Druck zu setzen. Schon 1995 hat das Magazin Amiga Power das Problem angesprochen und festgestellt, das Spielkritiker durch PR-Mitarbeiter, die sie mit Geschenken beeinflussten, freundlich gestimmt würden und versuchten, Konflikte mit den Publishern zu vermeiden.

2005 stellte Dan Hsu, damals Chefredakteur von EGM, fest, dass ein nicht namentlich genanntes Konkurrenzunternehmen seine Titelseite im Tausch für Anzeigen regelrecht verkaufte. Er fügte hinzu, dass auch Veröffentlichungen seines Unternehmen von Publishern unter Druck gesetzt worden seien, das Spiel mitzuspielen – oder ihre Anzeigen zu verlieren.

Im Verlauf der Jahre kamen viele Versuche der Publisher ans Tageslicht, Journalisten milde zu stimmen, einzuschüchtern oder unter Druck zu setzen. Es entsteht der Eindruck, es gebe ein andauerndes Ringen hinter den Kulissen, bei dem Journalisten entweder von Publishern beeinflusst werden oder sich mit aller Kraft dagegen wehren müssen, um unabhängig zu bleiben.

Meine Industrie geht mir auf den Sack.

Die Auswahl der Cover-Motive bei einem unserer Mitbewerber kam mir irgendwie verdächtig vor, also habe ich einen Kontakt bei einem großen Spiele-Publisher danach gefragt. „Ja,“ sagte er, „wir kriegen vom betreffenden Magazin jedes Titelmotiv, das wir haben wollen. Wir müssen nur ein Gespräch mit dem Herausgeber führen, ein paar Anzeigen versprechen und anschließend klären wir noch die Details“. Also… kann man bei diesem Magazin eine Titelstory kaufen. Großartig.

Kürzlich hat sich ein PR-Mitarbeiter einer anderen Spielefirma darüber beschwert, dass über seine Firma auf einer gewissen, sehr wichtigen Website nicht berichtet wird, weil sie keine Anzeigen auf dieser Seite schalten. Damit ihre Spiele besprochen würden, müssten sie anfangen Geld auf der Seite auszugeben. Mehr Berichterstattung gegen Geld. Wundervoll.

Leider muss ich mir sowas nicht ausdenken.

Dan Hsu, 1UP.com

 

Die Wertung

Die Diskussion über den Druck, den Publisher auf Journalisten ausüben, beginnt im Normalfall bei den Wertungen – und die stehen seit den Anfängen der Nischenpresse unter Verdacht, nicht zuletzt wegen zahlreicher Skandale. Seit das Internet ihr Publikum vergrößert hat, wird den Redakteuren noch genauer auf die Finger geschaut.

Um die Wertungen geht es auch in den ältesten großen Skandalen der Spielegeschichte – wie den Vorgängen rund um Driver 3, ein Spiel das von den meisten ziemlich schlecht bewertet wurde, von einigen Veröffentlichungen von Future Publishing aber fast perfekte 9.0 Wertungen bekam. Sie verzichteten darauf, die vielen Bugs des Spiels anzusprechen und mussten hinterher zugeben, von Atari bevorzugt behandelt worden zu sein. Oder Donkey Konga von 2005, bei dem die Redaktion von Gamespy den Testbericht ohne Zustimmung des Autors änderte und eine schlechte 1.5/5 Wertung in eine deutlich bessere 3/5 änderten. Der wahrscheinlich bekannteste Skandal in der Spielebranche begann auch mit einem Testbericht: 2007 feuerte Gamespot seinen Chefredakteur Jeff Gerstmann,  nachdem dieser dem Spiel Kane & Lynch: Dead Men von Eidos in seinem Test eine niedrige Wertung gegeben hatte. Zur gleichen Zeit wurde das Spiel auf der Seite massiv beworben, was zu wilden Spekulationen über Druck durch den Publisher führte, die Gerstmann und Gamespot schließlich bestätigten, nachdem ihre vertraglich vereinbarte Schweigepflicht ausgelaufen war.

Mit regelmäßigen Skandalen wie diesen und manchmal unfreiwillig lächerlichen, auffälligen Unterschieden zwischen den Wertungen der journalistischen Kritiker und den Bewertungen der Fans ist die Presse jedesmal im Verdacht, bestechlich zu sein, wenn ein positiver Testbericht von einer massiven Anzeigenkampagne begleitet wird oder die Bewertung des Kritikers für ein Spiel eines Anzeigenkunden von der vorherrschenden Meinung abweicht und allzu freundlich ausfällt – oder ganz einfach Teile des Publikums beleidigt werden. Auch wenn die reine Masse solcher Vorfälle es wahrscheinlich macht, das einige dieser Vorkommnisse durchaus von den Werbekunden initiiert wurden, ist es ohne klare Beweise nicht möglich, berechtigte Anschuldigungen von Fehlalarmen zu unterscheiden.

Die Möhre

Mit den Testmustern der Publisher kommen regelmäßig zusätzliche Materialien, vom Werbegeschenk bis zu etwas extravaganteren Gegenständen. Im Presse-Kit von Halo 3 (2007) gab es zum Besipiel (unter anderem)  eine neue XBox 360 mit zwei Controllern und den Helm des Protagonisten als Dekorationsgegenstand. Auch 2001 bewies Microsoft erneut Großzügigkeit, als jeder teilnehmende Journalist auf der E3 Presse-Show des Konzerns eine kostenlose XBox 360 bekam.

Ich bin ein AAA-Producer […] es besteht also die Chance, das ich deinen Flug buche, und dein Zimmer, deine Getränke an der Bar, deine Besuche im Spa zahle und dein Zimmer vollstopfe mit HD-TVs, Alienware Rechnern und Razr-Keyboards mit Scheiß Neon-Unterboden-Beleuchtung. Nichts davon hat mit dem Spiel zu tun. Wir zahlen euch Schmiergeld und dafür erwarten wir nicht nur, das ihr Partei ergreift, wir setzen alles darauf. Und dann nehmen wir uns heraus, eure Unabhängigkeit einzufordern, wenn ihr schlecht über uns schreibt.

Alex Lifschitz, AAA-Producer Praktikant in der Produktionskoordination bei Activision 2009

Solche Geschenke scheinen eine weit verbreitete Gewohnheit zu sein. Ars Technica hat einige dieser Zuwendungen dokumentiert, unter den Highlights waren die Replik eines Schwertes aus einem Spiel oder eine Holzkiste voller Stofftiere, ein Scheck über 200 Dollar oder ein Schwerelosigkeits-Flug in einem Spezialflugzeug im Wert von etwa 5000 Dollar. Stepen Totilo von Kotaku kam 2012 auf das Thema zurück und merkte an, er müsse regelmäßig Geschenke von Publishern ablehnen oder weiter verschenken, unter anderem ein Mini-Surround-System, ein Schach-Set und eine Reise nach Disneyland. Totilo führte weiter aus, es sei schwierig, diese Geschenke auf ethisch korrekte Art und Weise los zu werden. Trotz der Bemühungen vieler Websites und Magazine finden Presse-Geschenke manchmal den Weg zu ebay, wo sie von ehemaligen Spielejournalisten angeboten werden. Gerne werden den Journalisten auch Reisen angeboten – 2010 gab es für die Tester von Call of Duty: Black Ops eine durchaus luxuriöse Unterbringung, und schon 2008 hatte Konami anlässlich der Veröffentlichung von Metal Gear Solid 4 Journalisten zu einem „Boot Camp“ nach Japan eingeladen.

 Zwei Wochen vor der Veröffentlichung des Spiels wurde ich von San Francisco nach LAX (Los Angeles) geflogen, von dort ging es mit dem Auto zum Flughafen von Santa Monica, wo ich einen Fliegerhelm mit meinem Gamertag überreicht bekam.

Dann setzte man mich in einen Helikopter um mich nach Ojai, Kalifornien zu fliegen, ein kleines Städtchen, etwa zwei Stunden von LA entfernt. Nach der Landung auf einem Feld wurde ich ins Ojai Valley Inn and Spa gefahren, wo ich drei Tage lang in einer schicken Suite wohnte. In der Suite gab es eine 360, eine Kopie des Spiels und einen schönen 3D-Fernseher, der an einem Surround-System hing. Es gab auch einen Bereich mit 30 Stationen, an denen die Tester sich den Multiplayer-Teil des Spiels ansehen konnten.

Ich bekam außerdem ein Headset von Madcatz im Call of Duty: Black Ops Design. Am Ende der Reise durfte ich den Pilotenhelm und das Headset behalten, alle Ausgaben für Flug, Unterbringung und Verpflegung hat Activision gezahlt.

Tae Kim, GamePro

Die Diskussionen über den Druck, dem Journalisten ausgesetzt sind kommen oft zu dem Schluss, es gebe zumindest keine offene Bestechung – wobei es korrekter wäre zu sagen, dass es diese nicht regelmäßig zu geben scheint. 2012 wurde das Indie Game Magazin dabei erwischt, dass die Redaktion 50 Dollar für einen Test verlangte – eine Praxis die möglicherweise eine Menge Inhalte beeinflusst hat und die nach der Aufdeckung zügig fallen gelassen wurde. Der für diese Entscheidung verantwortliche Mitarbeiter, Chris Newton schireb, er habe diese getroffen, weil bezahlte Testberichte innerhalb der Branche ein weit verbreitete Vorgehensweise seien, und offensichtlich meinte er das ernst, da mehrere kleinere Seiten sich offiziell dieser Praktiken bedienen. 2013 eröffnete die Crowdfunding-Plattform Patreon und wurde bald zu einer weiteren Quelle für finanzielle Interessenkonflikte.

Die Sporen

Zur gleichen Zeit, als Konami das „Boot Camp“ anbot, bat die Firma darum, die lange Installationsdauer und die vielen Cutscenes in den Tests zu Metal Gear Solid 4 nicht zu erwähnen – dazu muss man wissen, das die Gesamtlänge der Zwischensequenzen über acht Stunden beträgt, dass MGS 4 anscheinend zeitweise den Guiness-Weltrekord für die längste Cutscene gehalten hat und das die Installationszeiten sehr lang waren und zwischen den einzelnen Kapiteln immer wieder neu installiert werden musste. Stephen Totilo von Kotaku hat dieses Embargo Jahre später bestätigt, als er behauptete, seine Weigerung, dieser Vorgabe zu entsprechen, habe ihn ein Interview mit dem Erfinder der Reihe gekostet.

Im gleichen Jahr kam es zu einer ähnlichen Situation, die das Eidos-Spiel Tomb Raider Underworld betraf. Eine PR-Firma, die Eidos repräsentierte, bat Webseiten und Magazine die schlechten Tests erst ein paar Tage nach dem Erscheinen des Spiels zu veröffentlichen – und das, nachdem Eidos erst im Jahr davor in den oben erwähnten Gamespot-Skandal verwickelt gewesen war, den eine mittelmäßige Bewertung von Kane and Lynch: Dead Men  ins Rollen gebracht hatte.

Unbeeindruckt davon, das die Journalisten Eidos öffentlich gerügt hatten, wurde EA Norway 2011 dabei erwischt, wie sie Fragebögen an potentielle Tester von Battlefield 3 verschickten, deren Fragen so gestellt waren, dass man anhand der Antworten beurteilen konnte, ob der Betreffende dem Spiel eher eine hohe oder eine niedrige Wertung geben würde. Es folgte eine heftige Reaktion und EA gab an, die Versendung der Fragebögen sein ein Fall von „menschlichem Versagen“ gewesen.


 

Den zweiten und letzten Teil dieses Artikels, „Für eine Handvoll Doritos“, können Sie hier lesen.

Das Zitat von Alex Lifschitz hat gamergateblog.de zusätzlich eingefügt, da es die Industrie-Seite der Diskussion beleuchtet.

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gamergateblog.de dankt @bonegolem und dem Team von deepfreeze.it für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung dieser Übersetzung.

Grafik: deepfreeze.it

 

 

Mainstream Media Blitz

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Den ersten Teil, „Monster“, können Sie hier lesen.

Fehlende Recherche

Trotz der schwerwiegenden Anschuldigungen die sie oft enthalten, zeigen die journalistischen Erzeugnisse zum Thema #GamerGate oft einen erschreckenden Mangel an Fakten. Newsweek war die einzige größere Publikation, die sich die Mühe gemacht hat zu recherchieren. Sie analysierten  eine große Anzahl von Tweets und entschieden, das Spieler Frauen belästigten, weil der Hashtag öfter an beteiligte Frauen als an beteiligte Männer getweetet wurde.

Die Studie gibt keine Auskunft über ihre Methoden und macht so das Nachvollziehen unmöglich und lässt die Tatsache außer acht, dass alle als betroffen genannten Frauen #GamerGate regelmäßig angegriffen haben, während sich die  genannten Männer eher ruhig verhalten haben. Selbst wenn man diese Umstände ignoriert und nur mit den von Newsweek handverlesenen Daten arbeitet, können die Ergebnisse komplett entkräftet werden: Die Daten zeigen, dass die an die untersuchten Personen gerichteten Tweets nur einen verschwindend geringen Anteil am Hashtag bildeten und das 95% der untersuchten Tweets neutral oder positiv waren, wobei Frauen relativ gesehen mehr positive und weniger negative Tweets als der Durchschnitt erhielten.

Eine ernsthaftere Inhaltsanalyse von 5000 Twetes innerhalb von 50 Tagen  zeigten das Nachrichten mit Bedrohungen oder Beleidigungen von Gamern nur einen sehr kleinen Prozentsatz ausmachten und das die Opposition mit einem Verhältnis von eins zu drei deutlich mehr solche Tweets versandte, eine Tatsache die um so verwunderlicher ist, wenn man die Vermutung bedenkt, das die lautstarken Vertreter der #GamerGate-Gegner eine zahlenmäßig deutlich kleinere Gruppe darstellen und den Hashtag nur sehr vorsichtig verwenden.

Der Statistiker Chris von Csefalvay führte eine Netzwerk-Analyse der #GamerGate-Community durch und kam zu dem Ergebnis, dass es sich um eine „relativ egalitäre“ Gruppe handele,in der auffällig viele Sub-Communities vorhanden seien. In von Csefalvays Worten sei dies „ein klarer Widerspruch zu dem oft wiederholten Meme, #GamerGate sei weitgehend homogen was ethnische Herkunft, sozialen Stand und Hautfarbe angehe“. Seine Ergebnisse sind außerdem „nicht kompatibel mit der Beschreibung von #GamerGate als Hassgruppe“ und „der Behauptung, #GamerGate belästige regelmäßig bestimmte Personen“, da die Aktivisten nicht über eine zentrale Führung verfügten und sich eher auf externe Ziele konzentrierten. Er fügte jedoch hinzu, das eine definitive Beurteilung der Situation mit einer solchen Analyse nicht möglich sei.

Von Csefalvay löschte zeitweise seinen Twitter-Account, als er von der bekannten Anti-#GamerGate Aktivistin Randi Harper, der Autorin des GG-Autoblockers, zum Ziel von Drohungen und Beleidigungen gemacht wurde – ein Schicksal, das auch cainejw teilt, der den Newsweek Artikel widerlegt hatte. Sein Twitter ist bis heute deaktiviert.

Wo wir gerade vom Autoblocker sprachen: Eine Studie von Women Action Media! aus dem Mai 2015 zeigte, dass nur 0,66% der von dem Programm geblockten Accounts an Drohungen und Beleidigungen beteiligt waren – trotz der genauen Beobachtung des Hashtags und seiner Unterstützer.

Mainstream Media Blitz

Der Fokus der Medien auf das Narrativ von den belästigten Frauen hat dafür gesorgt, das diverse opportunistische Parteien zahlreiche „False Flag“ Aktionen durchführten, was einen Dialog weiter erschwerte.  Als die Gamer ihren Protest nach zwei – so noch nicht dagewesenen – Monaten noch immer fortsetzten, mischten sich die Mainstream-Medien ein. Sowohl Presse als auch Fernsehen erweiterten das Harassment-Narrativ, wobei sie sich auf Brianna Wu konzentrierten, eine umstrittene Entwicklerin von Nischenspielen für iOS.

Die nicht an #GamerGate beteiligte Wu brachte sich selbst ins Spiel, indem sie #GamerGate-Aktivisten übel beschimpfte, zum Teil mit Hilfe eines Sockenpuppen-Accounts, dessen Benutzung sie später einräumte. Als ihre persönlichen Daten (die anscheinend aus dem öffentlich sichtbaren Whois ihrer Website kamen) von einem anonymen Poster auf einem #GamerGate-Board veröffentlicht wurden, wurde der Poster sofort einer „False Flag“ verdächtigt und der Post wurde von anderen Usern so schnell wie möglich gelöscht. Außerdem wurde die Polizei über das Doxxing informiert. Nur Minuten danach erhielt Wu eine Serie fieser Tweets von einem kurz vorher angelegten Account und beschuldigte sofort die Aktivisten, obwohl es für eine Verbindung zu #GamerGate keinerlei Indizien gab. Durch diesen Vorfall bekam Brianna Wu als „Opfer von #GamerGate“ jede Menge Medienöffentlichkeit und finanzielle Unterstützung.

Anstatt sich auf die sieben Tweets, die sie erhalten hatte, zu konzentrieren, stellte die Presse Wu’s angebliche Flucht aus ihrem Haus auf Grund der Drohungen in den Mittelpunkt. Eine Analyse der Videointerviews, die sie in den Tagen nach dem Vorfall gab, zeigte, dass Wu alle Videointerviews von ihrem Zuhause aus führte, aus dem sie angeblich geflohen war. Andere Behauptungen, sie sei belästigt worden, wurden auch verdächtigt „False Flags“ zu sein, da der zeitliche Ablauf und andere merkwürdige Umstände sie fragwürdig erscheinen ließen. Der erfolgreichen Greenlight-Kampagne für ihr Spiel auf Steam scheint durch Bots nachgeholfen worden zu sein und sie gab Wu allem Anschein nach die Gelegenheit, Köder für noch mehr Hass-Kommentare auszulegen.

Bis heute wurde kein #GamerGate-Unterstützer einer Beteiligung an ernsthaften Drohungen oder Beleidigungen  überführt, ganz im Gegensatz zu Personen, die sich als Teil der Opposition sehen. Die Presse weiß, wie wir aus Leaks erfuhren, sehr genau, wie bösartig ihre Berichterstattung ist – ein Beispiel war der Entwickler Christian Allen, dem ein Interview zu #GamerGate verwehrt wurde, weil der Reporter, nach eigenen Angaben, Personen suchte, welche „Beleidigungen und Drohungen gutheißen und unterstützen“. Er gab außerdem an, er wisse, dass es „ziemlich schwierig“ sei, solche Leute zu finden. Zumindest auf kurze Sicht scheint sich solche Skandalberichterstattung auszuzahlen: Das im Januar veröffentlichte #GamerGate-Video von ABC brachte es auf YouTube zu über 400.000 Aufrufen, allerdings bekam es auch umwerfende 97% negative Bewertungen und hatte eine große Menge an gelöschten Kommentaren zu verzeichnen.

Die Verdienste von #GamerGate

Durch die entmenschlichte Darstellung in den Medien zu akzeptablen Zielen gemacht, durch die Verwehrung von Anonymität zu einfachen Opfern geworden und mit der schier unmöglichen Aufgabe ausgestattet, die Nicht-Beteiligung an anonymer Belästigung zu beweisen, haben die Aktivisten in #GamerGate über 150.000 Dollar für wohltätige Zwecke gespendet, um ihre guten Absichten zu unterstreichen.  Die Spenden an die Fine Young Capitalists – eine feministische Initiative zut Förderung von Frauen in der Spieleentwicklung, deren Gewinne an die Krebsforschung gehen – führte zur Schaffung der heute ikonenhaften Figur Vivian James, die zum Symbol der Aktivisten wurde.

Die „#GamerGate Harassment Patrol“ war eine weitere positive Initiative der Aktivisten. Von dort wurden gemeldete Accounts massenhaft an den Twitter-Support weiter geleitet und die Effizienz der Initiative wurde sogar von den erbittertesten Gegnern des Hashtags anerkannt.

Die überwältigende Mehrheit der Medien hat nie über diese Spendenaktionen oder die Arbeit der „Harassment Patrol“ berichtet. Aktivistin Margaret Gel dazu: „Wenn man mich monatelang als Terrorist bezeichnet, während ich die Zeit damit verbracht habe, Leute online zu beschützen, muss ich mich schon wundern was da los ist. Es ist mir ein Rätsel“.

Der Mangel an Berichterstattung über dokumentierte Fälle von Belästigung gegen Frauen, Minderheiten, LGBT und jeden anderen, Einzelperson oder Konsument, der unter dem Hashtag #GamerGate auf die Korruption in den Medien aufmerksam machen will, macht die Spiele- und die Mainstream-Presse entweder zu Dilletanten oder zu Komplizen der Korruption.

William Usher, Journalist, #GamerGate-Unterstützer

 

Heute, im September 2015, ist die #GamerGate-Kontroverse über ein Jahr alt. In dieser Zeit wurde eine unglaubliche Menge an Interessenkonflikten und anderen Verfehlungen wie die GameJournoPros entdeckt. Die Amerikanische Handelsbehörde FTC hat ihre Richtlinien für Werbelinks überarbeitet und #GamerGate explizit als Grund für diese Änderungen genannt. Außerdem haben Aktivisten eine große Menge an Berichterstattung mit verdeckter Werbung aufgedeckt. Eine große Anzahl Spielewebsites haben ihre Ehtik-Richtlinien im Verlauf der Konsumentenrevolte überarbeitet, ein Indiz dafür das die Email-Kampagne „Disrespectful Nod“ (etwa: „verächtliches Zunicken“) extrem erfolgreich war. Alle direkten Werbepartner der Websites scheinen ihr Engagenment bei Seiten, die von #GamerGate-Aktivisten kritisiert wurden, eingestellt zu haben.

Seit dem Beginn der Kontroverse gab es auch unter den Journalisten und Personen des öffentlichen Lebens einige, die ihre Stellung verloren haben. Wenn man bedenkt wie viel Mühe sich die Spiele- Medien und ihre Freunde von der Mainstream-Presse bei der Darstellung von #GamerGate als Unmenschen gegeben haben, sind diese Ergebnisse umso eindrucksvoller.

„Wenn #GamerGate verliert, könnten Schmierenkampagnen wie in den letzten zwei Monaten der Normalzustand werden“, schlußfolgert Margaret Gel, „Stell dir eine Welt vor, in der Journalisten jeden einen Terroristen nennen können, ohne das man etwas dagegen tun könnte: Alle würden einfach blind den Journalisten folgen und glauben, was sie sagen. Das ist eine furcheinflößende Zukunftsvision“.

Eine Zukunft, die vielleicht nicht Wirklichkeit wird. In den Monaten seit dem Interview mit Gel hat #GamerGate  zahlreich und mit starkem Willen weitergemacht. Mit jedem Ergebnis, das die Konsumentenrevolte einfährt, entlarvt sie die Fehler ihrer Kritiker. Selbst die härtesten Gegner beginnen ihre Haltung zu verändern, weil das Narrativ vom Frauen hassenden Mob, der jeden beleidigt und bedroht, immer unhaltbarer wird.  #GamerGate hat schon jetzt große Veränderungen bewirkt und seine Auswirkungen werden vielleicht weit über die Spieleszene hinaus zu spüren sein – aber auf jeden Fall haben die Aktivisten dem Ruf der Jorunalisten, die verächtlich über die Revolte geschrieben haben, empfindlich beschädigt.

 


 

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Monster

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Der Spielejournalismus hat schon lange einen schlechten Ruf, schon vor zehn Jahren war die Korruption in diesem Bereich sprichwörtlich, obwohl einige der bekanntesten Skandale der Branche noch gar nicht stattgefunden hatten.

Im August 2014 hatten die Gamer genug und ihre angestaute Wut über eine korrupte, von Vetternwirtschaft und Agenda-Journalismus befeuerte Presse entlud sich explosionsartig. Der Zündfunke war ein Sex-Skandal, in den ein Journalist von Kotaku verwickelt war, als Brandbeschleuniger diente die Zensur der Diskussion über den Skandal und die Explosion verursachte die Presse, indem sie sich gegen ihre eigene Leserschaft wandte, anstatt sich der Diskussion über ihre Verfehlungen zu stellen.

Anstatt die Rufe nach Reformen ernst zu nehmen, starteten die Spielejournalisten eine koordinierte Offensive in welcher die Gamer übereinstimmend als frauenfeindliche Hetzer dargestellt wurden, deren wahre Motive in den Angriffen auf Frauen in der Spieleindustrie erkennbar seien – eine Behauptung, die später von den Mainstream-Medien aufgenommen und verbreitet wurde.

Die einseitige Darstellung der Drohungen und Beleidigungen im – im September 2015 – ein Jahr alten und weiterhin brodelnden #GamerGate-Skandal zeigen, dass diese Behauptung nichts weiter als eine schamlose Lüge ist.

 

Es gibt bei den großen Spiele-Websites nicht einen Autor mit auch nur soviel Glaubwürdigkeit wie der kleinste Filmkritiker bei einer Zeitung […]

Wenn Roger Ebert sagt, dass ein Film gut sei, dann denkt keiner – keiner – auch nur für eine Sekunde, seine Meinung könnte von dem Krabbencocktail, den es auf dem Empfang nach der Premiere gab, beeinflusst sein. Zeig mir nur einen Spielekritiker bei einer Mainstream-Publikation, der eine solche Glaubwürdigkeit besitzt.

Tealeaves Blog 2005 (zum Gamespy Skandal)

Vertretbare Ziele

Als Unterstützer von #GamerGate einen für Drohungen und Beleidigungen gegen Anita Sarkeesian berüchtigten Hetzer aufspürten, schrieb Jason Schreier von Kotaku dazu einen Artikel. Obwohl er darin die Bemühungen der Unterstützer anerkennend erwähnte, warf er ihnen gleichzeitig vor eine „Kultur der Angst“ zu erschaffen und spekulierte, die „Atmosphäre“ von #GamerGate sei für das Verhalten des Übeltäters verantwortlich.

„Ich „glaube“ (eigentlich) nicht, dass es so etwas wie eine falsche Vorgehensweise gibt – nur falsche ZIELE.“

„Moviebob“ Chipman, #GamerGate-Gegner

Nach Schreiers Logik sollten er und die Spielepresse für die krasse, gut dokumentierte und zahlreiche Hetze gegen eben diese Gamer verantwortlich gemacht werden – waren es doch ihre Artikel, welche die“ Atmosphäre“ für die Angriffe schufen.

In den Darstellungen der Medien findet sich keine Debatte, oft nicht einmal ein Erwähnung der Anliegen der Protestierenden, statt dessen liegt der Fokus ausschließlich auf den Beispielen für Beleidigungen und Drohungen. Da es keinen Versuch einer objektiven, unparteiischen Analyse gibt und die Beleidigungen und Drohungen gegen #GamerGate-Aktivisten ignoriert werden ist die momentane Berichterstattung der Medien über #GamerGate nicht viel mehr als eine Schmierenkampagne von Journalisten gegen Menschen, die es gewagt haben, sich über die Verlogenheit der Presse zu beschweren. „Jeden Tag erscheint ein Artikel, in dem steht, das #GamerGate voller unmenschlicher Monster ist“, fasst Gamer-Aktivistin Margaret Gel in einem Interview mit Breitbart zusammen, „Es gibt so viele Leute, die Morddrohungen erhalten und trotzdem behauptet die Presse weiter, sie seien die Terroristen“.

Mit ihrer Entmenschlichung der Gamer als frauenhassende, weiße Männer, deren innigster Wunsch es ist, Frauen aus der Spieleindustrie zu vertreiben, haben die Journalisten außerdem eine Atmosphäre geschaffen, in der die Hetze gegen #GamerGate-Aktivisten nicht nur aktiv gerechtfertigt, sondern auch noch vereinfacht wird. Weibliche Aktivisten und Angehörige von Minderheiten, die mit den Zerrbildern und der Entmenschlichung ihrer Persönlichkeiten durch die Medien nicht einverstanden waren, widerlegten dieses Bild, indem sie den Schutz der Anonymität verließen und ihre Identität unter dem Hashtag #NotYourShield offenlegten. Als Ergebnis kam es zu deutlich mehr Drohungen und Beleidigungen gegen die populärsten Frauen in #NotYourShield – darunter Julie M., Organisatorin der Matt-Taylor-Charity, die 23.000 Dollar für das Bildungsprogramm der UNAWE sammelte. Sie wurde drei Mal zu verschiedenen Zeitpunkten gedoxxt. Oder Liz Finnegan – die jetzt für den Escapist schreibt – die den Tag #SockPuppetConfessions (Bekenntnisse einer Sockenpuppe) ins Leben rief und wahrscheinlich eine der exponiertesten Beteiligten an #NotYourShield war: Nach einer sehr detaillierten und offenbar professionellen Offenlegung ihrer persönlichen Daten im Netz deaktivierte sie zeitweise ihre Präsenzen in den sozialen Medien und beteiligte sich fortan nicht mehr an der Diskussion zu #GamerGate.

Nichts von dem, was Anti-GamerGate macht sind Beleidigungen oder Drohungen. Wenn du GamerGate beleidigst, beleidigst du nur den Tag. Wenn du in einem Thread mit „die GamerGate Leute werden auch belästigt“ anfängst, lachen sie dich aus, veralbern dich oder grenzen dich aus, weil die Antis das nicht so sehen. Wenn ein Mitglied von GamerGate bedroht oder beleidigt wird, ist GamerGate selbst direkt verantwortlich. Derjenige bekommt nur die Konsequenzen für die Unterstützung einer Hassgruppe zu spüren. Er ist der Böse hier, das ist Gerechtigkeit. Ich habe Freunde, die das wirklich glauben und es widert immer noch an.

Früherer Anti-GamerGate Aktivist

Interview mit deepfreeze.it

QuinnGate

Nicht nur, dass die Medien die von #GamerGate aufgedeckten zahlreichen Fälle unangebrachten Verhaltens im Spielejournalismus ignorierten, in ihrem Fokus auf die koordinierte Darstellung eines einseitigen Hassgruppen-Narrativs offenbarten sowohl Spiele- als auch Mainstreammedien einen eklatanten Mangel an Recherche. Nicht einmal die von ihnen selbst konstruierte, einseitige Darstellung der Geschehnisse wurde einer Prüfung der Fakten unterzogen. Die überwältigende Masse der Berichte besteht einzig aus unredigierten, anekdotischen und oft ungeprüft wiedergegebenen Erlebnisberichten von umstrittenen Personen, die direkt davon profitieren, für Opfer von Drohungen und Belästigungen gehalten zu werden – Zoe Quinn ist hier ein gutes Beispiel.

Die oft als Indie-Entwicklerin bezeichnete Quinn hat außer einem mit wenig Aufwand produzierten Text Adventure namens „Depression Quest“, dem es an Feinschliff fehlte, nicht viel vorzuweisen. Ihre Bekanntheit verdankt sie eher der unverhältnismäßigen Aufmerksamkeit der Spielepresse, die sie trotz ihrer bescheidenen Leistungen von Journalisten wie ihrem finanziellen Unterstützer Ben Kuchera (Polygon) oder ihrer Freundin Patricia Hernandez (Kotaku) bekam.

Quinns Relevanz im Bezug auf #GamerGate folgt dem gleichen Muster – während ihre Rolle in der Auseinandersetzung minimal ist, wirkt das Ausmaß der Berichte über sie nach dem Ausbruch der Konsumentenrevolte im Vergleich dazu völlig unverhältnismäßig.

„Kann mir wirklich jemand eine Person nennen, die Frauen aus der Videospielkultur raus haben will? Ernsthaft, ich hab noch keinen mit dieser Meinung getroffen.“

Sargon of Akkad, YouTuber, Pro-#GamerGate

Schon bevor #GamerGate sie berühmt machte, war Quinn eine umstrittene Figur, schon damals behauptete sie, regelmäßig Beleidigungen und Drohungen zu erhalten – der Hauptgrund für Berichterstattung über sie. Der bekannteste Zwischenfall war die angebliche Belästigung, die sie aus einer anonymen Community von männlichen Jungfrauen, die unter schweren Depressionen leiden, erfahren haben wollte. Diese Behauptungen verschafften ihr Mitleid und die mediale Aufmerksamkeit, die ihr half den Veröffentlichungsprozess ihres Spiels auf Steam anzuschieben. Aber es gab auch Fragen nach dem Wahrheitsgehalt ihres Berichts, weil einige ihrer Ausführungen nicht zu vorliegenden Beweisen passen wollten. Ein ehemaliger Admin der Seite gab Monate später an, dass die Forenbeiträge, die Quinn als Quelle der Beleidigungen und Bedrohungen angab, von Quinn selbst oder forum-fremden Trollen stammten. Quinn-freundliche Beiträge waren von einem User mit der gleichen einzigartigen IP-Adresse gepostet worden, die auch für die Einträge verantwortlich war, die Quinn als Beweis für erlittenes Unrecht anführte.

Im August 2014 veröffentlichte Quinns Ex-Freund einen Blog über seine Beziehung zu ihr und beschrieb darin, wie er unter ihren ständigen Lügen, ihrem Mißbrauchsverhalten und ihren zahlreichen sexuellen Eskapaden gelitten hatte. Für alle Behauptungen hatte er zahlreiche und unwiderlegbare Beweise. Weil einige der Leute, mit denen Quinn fremd gegangen war Personen aus den Spielemedien waren, die ihrer Karriere behilflich gewesen waren, erregte der Blog viel Aufsehen. Im Mittelpunkt stand Nathan Grayson, ein Journalist bei Kotaku, der extrem positiv über sie berichtet hatte.

GamerGate und die Presse

Während Grayson und die anderen in den Skandal verwickelten Personen sich relativ ruhig verhielten, behauptete Quinn sofort, wegen der Verbreitung des Blogs Belästigungen ausgesetzt zu sein – sie gab an, ihre Daten seien veröffentlicht und ihr Tumblr gehackt worden. Die in dem Doxx veröffentlichten Daten erschienen wenig glaubwürdig, deuteten sie doch auf einen Festnetzanschluss auf Hawaii und einen Motorradhändler hin. Spätere Überprüfungen ergaben jedoch Anhaltspunkte für die eventuelle Echtheit der Daten. Die feindliche Übernahme von Quinns Tumblr scheint jedoch nie stattgefunden zu haben. Zwar wurden ihre persönlichen Informationen und die Update-per-Mail-Adresse ihres Blogs in einem Post veröffentlicht, es gibt aber keine Anhaltspunkte, dass Quinn zu irgendeinem Zeitpunkt nicht die Kontrolle über ihren Tumblr hatte.

In den Berichten der Presse waren die Protestierenden ein ungezogener Mob, der Quinn belästigte, jede ihrer Behauptungen wurde gebetsmühlenartig als Tatsache wiederholt. Und wieder kamen diese Berichte unter anderem von Journalisten mit freundschaftlichen oder finanziellen Verbindungen zu Quinn. Diskussionen über den Skandal wurden in den meisten GamingForen verboten, nach Aussage der Betreiber zum Schutz Quinns vor Belästigungen. Webseiten und Videos, die sich mit dem wirklichen Skandal beschäftigten wurden  mit allen Mitteln zum Schweigen gebracht, darunter haltlose Urheberrechtsbeschwerden, Denial-of-Service Angriffe und sogar Versuche die Hoster der Seiten unter Druck zu setzen. Personen, die sich öffentlich dazu äußerten wurden persönlich angegriffen, belästigt oder gedoxxt.

Der Skandal selbst wurde in der Mainstream-Presse so gut wie nicht behandelt, statt dessen wurden nicht im Zusammenhang mit der Revolte stehende und oft angezweifelte Drohungen und Beleidigungen präsentiert, es wurde behauptet, Quinns Ex-Freund habe gelogen oder angegeben, die Vorwürfe hätten sich als unwahr herausgestellt. Als Beweis dafür wurde eine Erklärung vom Kotaku-Chefredakteur, Stephen Totilo angeführt, der die Vorwürfe allerdings nie hatte entkräften können. Er hatte schlicht zu Protokoll gegeben, er sehe in der Affäre zwischen Grayson und Quinn keine Verfehlung, denn diese habe erst eine Woche nach dem Artikel über sie begonnen, außerdem habe Grayson ja eher einen Bericht geschrieben und kein Review. Totilo vergass auch, über die zu dieser Zeit bereits sehr deutlichen Hinweise darauf, das Quinn und Grayson schon länger Freunde waren, zu sprechen. Während die Proteste weiter gingen, gruben die Gamer immer neue Verfehlungen aus – zur Verdeutlichung: Im September 2015 sind auf Graysons deepfreeze.it-Seite zehn Interessenkonflikte gelistet, auf der Seite zur Vetternwirtschaft gibt es inzwischen 95 davon. Die Presse blieb bei ihrem ausschließlichen Fokus auf diese Episode und beendete Diskussionen mit der Begründung, diese ständen in direkter Beziehung zu Quinn und den angeblichen Drohungen und Beleidigungen gegen ihre Person.

Diese, als Zensur wahrgenommenen Vorgänge führten zu einer Eskalation der Proteste. Die Aktivisten begannen zu vermuten, das es geheime Absprachen geben musste, um eine berechtigte Diskussion über die Korruption in der Spielepresse zu zensieren. Wenige Wochen später erwies sich diese Theorie durch die Entdeckung der geheimen Mailingliste GameJournoPros als richtig. In dieser Gruppe war ein Großteil der Elite des Spielejournalismus organisiert, auch Grayson war Mitglied. Die Journalisten hatten auf Anregung des Gründers der Gruppe beschlossen, die Diskussion über den Skandal zu verbieten oder zu zensieren. Mitglieder, die zögerten, sich dieser Meinung anzuschließen wurden unter Druck gesetzt und bedroht.

In meinen anderthalb Jahren in der Gruppe war ich bei bestimmten Themen oft der einzige mit abweichenden Meinungen innerhalb der Gruppe, meist wurde ich einfach komplett ignoriert. Manchmal wurde ich kritisiert oder mir wurde gesagt, meine Beiträge gingen am Thema vorbei. Manchmal wurde ich auch gewarnt, das mein Verhalten, speziell das unnachgiebige Beharren auf meinem Standpunkt, ein „feindliches Umfeld“ für spezielle Leute schaffe. Ein paar mal haben sie gedroht, mich aus der Gruppe zu werfen. Der unterschwellige Druck, im Gleichschritt des Gruppendenkens zu marschieren, war sehr stark.

Ryan Smith, ehemaliges GJP-Mitglied

 

Quinn gibt an, immer noch täglich belästigt zu werden. Sie behauptet auch, zahlreiche Aufzeichnungen dieser Belästigungen zu besitzen, hat bisher aber nichts davon publiziert und lehnt Anfragen zu diesen Aufzeichnungen ab. Das ist zwar kein Beweis dafür, das die Belästigungen, die Quinn beschreibt nicht stattgefunden haben, aber die Tatsache, dass es bis heute keine stichhaltigen Beweise für eine Beteiligung von #GamerGate-Unterstützern an Drohungen oder Beschimpfungen gibt, spricht Bände – während Quinn selbst an mehreren Fällen von Doxxing beteiligt war.

Bis heute ist niemand für die Beleidigungen und Drohungen gegen Quinn angeklagt oder festgenommen worden. Auch wenn sie gegen ihren Ex-Freund eine einstweilige Verfügung erwirkt hat, musste sie dafür gegenüber den Behörden behaupten, ihr Ex und verschiedene Aktivisten hätten sich am Doxxing beteiligt, eine falsche Behauptung, die Quinn nach der Veröffentlichung der Dokumente als „fehlerhafte Formulierung der Polizei“ bezeichnete.


Den zweiten und letzten Teil dieses Artikels, „Mainstream Media Blitz“, können Sie hier lesen.

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it, einer Seite, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die ethischen Verfehlungen im Spielejournalismus zu katalogisieren.

gamergateblog.de dankt @bonegolem und dem Team von deepfreeze.it für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung dieser Übersetzung.

Grafik: deepfreeze.it

 

Unser Feind, der Gamer

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it und wird hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.

Auf eine Weise unterscheiden sich Spielejournalisten von anderen Fachleuten: Obwohl die Gamer ihr Publikum und die Quelle ihres Einkommens sind, haben sie in Krisenzeiten oft auf der gegnerischen Seite gestanden, sei es um einem Publisher zu helfen oder aus weniger offensichtlichen Gründen.

Die Anspruchshaltung der Gamer

Mass Effect 3 von Bioware wurde Anfang März 2012 veröffentlicht

Es wurde von der Presse positiv aufgenommen, während die Spieler sich über einen auffälligen Mangel an Feintuning beschwerten, vor allem beim Ende der Geschichte. Viele fanden, es habe die Geschichte des populären Science-Fiction-Epos mit einem hastigen, nicht beeinflussbaren Schluss ruiniert. Und das, nachdem der Autor genau das Gegenteil versprochen hatte.

Die Spieler reagierten mit Anfragen, das Ende zu verändern , riefen eine zahlenmäßig erfolgreiche Petition und eine Spendenaktion ins Leben, bei der 80.000 Dollar zusammenkamen, bevor die Organisation Child’s Play entschied, kein Geld mehr von ihnen anzunehmen.

Der Publisher des Spiels, Electronic Arts, gab schließlich nach: Für Ende März kündigte man die Veröffentlichung eines kostenlosen DLC an, der ein erweitertes Ende enthalten sollte. Trotzdem gab es weiterhin Gegenwind, sogar in Form einer bot-gestützten Petition, die Mass Effect vor angeblich homophoben Protesten schützen sollte.

Der Branchenriese unter den Spielewebsites, IGN fuhr in den Wochen vor und nach der Veröffentlichung von Mass Effect 3 eine riesige Anzeigenkampagne und veröffentlichte einen regelmäßigen Strom von Artikeln über das Spiel – welches eine Figur enthielt, die der IGN-Mitarbeiterin Jessica Chobot nachempfunden war und die sie selbst synchronisiert hatte.

IGN bezog in der Kontroverse mit einem Videokommentar Stellung, welcher die „Anspruchshaltung“ der Spieler kritisierte und ihrer „dummen“ Petition vorwarf, die kreative Freiheit des Entwicklers einschränken zu wollen. Außerdem setzte das Video die Proteste gegen „on-disk DLC“ (kostenpflichtige Zusatzinhalte, die sich bereits auf dem Datenträger des Grundspiels befinden) mit dem Versuch, die Entwickler ihres Einkommens zu berauben gleich.

Während manche Medien eher moderat reagierten – oder die Sicht der Gamer teilten – begannen die Beschwerden über die „Anspruchshaltung“ der Gamer fast überall aufzutauchen.

Als nun das erweiterte Ende angekündigt wurde, protestierten einige Journalisten aggressiv in den sozialen Medien – nicht nur, indem sie sich über die Spieler lustig machten sondern auch indem sie Bioware „fehlendes Rückgrat“ vorwarfen. Sie könnten keinen Respekt vor einem Entwickler haben, der den Wünschen seiner Fans entspreche.

Alex Navarro von Giant Bomb sagte sogar, die einzige Änderung am Ende von Mass Effect 3 hätte eine Sequenz mit der Hauptfigur Shepard sein sollen, in welcher dieser den Spielern den Mittelfinger zeigt.

Nach Mass Effect 3 hat die Spielebranche jede Kontroverse genutzt, um sich über die „Anspruchshaltung“ der Gamer zu beschweren. Schon die lauwarme Aufnahme des Spiels Devil May Cry von Ninja Theory brachte VG247 dazu, die enttäuschten Fans als eine „Schande zum Heulen“ zu bezeichnen.

Obwohl die Spieler solche Dinge rundheraus ablehnten, sahen sich Journalisten genötigt, fragwürdige Praktiken der Spieleindustrie, wie zum Beispiel den Onlinezwang zwecks Kopierschutz, zu verteidigen. Ein Spiel, das für seinen Onlinezwang heftige Kritik bekam, war Diablo 3, vor allem kurz nach dem Release war es wegen Serverfehlern eine Zeit lang sogar im Einzelspielermodus unspielbar. Die Beschwerden darüber wurden von der Presse abgelehnt und trivialisiert, statt dessen wurden die Gamer aufgefordert „das Maul zu halten“, als „peinlich“ bezeichnet und sogar „weinerliche Rotznasen“ genannt. Kirk Hamilton von Kotaku schrieb, dass der Onlinezwang aus Diablo 3 ein „besseres Spiel“ mache, während seine Seite eine massive Anzeigenkampagne für Diablo 3 fuhr.

Dragon Age 2, ein weiteres Bioware Spiel, wurde für seine wiederverwendeten Bestandteile und eine schlecht geschriebene Geschichte kritisiert, während die Presse es überwiegend positiv beurteilte. Die legitime Kritik am Spiel wurde jedoch in Artikeln auf Polygon, Gamespot, Kotaku und in anderen Medien als frauenfeindliche Attacke auf Jennifer Hepler, eine Autorin bei Bioware, dargestellt. Kotaku veröffentlichten später eine Ergänzung zu ihrem Artikel, in der klargestellt wurde, das Hepler den Fans selbst mit jeder Menge Beleidigungen geantwortet hatte.

Journalisten sollten die Entrüstung der Konsumenten anerkennen, anstatt einen industriefreundlichen Kuschelkurs zu fahren. Der Gedanke daran macht mich krank, nicht als Autor, nicht als Gamer, sondern als Konsument

William Usher, GameBlend

Einige Journalisten, wie Erik Kain von Forbes, grenzten sich vom Angriff der Presse auf das eigene Publikum ab, er kritisierte den „schädlichen Mythos von der Anspruchshaltung der Gamer“ und nannte den Gedanken „zutiefst fehlgeleitet“ und vermutete sogar ein „einzigartiges Merkmal der Spieleindustrie“. Außerdem stellte er fest, die Attacken seien zu einem „faulen Ersatz für eine echte Diskussion“ geworden.

William Usher von CinemaBlend verteidigte die Spieler ebenfalls gegen die Anklage, sie hätten ein unverhältnismäßige  Anspruchshaltung. Er sagte, es sei ihm peinlich „das Gewerbe Spielejournalismus mit Leuten zu teilen, die sich selbst als Journalisten bezeichneten aber offensichtlich nicht verständen, was es bedeute, Fakten zusammenzutragen“. Auch YouTuber TotalBiscuit nannte die Diskussion über die Anspruchshaltung der Spieler „verdreht und verbogen, um daraus eine Waffe gegen Leute zu machen, die versuchen, sich wie verantwortungsvolle Konsumenten zu verhalten.“

Bis zum Sommer 2014 gaben sich die Journalisten damit zufrieden, über die „Anspruchshaltung“ der Gamer zu schwadronieren. Dann entschieden einige von ihnen, das es Zeit für eine Eskalation war.

 

Die Leser von Slate sind vorbei, sie sind auf dem absteigenden Ast – eine tote Zielgruppe.

Warum zum Teufel sollte ich mit diesen Worten eine Kolumne anfangen? Es gibt keinen schnelleren Weg, mein Publikum loszuwerden – also die Leute, die meine Rechnungen zahlen. Und doch haben Autoren bei nicht nur einer, sondern bei einem halben Dutzend Spielepublikationen letzte Woche genau das mit ihrem Publikum gemacht  […].

David Auerbach, Slate

Die toten Gamer

Die provokative Eröffnung im Zitat von David Auerbach (Slate) über diesem Absatz bezieht sich auf die sogenannten „Gamers are Dead“ Artikel – ein Dutzend Kommentare mit ähnlichem Thema, die in mehreren führenden Publikationen zum Thema Videospiele erschienen, darunter Polygon, Rock, Paper, Shotgun, Destructoid, Kotaku und Gamasutra. Die meisten wurden am 28. August 2014 veröffentlicht, die ersten fünf sogar mit nur jeweils einer guten Stunde Abstand.

Zwei Wochen zuvor war ein Sex-Skandal ans Licht der Öffentlichkeit gekommen, an dem neben einer unbedeutenden Indie-Enwicklerin auch der Journalist Nathan Grayson von Kotaku beteiligt war. Grayson wurde vorgeworfen, die Entwicklerin im Hinblick auf Pressepräsenz bevorzugt behandelt zu haben, während er eine Beziehung mit ihr hatte. Daraus erwuchsen ziemlich laute Anklagen, die einigen Vertretern der Spielepresse – die diesbezüglich schon länger nicht den besten Ruf hatte –Vetternwirtschaft vorwarfen. Die Kritik eskalierte, als die Diskussionen über den Skandal bei fast allen Publikationen und in fast allen Foren verboten wurde, was wiederum die Protestierenden dazu brachte, Zensurabsichten hinter diesem Vorgehen zu vermuten.

Die Presse reagierte mit den erwähnten Artikeln, vorneweg die umstrittene Leigh Alexander, damals noch Korrespondentin bei Gamasutra. In ihrem  aufwieglerischen Text nannte sie die Gamer „stumpfsinnige Kackschleudern“, „jammernde Hyper-Konsumenten“ ,“kindische Internet-Streithähne“ und warf ihnen vor, sie wüssten nicht „wie man sich kleide und benehme“. Auf diese Weise versuchte sie, die Industrie zu ermutigen, Gamer als Kunden hinter sich zu lassen.

Andere Artikel, wie die von Chris Plante, einem Korrespondenten für Polygon oder Casey Johnston, einer Kulturredakteurin bei ArsTechnica, unterstellten den Protestierenden eine Mitschuld an diversen Akten der Belästigung und Beschimpfung, von denen manche im Zusammenhang mit dem Sex-Skandal standen. Einen Beweis für den Zusammenhang zwischen den Protesten und der Belästigung lieferten sie nicht. Keiner der Artikel befasste sich mit den Argumenten der Protestierenden oder nahm Stellung zu den Vorwürfen der Vetternwirtschaft, manche behaupteten sogar, die gute Dokumentation der Vorwürfe sei gefälscht. Die meisten beinhalteten die Idee, die Gamer seien tot oder reif für den Müllhaufen der Geschichte – es sei ein veraltetes Konzept, an dem nur bigotte Menschen mit Angst vor Veränderung festhielten. Und diese Menschen dürften die Welt der Videospiele nicht repräsentieren.

„Die „Gamer-Kultur“, wie wir sie kennen, ist irgendwie peinlich […]. Es sind junge Männer mit Plüsch-Pilzhüten und Rucksäcken, in denen Promo-Poster-Rollen stecken […] Sie wissen nicht, wie man sich anzieht oder benimmt.

„Spielekultur“ ist eine Petrischale voller Menschen, die so wenig darüber wissen, wie soziale Interaktion und Berufsleben funktionieren, dass sie ohne lachen zu müssen „Online-Kriege“ über soziale Gerechtigkeit oder „Ethik im Spielejournalismus“ vom Zaun brechen können.

„Gamer“ ist nicht nur ein veraltetes demographisches Label, bei dem die meisten Leute vorziehen, es nicht zu benutzen. Gamer sind vorbei. Deshalb sind sie so wahnsinnig wütend.

Diese stumpfsinnigen Kackschleudern, diese jammernden Hyper-Konsumenten, diese kindische Internet-Streithähne – sie sind nicht mein Publikum. Und sie müssen auch nicht eures sein. Es gibt keine „Seite“ zu wählen, es gibt keine „Debatte“ zu führen.

Dort liegt die Vergangenheit, hier ist das Jetzt.

Leigh Alexander, Gamasutra

Obwohl sich einige der Artikel sogar untereinander zitieren, hat die zeitliche Nähe und die Ähnlichkeit viele Menschen dazu gebracht, eine geheime Absprache zu vermuten. Johnston und Plante waren Mitglieder (Alexander war ein ehemaliges Mitglied) der GameJournoPros Mailing-Liste, deren Entdeckung, kurz nach Veröffentlichung der Kommentare, für einen massiven Skandal sorgte. Die meisten in die „Gamers are Dead“-Artikel verwickelten Veröffentlichungen verfügten über bedeutenden Einfluss bei den GameJournoPros. Während keine direkten Verbindungen zwischen den „Gamers are Dead“-Artikeln und der Mailingliste gefunden werden konnten (es ist weiterhin unbekannt ob sie inneralb der Liste oder in anderer Form koordiniert wurden), gibt es – je nach Sichtweise – erheblichen Verdacht bzw. Bestätigungen dafür, dass die erste Welle der Zensur, die zu den Protesten geführt hatte, aus dem Hintergrund dirigiert worden ist. Die Zensur bei verschiedenen Veröffentlichungen stammte direkt aus den Reihen der GameJournoPros.

Laut David Auerbach brachten die „Gamers are Dead“-Artikel der Presse „über Nacht eine Verzehnfachung der Feindseligkeit“, die Proteste dauern im August 2015 immer noch an.

Gamastura, die einzige Seite, die gleich zwei der Artikel veröffentlichte, verlor nach der Veröffentlichung eine großen Teil ihrer Zugriffe. In den letzten Monaten des Jahres 2014 fiel sie um 5000 Plätze im Alexa-Ranking und die Böresenkurse der Mutterfirma UBM erlitten einen Kurssturz. Benjamin Quintero, ein Mitglied der Gamasutra-Community veröffentlichte Anfang September einen moderateren Kommentar in dem er Fragen wie „Wann ist das hier zu einem Kampf Medien gegen Konsumenten geworden?“ und „Was ist so schlecht daran, ein Gamer zu sein“ stellte und sich dafür aussprach, die Kritik der Konsumenten wenigstens anzusprechen. Fast sofort nach Veröffentlichung des Artikels wurde Quintero von Gamasutra „degradiert“ – wurde aber kurz darauf wieder mit seinen ursprünglichen Nutzerrechten ausgestattet. Leigh Alexander verließ Gamasutra Anfang 2015 um eine Stelle bei einer sehr viel kleineren Website anzutreten.

Auerbach sieht in den „Gamers are Dead“-Artikeln das Produkt einer Presse, die Probleme damit hat, ihr Monopol auf die Berichterstattung zu Spielen zu verlieren – ein Verlust, der durch den Aufstieg der YouTuber und anderer enthusiastischer Quasi-Amateure verursacht werde, die sich die Aufmerksamkeit und das Vertrauen von Spielern und Industrie erarbeitet hätten.

Journalisten, so Auerbach, könnten ihre Probleme nicht lösen, indem sie den Tod ihres Publikums predigten. Der Tod des Publikums sei in Wahrheit ein Rückzug von den etablierten Spielemedien, und die Journalisten hätten offensichtlich beschlossen, diesen Prozess zu beschleunigen. „Die Spielejournalisten haben vor Wut ihren Gehaltsscheck zerrissen“.

 

 


 

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it, einer Seite, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die ethischen Verfehlungen im Spielejournalismus zu katalogisieren.

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Grafik: deepfreeze.it

Journalisten, Entwickler, PR – alle hängen miteinander ab und das ist OK so!

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it und wird hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht. Den ersten Teil des Artikels „Freunde mit gewissen Privilegien“ lesen sie hier.

Die Überschrift ist einem Tweet von einem deutschen Blogger entnommen, welcher mich dieser Tage erreichte.

Leigh Alexander ist überall

Keine  andere Spielejournalistin steht so sehr für Vetternwirtschaft wie die umstrittene ehemalige freie Redakteurin bei Gamasutra, Leigh Alexander. Sie teilt sich Interessenkonflikte mit ihrer Freundin Hernandez und anderen Journalisten, darunter Love, Anthropy, Arnott, Naomi Clark (die ihrerseits anscheinend mit Evan Narcisse von Kotaku befreundet ist) und der hier zum fünften Mal auftauchenden Quinn.

Alexander ist wohl eine der polarisierendsten Persönlichkeiten des Spielejournalismus, seit dem Beginn ihrer Karriere ergänzt sie ihren Twitter-Feed mit kontroversen Inhalten, darunter unverhüllte Drohungen und sogar Doxing.

Sie ist für ihre kritische Haltung gegenüber ihrer Leserschaft bekannt, so führte sie einmal aus, ihre Leser seien „größtenteils ein Haufen verfickter Idioten“ (mit „seltenen“ Ausnahmen). Besondere Bekanntheit erlangte sie als Speerspitze der berüchtigten „Gamers are Dead“ Artikel, in ihrem vielzitierten aufwieglerischen Text nannte sie die Gamer „stumpfsinnige Kackschleudern“, „jammernde Hyper-Konsumenten“ ,“kindische Internet-Streithähne“ und warf ihnen vor, sie wüssten nicht „wie man sich kleide und benehme“. Auf diese Weise versuchte sie, die Industrie zu ermutigen, Gamer als Kunden abzulehnen.

Leigh Alexander und Vetternwirtschaft

 Agency for Games

Nach ihrem Abgang bei Gamasutra begann Alexander ihren eigenen Blog Offworld, ein Teil des BoingBoing Netzwerks, und schrieb in unregelmäßigen Abständen für Vice, aber sie führte auch die Geschäfte ihrer Consulting-Firma „Agency for Games“ weiter. Das bedeutet, sie stand im Sold von Spielefirmen, während sie gleichzeitig über Spiele berichtete.

Auch wenn Alexander die Kunden von Agency auf ihrem Blog und in den sozialen Medien promoted hat, wurde bisher kein Fall entdeckt, in dem sie einen Artikel über Kunden geschrieben hätte – im Gegensatz zu einigen Journalisten mit direkten Verbindungen zu ihr. Das Spiel Sunset vom Agency Kunden Tale of Tales, in dessen Credits Alexander erwähnt wird, wurde zweimal positiv von Alexanders Freundin Patricia Hernandez besprochen, sowie von Simon Parkin, einem Autor für Eurogamer und einem sehr guten Freund von Alexander und dem Miteigentümer von Agency, Ste Currant. Auch Javy Gwaltney, den Leigh Alexander auf Patreon unterstützte, hat positiv über Sunset geschrieben.

Philippa Warr von Rock, Paper, Shotgun hat drei Artikel über Sunset geschrieben, ohne auf ihre Freundschaft zu Alexander hinzuweisen. Außerdem hat Warr drei Artikel über ihren Freund, den Indie-Entwickler Terry Cavanagh geschrieben, ohne die Freundschaft offenzulegen – der gleiche Cavanagh dessen Spiel von Jenn Frank besprochen wurde, die dabei „vergaß“ im Artikel anzugeben, dass sie als Sprecherin am Spiel beteiligt war.

Trotz Alexanders Mitarbeit und die positive Aufnahme durch Kritiker war Sunset ein komerzieller Flop. Gerade mal 4000 Kopien wurden verkauft, woraufhin Entwickler Tale of Tales ihren Laden dichtmachten und angaben, ihre PR-Firma habe sie viel Geld gekostet aber an den Verkäufen rein gar nichts geändert.

Gone Home

Als das auf Story fokussierte First-Person-Adventure Gone Home 2013 auf den Markt kam, löste es viele Kontroversen aus. Die Durchschnittswertungen offenbarten einen großen Unterschied zwischen dem Lob der Journalisten und der harschen Kritik der Spieler.

Das erste Review kam von Polygon-Mitarbeiterin Danielle Riendau, welche, wie Grayson und Hernandez, positiv über GaymerX berichtet hatte, während sie mit Mitarbeitern der Convention befreundet war. Ihre begeisterte 10/10 Wertung für Gone Home erwähnte keine der am Häufigsten genannten Schwächen des Spiels – seine kurze Spieldauer und den Mangel an Interaktivität. Außerdem vergaß sie zu erwähnen, dass sie selbst ein Teil des Idle Thumbs Podcast Teams war. Den Rest bildeten die zwei Entwickler aus dem kleinen Entwicklungsteam für Gone Home mit denen sie befreundet war, einen davon nannte Riendau in einem eine Woche vor dem Review veröffentlichten Podcast einen „guten Freund“. Dieser „gute Freund“, der Komponist des Spiels, Chris Remo, ist der einzige, der sich zu den Vorwürfen geäußert hat. Er gab zu, mit Riendau befreundet zu sein, bezweifelte aber, dass dies ihre Wertung für das Spiel beeinflusst habe. Riendau ist auch für ein extrem positives Video über Sunset verantwortlich, in welchem ihre Freundschaft zu Alexander nicht erwähnt wird, obwohl sie dies in zwei Artikeln, die sich direkt mit Alexander beschäftigten, für nötig hielt.

Gone Home bekam für seine überaus enthusiastische Aufnahme durch die Presse, die im Verdacht stand von vorgefassten Urteilen geprägt zu sein, starken Gegenwind. Einige der Journalisten, die das Spiel anpriesen, wurden durch aufgedeckte Interessenkonflikte belastet – wie Kirk Hamilton von Kotaku, der mit einer Sprecherin des Spiels befreundet war, Leigh Alexander, die mit großen Teilen des Entwicklungsteams freundschaftliche Beziehungen pflegte, oder die freie Autorin Cara Ellison.

Redshirt

Der Facebook-im-Weltall-Simulator Redshirt erhielt ebenfalls ziemlich polarisierende Reviews. Der Metacritic-Durchschnitt liegt bei 62, obwohl das Spiel auf gewissen Websites sehr positiv besprochen wurde.

In zwei Artikeln auf PC Gamer und Rock, Paper, Shotgun äußerte sich Cara Ellison  voll des Lobes über Redshirt, während sie sowohl mit der Entwicklerin des Spiels, Mitu Khandaker-Kokoris befreundet war, als auch von dieser über Patreon finanziell unterstützt wurde. Genauso verhält es sich mit Kirk Hamilton, einem Freund von Khandaker-Kokoris, der für Kotaku schreibt.

Alec Meer von Rock, Paper, Shotgun schrieb ebenfalls über das Spiel Redshirt, ohne zu erwähnen, das er und Khandaker-Kokoris zumindest so gut befreundet waren, dass sie zu verschiedenen Gelegenheiten Zeit miteinander verbracht hatten, zum Beispiel bei einem gemeinsamen Konzertbesuch oder einer Grillparty, zu der Meer Khandaker-Kokoris eingeladen hatte.

Riendau und Hernandez schrieben auch extrem positiv über das Spiel, eine direkte Verbindung konnte hier nicht nachgewiesen werden, allerdings besteht ein starker indirekter Bezug über Leigh Alexander, die sich über das Spiel begeistert äußerte und seit mindestens 2009 mit Khandaker-Kokoris befreundet war.

Ellison hat zu diesem Vorwurf genauso wenig Stellung bezogen wie zu den Interessenkonflikten im Zusammenhang mit Anna Anthropy, Christine Love (wie Hernandez), Nina Freeman (wie Grayson) oder dem Text-Adventure-Entwickler Porpentine (ebenfalls wie Grayson). Kokoris jedoch hat sich zu den Vorwürfen geäußert, allerdings kommentierte sie nur die Verbindung zu Ellison, die von ihr nur kleine Beträge für den von ihr bereitgestellten Content erhalten habe, vergisst aber, die persönliche Verbindung zu erklären, ebenso wie die Verbindungen zu Hamilton, Meer oder Kris Ligman. Ligman hatte positiv über Khandaker-Kokoris berichtet, nur vier Tage nachdem diese begonnen hatte, die Autorin auf Patreon finanziell zu unterstützen, außerdem war sie Jurorin bei den Indiecade Awards, bei denen Redshirt unter den Finalisten war. Und dies ist bei Weitem nicht der einzige finanzielle Interessenkonflikt, in den Ligmans Website Critical Distance verwickelt ist.

 Schmiermittel

Die 2013 gestartete Crowdfunding-Website Patreon ermöglicht es Benutzern feste Beträge an Kreative zu spenden – entweder monatlich oder pro „Werk“. Neben YouTubern und Künstlern nutzen auch Spieleentwickler und Journalisten die Plattform, um an Kapital für ihre Unternehmungen zu kommen, was häufig dazu geführt hat, dass Journlisten und die Subjekte ihrer Berichterstattung untereinander Geld austauschen.

Critical Distance ist ein Nachrichtenaggregator, der unter der Leitung von Kris Ligman ausgewählte Artikel und Videos aus dem Web in aufbereiteter Form zusammenfasst. Diese Zusammenfassungen erscheinen auf anderen Webseiten, vor allem auf Gamasutra. Auch wenn die – ohne Werbung auskommende, rein über Patreon finanzierte – Website angab, dass die Unterstützung durch eine Person dieser keine bevorzugte Behandlung bedinge, verlinkte sie doch in vielen Fällen zu Artikeln, die Personen behandeln, welche Critical Distance unterstützt haben.

Christine Love kann in diesem Fall (wieder) als Beispiel dienen. Mindestens vier Mal wurde sie genannt, ohne ihre persönliche Verbindung, die 100 Dollar, die sie für Ligmans GoFundMe Kampagne gespendet hatte oder ihren Patreon-Support für Critical Distance zu erwähnen. Auch der niederländische Entwickler Vlambeer wird vier Mal erwähnt, während sie Critical Distance finanziell auf Patreon unterstützten, sie wurden auch mehrere Male in der Publikation Killscreen erwähnt, denen Vlambeer Miteigentümer Rami Ismail bei der Finanzierung einer Party geholfen hatte.

Vlambeer unterstützt auch ein Urgestein der Indie-Berichterstattung, Tim Wee, der am weblog Indie Games mitarbeitet. Dort erschienen während der Förderung auf Patreon zwei Artikel über die Niederländer. Diese zwei Artikel sind allerdings Wiederverwertungen von Matreial für die Schwesterseite Gamasutra, so das unklar ist, ob Wee daran beteiligt war. Die auf IndieGames erschienenen Artikel über Darkest Dungeons (unter anderen von seinem Unterstützer Tyler Sigman) und über Alexander Bruce (ein weiterer Backer, für dessen bekanntestes Werk, Antichamber, Robin Arnott – mal wieder – die Musik gemacht hat) tragen allerdings seinen Namen.

Bei Indie Games Arbeitet Wee mit Konstantionos Dimopoulos zusammen, der auch dabei erwischt wurde, wie er über einen seiner ehemaligen Förderer schrieb. Bei The Warp Door ist Chris Priestman sein Kollege, der drei mal erwischt wurde: Neben Only Slightly tritt auch Terry Cavanagh wieder als Förderer in Erscheinung, über den geschrieben wurde, so wie Agustin Cordes, den sich Priestman in Hinsicht auf Interessenkonflikte mit Richard Cobett teilt, dessen Berichterstattung über den Adventure-Entwickler Wadjet Eye ebenfalls im Verdacht steht, belastet zu sein.

Mangel an kritischer Distanz

Noch verwirrender als die finanziellen Interessenkonflikte zwischen Entwicklern und Journalisten sind jene der Journalisten untereinander, wobei Critical Distance, Kris Ligmans nur über Patreon finanzierte Website mit Fokus auf Journalismus, die sie für interessant hält, als eines der Drehkreuze ins Auge fällt. Bis zu diesem Punkt haben wir gelernt, das Critical Distance, zusätzlich zu den Interessenkonflikten mit Entwicklern, Autoren, welche die Website finanziell unterstützten, immer wieder und mit hoher Frequenz erwähnt hat. Unter den erwähnenswerten Namen findet sich einmal mehr Jenn Frank (über Frank schrieb auch CD-Autorin Lana Polansky, während sie diese gleichzeitig unterstützte) und Dan Golding, der, zusammen mit Leigh Alexander, den „Gamers are Dead“-Medienblitz anschob, an dem sich Ligman ebenso beteiligte,  wie Brendan Keogh.

Keogh bedankte sich mit einer Erwähnung von Critical Distance, so wie er viele andere Journalisten durch „Plugging“ förderte, die in einer finanziellen oder persönlichen Beziehung zu ihm standen. Darunter finden sich – wieder – einige Namen, die in diesem Artikel bereits vorgekommen sind, wie seine Kollegen bei Press Select, Dan Golding und Jenn Frank oder auch Cara Ellison, die auch bei anderen ihrer Patreon-Unterstützer lobend Erwähnung fand: Chris Sullentrop, Tyler Colp, möglicherweise Patrick Klepek von Kotaku und dem Auslandskorrespondenten von Critical Distance, Joe Köller.

Köller teilt sich zwei weitere Interessenkonflikte mit Keogh, einmal die umstrittene  Mattie Brice, die mit Keogh befreundet war und welche beide auf Patreon unterstützten, sowie den Critical Distance Autor Cameron Kunzelmann. Köller unterstützte ihn nur, während Keogh auch Geld von ihm erhielt. Kunzelmann dagegen wurde dabei ertappt wie er über Personen berichtete, während er selbst finanzielle Unterstützung von ihnen erhielt. Und auch hier taucht wieder ein vertrauter Name auf – Javy Gwaltney.


Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it, einer Seite, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die ethischen Verfehlungen im Spielejournalismus zu katalogisieren.

gamergateblog.de dankt @bonegolem und dem Team von deepfreeze.it für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung dieser Übersetzung.

Grafik: deepfreeze.it

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