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Ein faires Interview zu #GamerGate

Heute kann mir der geneigte Leser zur Abwechslung mal sein Ohr schenken: Old Gamer, der Host des wöchentlichen #GamerGate-Streams und ich waren eingeladen, um mit dem Games-Enthusiasten Rainer Schauder über #GamerGate und das letzte Jahr zu plaudern. Anhören kann man sich das Ganze hier, viel Spaß damit.

Leider kam es direkt nach der Veröffentlichung des Interviews zu hasserfüllten (s. Titelbild) Äußerungen gegen Rainer Schauder. Wer so engstirnig ist, dass er Sätze wie „Gamergater gehören kategorisch ausgegrenzt. Deren Weltbild & Methoden ist [sic!] abscheulich“ ernst meint, der sollte mal über sein Demokratieverständnis nachdenken und die Verhältnismäßigkeit seiner Äußerungen überprüfen.

 

 

Vom Umgang mit deutschen Spielejournalisten

Eigentlich wollte ich nach dem letzten, etwas persönlicheren Artikel „Journalistendarsteller“ , wieder zur eigentlichen Aufgabe des Blogs zurückkehren: Weiteres Material für eine deutsche Diskussion rund um das Thema #GamerGate und den Spielejournalismus veröffentlichen.  Aber die Art und Weise, wie die meisten angesprochenen Journalisten und Blogger auf auf meine Berichte oder Fragen auf Twitter reagiert haben, lässt es mir angemessen erscheinen, noch ein wenig beim Thema „Spielejournalismus in Deutschland“ zu verweilen.

Die Weißbrote schnaxeln halt gern!

Am Wochenende fand in München der „Zündfunk Netzkongress 2015“ statt, eine jener Veranstaltungen, auf deren Bühnen die immer gleichen Personen Vorträge zu Themen wie „Cybergewalt“ oder „Identität in Computerspielen“ halten. Diesmal bot der Bayrische Rundfunk dem Wanderzirkus im Volkstheater Kost und Logis und dessen Motto „Modernes Volkstheater – buntes Programm“ fasst die für Gamer relevanten Vorträge ganz gut zusammen.

Schon im Vorfeld der Konferenz habe ich den bayrischen Rundfunk angeschrieben,  nachdem ich  im Teaser-Text zum Panel von Anne Wizorek, Kübra Gümüsay und Anke Domscheidt-Berg eine Stelle entdeckt hatte, in der männliche, weiße Twitter-Nutzer unter der Bezeichnung „Weißbrote“ zusammengefasst wurden. Das die sonst so auf „Safe-Spaces“ bedachten Progressiven mit so einer verächtlich machenden Bezeichnung ihre eigenen Regeln brechen und Menschen genau nach den verhassten Kriterien Hautfarbe und Geschlecht beurteilen – geschenkt, erwarte ich von den Meistern der Projektion ja gar nicht anders.  Aber das der bayrische Rundfunk solchen Bevormundungsfeminismus finanziert und das Mitarbeiter des Hauses auf Anfrage erklären, die Verwendung erfolge „bewusst ironisch“, obwohl der Text, das so nicht hergibt – das enttäuscht den Gebührenzahler in mir dann doch ein wenig.

Die Antwort der Zündfunk Redaktion liest sich, als versuche der Redakteur einem lernschwachen Sechsjährigen die Umstände zu erklären (im Hintergrund setzt das „Main Theme“ dieses Artikels ein). „Whitebread“, so lerne ich (nicht zum ersten Mal, aber Vertiefung ist ja immer besser) sei eine Bezeichnung, die schwarze Amerikaner als Reaktion auf die handelsüblichen rassistischen Bezeichnungen erfanden, die ihnen die Weißen  an den Kopf warfen. Gut, die Bezeichnung hat also ihren Ursprung in einem Rassenkonflikt, warum bezeichnen wir nicht mal etwas weniger als die Hälfte unser Gebührenzahler so, was soll schiefgehen. Wenn ich das richtig lese, darf wer will dann auch wieder die althergebrachten Begriffe für Menschen afrikanischer Herkunft verwenden, oder? Nicht das ich das wollte, aber Gleichberechtigung ist doch im Moment so ein großes Ding.

Weiter erfahre ich, das „Weißbrot“ auch nicht für alle weißen Männer steht, sondern nur für jene, die den progressiven Lifestyle ablehnen, diese nennt der Verfasser „eher unkritisch“, „sehr konsumistisch“ und sieht durch ihre schiere Masse die Gefahr, dass solche Menschen auch noch gesellschaftspolitischen Einfluss haben könnten – er nennt es einen „Lifestyle mit dem man sich auseinandersetzen muss“, ich nenne es die Regeln der Demokratie.  Der Brief schließt mit einem Hinweis auf die „presseüblich mit Anführungszeichen“ gekennzeichnete „bewusste Ironie“. Das Ironie aber auch aus dem Textzusammenhang kommen muss und das einfache Aufkleben des Etiketts „Ironie“ nicht davor schützt, missverstanden zu werden, dürfte der Zündfunk-Redaktion folglich unbekannt sein. Meine Frage nach dem Autoren oder der Autorin des Textes wurde nicht beantwortet.

Inzwischen wurde der betreffende Text kommentarlos durch einen Anderen ersetzt.

Die Wundermaschine aus Frankreich

Während des Kongresses hielt Christian Schiffer, der Herausgeber des WASD-Magazins, einen Vortrag zum Thema „Zur Lage der Gameskultur“, in dem er unter anderem auf die Frage nach der Konservierung und Archivierung von Spielekultur einging. Nach einem kurzen Exkurs zu verlorenen Spielwelten, wie den von Nutzern errichteten Strukturen im abgeschalteten MMORPG Star Wars Galaxies, beschrieb er seinem Publikum die Schwierigkeiten, vor denen ein Kulturwissenschaftler steht, wenn er ältere Spiele in seine Forschung einbeziehen will.

„Nehmen wir mal dieses Beispiel River Raid von vorher. Man will jetzt herausfinden, wie das war, wie Computerspiele in den 80ern damit umgegangen sind, mit dem Ost-West-Konflikt. Dann hat man erst Mal ein Problem, man braucht erst Mal so’ne labbrige Floppy-Disk wo das Spiel drauf war und wenn dann halt drei Einsen und Nullen vertauscht sind, dann geht jetzt das Spiel nicht mehr. Wenn man die Floppy Disk hat, dann hat man natürlich wahrscheinlich kein Floppy-Laufwerk. Wenn man ein Floppy-Laufwerk hat, oder wenn man das irgendwie überspielen kann, dann ist irgendwie der Rechner zu schnell, dann geht das auch irgendwie wieder nicht. Also, man steht da vor gewaltigen Problemen.

Es gibt ein Projekt der europäischen Nationalbibliotheken, ich glaube federführend ist die französische Nationalbibliothek, die versuchen Computerspiele tatsächlich zu bewahren und deswegen bauen die so einen Emulator. Ein Emulator, das ist ein Gerät, das neuen Computern beibringt so zu tun als seien sie alte Computer.“

Auf die Überinterpretation der „Handlung“ von River Raid, die ich als Zeitzeuge eher nicht teilen würde, will ich hier gar nicht erst eingehen. Anstatt seinem Publikum einen der vielen verfügbaren Emulatoren vorzustellen, verschwendet er also viel Zeit mit Geschichten über Floppylaufwerke, nur um dann eine merkwürdige Aussage über ein französisches „Gerät“ zu machen, das die bestehenden Probleme lösen soll. Ich habe mich nach diesem Abschnitt gefragt, warum jemand, der auf Kongressen über Spiele spricht, so wenig Ahnung von Emulatoren hat und ihm einen Link zu einer Emulation von River Raid geschickt. Eigentlich habe ich gar nicht mit einer Antwort gerechnet und war überrascht, als ein paar Stunden später doch ein Tweet auftauchte. Leider war „Gut, dann installier das mal auf deinem Datassetten-Laufwerk“ nicht ganz das Niveau, auf das ich gehofft hatte. Im folgenden Gespräch wurde ich belehrt, das Kulturwissenschaftler unmöglich die Emulation eines Spiels auf anderer Hardware für ihre Untersuchungen nutzen könnten, „weil man die technischen Rahmenbedingungen nachfühlen muss, um es einordnen zu können“. Diese Argumentation kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Eine kulturpolitische Einordnung wird sich großenteils auf den Inhalt beziehen und während ich Schiffer Recht gebe, das ein Wissenschaftler, der über das Thema schreiben will, die Original-Hardware schon einmal gesehen und benutzt haben sollte, glaube ich nicht, dass sie für die Beurteilung jedes einzelnen Spiels zwingend nötig ist.

Nachdem mir – wie so oft – erklärt wurde, dass meine offensichtlich sehr begrenzte Hirnkapazität nicht ausreiche, um weiter die Zeit wichtiger Spielejournalisten zu verschwenden, bat ich Herrn Schiffer abschließend noch um einen Link zur französischen Wundermaschine aus seinem Vortrag, die den Kulturwissenschaftlern endlich die nötigen Mittel an die Hand geben soll, um ihre Arbeit zu tun. Das KEEP getaufte Projekt der europäischen Komission wird folgendermaßen beschrieben:

[…} plant das KEEP-Konsortium eine portable Plattform zu schaffen, die auf allen möglichen Geräten lauffähig ist und auch an zukünftige Computersysteme angepasst werden kann.Das Emulations-Framework wird als Open-Source-Software veröffentlicht, so dass die gesamte Emulator-Community zur Weiterentwicklung beitragen kann.

Also ein herkömmlicher Software-Emulator, eine Art europäische Version von MESS. Von zeitgenössischer Hardware für das „Originalerlebnis“, auf das Herr Schiffer so viel Wert legt, kein Wort. Trotzdem ließ er es sich nicht nehmen, mich auf meine „Ahnungslosigkeit“ hinzuweisen und mir zu vermitteln er „habe nicht das Gefühl, es mit einem informierten Gesprächspartner zu tun zu haben“. Langsam kristallisiert sich ein Muster heraus: Entweder ich bin einfach zu doof, um mit Journalisten zu diskutieren, oder die benutzen alle die gleiche Taktik um Kritik abzuwehren. Was von beidem stimmt, kann ich als Betroffener, nicht beurteilen, wenn ich doch nur wüsste, wie Journalisten untereinander über mich reden.

Musik liegt in der Luft

Dieser Wunsch bringt mich direkt zum nächsten Journalisten, diesmal habe ich mit Christian Huberts kommuniziert, der für die Zeit den Artikel „Die wollen nur spielen – leider“ geschrieben hat, in dem er fragt  ob Computerspiele als „Kulturgut nicht alle Mitglieder einer Gesellschaft im Blick haben sollten“. Daraufhin habe ich andere Bereiche wie Oper, Zwölftonmusik und moderne Kunst aufgezählt, die meiner Meinung nach auch nicht massentauglich sind, aber trotzdem als Kulturgut angesehen werden und gefragt, warum Spiele anders behandelt werden sollten.

Dennoch ließe sich genau hier die Frage stellen, für welche homogene Gruppe – in der Regel männlich, heterosexuell und weiß – Computerspiele meist noch produziert und beworben werden und ob ein Kulturgut nicht alle Mitglieder einer Gesellschaft im Blick haben sollte. Aber die irrationale Angst vor negativer PR und erneuter Stigmatisierung stellt sich dem Diskurs über die gesellschaftliche Verantwortung von digitalen Spielen nachhaltig in den Weg.

Christian Huberts, „Die wollen nur spielen- leider“

Anstatt auf das Grundmotiv meiner Frage einzugehen, wurde mir von Herrn Huberts sofort ein schiefer Vergleich unterstellt, was ich in Teilen auch durchaus eingesehen habe, weil Zwölftonmusik Teil des größeren Kulturbereichs Musik ist, in dem es eine Nische für jeden Geschmack gibt. Also habe ich einen neuen Ansatz in die Diskussion geworfen: Wenn man Mainstream-Spiele mit Rockmusik gleichsetzt und die „Neuen Spiele“ wie Sunset mit Zwölftonmusik, wie kommen die Kulturjournalisten dann darauf, das gerade im Spielebereich aus derAvantgarde auf einmal eine Massenbewegung wird?  Aber da war es schon zu spät und wieder kam die übliche Schelle: “ Sorry, war ein Fehler überhaupt auf Dich einzugehen“ und „Diskurs braucht eine gemeinsame Wissensbasis“. Rockmusik sei schließlich von Anfang an „Protest“ und „hochpolitisch“ gewesen.

„Denn Kultur verläuft in der Geschichte und macht überraschende Wendungen… es sei den man startet eine „Konsumentenrevolte“.“

Christian Huberts auf Twitter

Ein Gespräch auf Christian Huberts Facebookseite hat mir dann endlich den Wunsch erfüllt, mal direkt in die Köpfe der betreffenden Journalisten schauen zu dürfen.

Quelle: Slimgur

Quelle: Slimgur

Wer kritisiert die Kritiker?

Was Menschen, mit denen ich kurz auf Twitter kommuniziert habe – oder auch Menschen, mit denen ich nie Kontakt hatte – so alles über mich zu wissen glauben. Schauen wir uns mein Persönlichkeitsprofil doch mal genauer an. Anonym und kritik-allergisch sind die ersten zwei Merkmale, die mir angedichtet werden. Ein Blick ins Impressum dieses Blogs hätte gereicht, um die erste Behauptung zu entkräften. Als die ARD Menschen gesucht hat, die bereit sind mit ihrem Klarnamen eine Aussage zu #GamerGate  zu machen, hatte ich kein Problem damit. Und allergisch gegen Kritik? Das ist eher euer eigenes Problem. Ich bin nur allergisch gegen Journalisten, die der Öffentlichkeit ihre einseitige Meinung als Wahrheit verkaufen wollen.

Der dritte Teilnehmer am Gespräch empfiehlt dann auch gleich, noch ein Stück tiefer in die private Filterbubble zu kriechen und die störenden Andersdenkenden gleich komplett auszublenden (hehehe). Das ich selbst für einen gönnerhaften Menschen „der jedem eine Chance gibt“, zu lernresistent bin, hat mich natürlich schwer getroffen. Auch wenn Christian Huberts in einfachen Worten versucht hat, mir sein Weltbild näher zu bringen, ich undankbarer Unwissender habe seine Güte nicht zu nutzen gewusst.

An dieser Stelle klinkt sich Valentina Hirsch ein, die ehemalige Chefredakteurin der früh verblichenen Sendung „pixelmacher“, deren Blogpost  „Unhappy Birthday, GamerGate“ von mir für sachliche Fehler und einseitige Darstellung kritisiert wurde. Der Vorwurf „Ich fasse auf absurdeste Weise alles was mir nicht passt unter #GamerGate zusammen“ ist auf jeden Fall neu, den hab ich so noch nicht gehört, auch wenn er mir sachlich etwas daneben erscheint, drehen sich meine Artikel doch zu 100% um Themen, die mit #GamerGate zu tun haben. Und  „Ich gehe gerne auf alles ein“ hat in meinem Fall bedeutet, dass ich nach meiner Kritik ihres Artikels einfach ignoriert wurde, anscheinend war ich halt nicht „smart“ genug, damit man mir antwortet. Passt ins bekannte Schema.

Und dann wird es richtig lustig: Ich und alle „Gater“ haben ein völlig apolitisches und ahistorisches Weltbild. Ich stelle mir gerade vor, wie alle Menschen, die mich nicht nur von Twitter kennen, auf diese Charakterisierung meiner Person reagieren würden: Schallendes Lachen. Und fast alle Menschen, die ich im letzten Jahr im Zusammenhang mit dem Hashtag kennengelernt habe, vereint eine Tatsache: Es sind alles gebildete, denkende, kritische Menschen, die eben nicht apolitisch oder unwissend sind, die Sorte Mensch findet sich eher in ideologischen Massenbewegungen, in denen jeder angehalten ist, das Selbe zu denken. Und: Jede Kritik an #GamerGate rechtfertigt #GamerGate, siehst du wie einfach das ist, Christian?

Frau Hirsch spricht einem Menschen, den sie nicht kennt, nicht nur das Wissen über die journalistische Tätigkeit ab, sondern die Allgemeinbildung gleich mit. Meinen ersten bezahlten Artikel für eine Tageszeitung habe ich übrigens 1989 geschrieben, Valentina, als du wahrscheinlich noch mit der Trommel um den Weihnachtsbaum gelaufen bist. Warum bilden sich eigentlich Leute wie ihr ein, mehr über die Geschichte eines Mediums zu wissen, als Menschen, die von Anfang an Zeugen seiner Entwicklung waren?  Und Allgemeinbildung… es ist ja unwahrscheinlich, dass es dazu kommt, aber nenne mir Ort und Zeit, Valentina, und wir unterziehen uns beide dem gleichen Allgemeinbildungs-Test, wenn du ein besseres Ergebnis einfährst, spende ich fünfhundert Euro an eine wohltätige Organisation deiner Wahl. Ich helfe jetzt erstmal meinen Bekannten aus dem letzten Absatz, die können seit „mangelnde Allgemeinbildung“ gar nicht mehr aufhören zu lachen.

Was den letzten Post von Christian Huberts und unseren Austauch über Pöbel und Podeste angeht, der wird klarer, wenn man sich nicht nur die zwei genannten Tweets, sondern den Kontext ansieht:

Quell: Twitter

Quell: Twitter

Da es mir schwer fallen wird, mich mit dem Gedanken anzufreunden, dass ich ahistorisch, apolitisch und schlichtweg ungebildet bin, tendiere ich eher zu meinem zweiten Erklärungsansatz: Das kritisierte Journalisten ihre „überlegene Bildung“ (kicher) als Schild benutzen, um jede Kritik abzuwehren. Die hier genannten Beispiele sind auch nicht die einzigen, auch das einfache Design meines Blogs und mein Schreibstil waren schon Gegenstand kritischer Betrachtung durch Gamesblogger und Journalisten, als wenn es bei Informationen in erster Linie auf die optische und stilistische Qualität ankäme, mit meinen Argumenten setzt sich kaum einer auseinander. Alle drei im Artikel genannten Personen schreiben in verschiedenen Funktionen für das WASD-Magazin, kein Wunder also, dass sie das zügige Bilden einer Wagenburg beherrschen, ein Phänomen, das alte #GamerGate-Hasen nur zu gut kennen. Wollt ihr wissen, wie euer Verhalten hier „unten“, bei den Lesern ankommt? Ihr erscheint wie arrogante, verwöhnte Kinder, die nicht mit den anderen Kindern in der Straße spielen wollen, weil sie sich ohne ersichtlichen Grund für was Besseres halten. Und wie soll ich jemandem, der Persönlichkeitsanalysen anhand von 140-Zeichen-Nachrichten macht, denn glauben, dass er in seiner Berichterstattung und Recherche nicht genauso oberflächlich und mit ideologischen Scheuklappen ausgerüstet vorgeht?

Es wird immer klarer, dass die Einstellung der Journalistendarsteller, die zu #GamerGate geführt hat, kein rein amerikanisches Problem ist. Unsere Spielepresse steckt in den gleichen Schwierigkeiten, sie hat sich immer weiter von ihrer Zielgruppe entfernt. Betrachtet man das oben wiedergegebene Gespräch, kann man meines Erachtens sogar von Verachtung sprechen. Gleichzeitig wollen sie die Heilsbringer sein, die uns mit „Spielen in denen man eine Topfpflanze spielt, die in Echtzeit wächst“ (Schiffer) in eine inklusive, diverse, bessere Zukunft führen wollen. Und dann fühlen sie sich angegriffen, wenn sie jemand auf die offensichtliche Diskrepanz zwischen ihren Ideen und der Realität hinweist.

Am Ende bleibt nur, der Internetkritik an der eigenen Person von Menschen, die man nicht kennt, nicht zuviel Bedeutung beizumessen und Derek Smarts Erkenntnis, das #GamerGate nicht aufhören wird, bevor die Presse nicht aufhört, sich die Finger in die Ohren zu stecken und weiter das Lied von der Hassgruppe zu singen. Pardon, von der ungebildeten, apolitischen und ahistorischen Hassgruppe. Soviel Zeit muss sein.

 

 

 

 

 

 

Journalistendarsteller

Alter Mann brüllt Wolken Hipster an

Immer öfter halten vor allem jüngere Journalisten das Interesse ihrer Leser an der Berichterstattung fälschlicherweise für ein Interesse der eigenen Person. Zuerst ist mir dieser Trend bei Fernsehdokumentationen aufgefallen: In den letzten Jahren hat es sich etabliert, dass diese Formate immer öfter einen Hybriden zwischen Moderator und Sprecher einsetzen, vermutlich um dem Zuschauer einen emotionalen Bezugspunkt zu geben und der Produktion zu Wiedererkennungswert zu verhelfen. Das führt in der Praxis leider dazu, dass ich minutenlang nicht Tansania oder die Provence, sondern einen Fernsehmenschen sehe, der versucht beim Kanufahren oder im Gespräch mit Insektenforschern möglichst spontan und ungeprobt rüber zu kommen. Mal abgesehen von der Frage, was Scripted Reality in Bildungsprogrammen zu suchen hat, verschwendet eine solche Dokumentation die wertvolle Zeit des Zuschauers.

Genauso geht es mir mit vielen Vertretern des „modernen“ Spielejournalismus. Als ich noch ein eifriger Leser von Rock, Paper, Shotgun war – dem allerdings schon 2013 zu dämmern begann, das John Walkers Hang zur Predigt auf Dauer unerträglich sein würde – kam ich zum ersten Mal mit Artikeln von Cara Ellison in Berührung. Wie schon Leigh Alexander ein paar Jahre vor ihr wurde die damals frisch „entdeckte“ junge Autorin auf den üblichen Seiten für ihren „mutigen“ und „innovativen“ Journalismus gelobt. Und genau wie bei Alexander wollte ich ja zumindest wissen, worüber die jungen Leute denn jetzt so aufgeregt waren. Und wie bei der ersten Dame war ich nach der Lektüre eher peinlich berührt, dass so viele Menschen offensichtlich Nabelschau nicht von Spielejournalismus unterscheiden können.

Die Artikel waren voller Sätze wie „Es ist mir wichtig mitzuteilen, das ich jetzt, während ich dieses Spiel spiele, in der lauwarmen Feuchte eines Hinterhofs in Manhattan sitze„, „Während ich aufgewachsen bin habe ich andere Mädchen nicht gemocht. Ich war frauenfeindlich. Waren wir alle.“ oder „Die Galerie ist ein winziges, minimalistisches Studio mit einer kuriosen Bar und einer Retro-Eismaschine im Hintergrund„. Ich weiß nicht, ob es anderen genauso geht, aber wie bei den Fernsehdokumentationen beschleicht mich auch hier der Verdacht, das mir unter dem Vorwand der Berichterstattung Lebenszeit geraubt wird, nur dass ich in diesem Fall nicht am gefühlt einhundertsten Abendessen irgendwo in Nepal teilnehmen sondern mich mit den Adoleszenzdramen einer typischen Vertreterin der Generation „Irgendwas mit Medien“ auseinandersetzen muss. Und da mögen die Kollegen auch noch so viel Lob ausschütten, die haben ja, wie die „Gamers are Dead“-Artikel gezeigt haben, sowieso die Schnauze voll von ihrem Publikum. Warum seid ihr dann eigentlich noch hier? Ach, ich vergaß, bei den „echten“ Journalisten kommt man mit der Kugelfischtaktik nicht so weit, nur im Kultursektor reicht es, wen man sich von Zeit zu Zeit auf die Größe seines Egos (bei „progressiven Meinungsjournalisten“ ca. das 14-fache des ursprünglichen Körpervolumens) aufbläst, damit einen die anderen Schwarmmitglieder weiter ernst nehmen.

Die oben zitierte Cara Ellison bringt ihre Sicht der Dinge so auf den Punkt:

Der Wert eines geschriebenen Werkes hängt von zwei Dingen ab: 1) Der Fähigkeit des Schreibenden, eine bestimmte Bedeutung effektiv auszudrücken 2)Der Fähigkeit des Lesers, sich die Mühe zu machen, dieser Bedeutung entgegen zu gehen. 2) wird nicht sehr oft untersucht.

Cara Ellison

Miss Ellison versteht offensichtlich das Konzept einer „schreibenden Zunft“ nicht vollständig, nach unzähligen Teilnahmeurkunden scheint sie anzunehmen, dass es auch im richtigen Leben nach der Uni noch ausreiche, wenn nur der Autor selbst seine Ergüsse versteht. Und in ihrer Selbstüberschätzung behaupten Leute wie sie dann gerne noch, das sei halt „Gonzo-Journalismus“, vermutlich weil sie mal einen Film mit Johnny Depp gesehen haben. Hunter S. Thompson würde kotzen.  Irgendwer muss diesen Oberstufenlyrikern mit Weltrettungskomplex  mal mitteilen, dass ihre Person und ihr Privatleben dem Kunden, denn nichts anderes ist der Leser, in der Regel reichlich egal sind. Journalismus bedeutet nicht, dass man sich ein Thema vornimmt und dann den Artikel damit verbringt, über die eigenen Befindlichkeiten in diesem Zusammenhang zu weinen. Dafür gibt es Tumblr! Diese Menschen wollen einfach nicht verstehen, wie Nischenpresse funktioniert – sie existiert nur dann erfolgreich, wenn die Nische auch Interesse an den angebotenen Inhalten hat. Ein Metal-Magazin, dessen Redakteure die ganze Zeit schreiben, wie viel besser sie Zwölftonmusik finden, wird sich am Markt nicht allzu lange halten. Einem Magazin für Computerspiele, das überwiegend Artikel über moderne Kunst veröffentlicht (der Rest der Artikel dreht sich dann darum, was für herzlose Monster die Leser sind), wird es ähnlich ergehen.

Ich habe über Prison Architect geschrieben, meine Gedanken drehen sich um Focault, Simulation und das Weiß-Sein / Quelle. Twitter

Ich habe über Prison Architect geschrieben, meine Gedanken drehen sich um Focault, Simulation und das Weiß-Sein / Quelle. Twitter

Und doch, gerade gestern hat die Veröffentlichung von Prison Architect einem Journalisten wieder mal Gelegenheit gegeben, genau das zu tun: Der Kunsthistoriker Will Partin legt auf killscreen.com seine ganz eigene Sicht auf den erfolgreichen Mix aus knallhartem Management und Satire dar. Er bemängelt vor allem fehlenden Realismus der Gefängnissimulation: Es fänden zu viele Aufstände und Ausbrüche statt, das erzeuge ein falsches Bild und vor allem käme das Thema der Hautfarbe der Insassen viel zu kurz. Es folgt ein ellenlanger Diskurs über Focault, Gefängnisarchitektur und Unterdrückung. Und Hautfarbe. Später fragt Partin noch, warum die Gefängnisbehörde im Spiel neben Alkohol- und Drogenentzug für die Häftlinge nicht auch Kurse in „kultureller Heilung“ anbieten könne. Einen Vorschlag, wie so etwas spielmechanisch umzusetzen wäre, bleibt er schuldig – falls es der geneigte Leser vor lauter Kopfschütteln vergessen haben sollte: In dem Artikel ging es ursprünglich um ein satirisches Videospiel. Und Hautfarbe. Irgendwie. Der Artikel hat mich dann wieder an das Review von Tropico 5 erinnert, in dem der Redakteur der Seelenpein Ausdruck gab, die ihn überkam, nachdem das Spiel ihn zu Grausamkeiten gegen seine virtuellen Untertanen gezwungen hatte. Ich könnte heulen vor Unterdrückung!

Es liegt mir fern, dieser Art von persönlichem Ausdruck ihre Existenzberechtigung abzusprechen. Mein Erstaunen bezieht sich eher darauf, dass diese Herrschaften in ihrer blasierten, arroganten Art glauben im Besitz einer Wahrheit zu sein, die sie von vielen Pflichten befreit: Im Gegensatz zum klassischen Journalisten vergangener Tage, stellen sie von Anfang an ihre Persönlichkeit gleichberechtigt neben ihre Inhalte und glauben auf Dinge wie Überparteilichkeit, Objektivität und sauberes Arbeiten verzichten zu können, so lange sie nur von genug Menschen für ihre unglaublich korrekte Haltung wahrgenommen werden. Da werden Interviewpartner eingeladen, deren Meinung der entsprechende Medienmitarbeiter teilt und ein Interview inszeniert, in dem es keine kritischen Rückfragen gibt. Da ist jede zweite Antwort von Pressevertretern aus dem progressiven Lager auf die Frage nach einem Dialog eine herablassende Floskel wie „Diskurs braucht eine gemeinsame Wissensbasis“, so geht man den lästigen Kritikern gekonnt aus dem Weg, jetzt noch schnell zu Starbucks. Diskussionen mit Kritikern sind so 80er.

Ich habe über die Mona Lisa Geschrieben, meine Gedanken drehen sich um Gesundheitsvorsorge, Astrologie und Damen-Cricket.

Ich habe über die Mona Lisa geschrieben, meine Gedanken drehen sich um Gesundheitsvorsorge, Astrologie und Damen-Cricket / Quelle: Twitter

Und sie gewinnen mit dieser Masche an Einfluss, auch in Deutschland. Schaut man genau hin, finden sich immer wieder die gleichen Namen wenn es darum geht, Videospiele in irgendeinen Kontext mit Rasse oder Geschlecht zu setzen, ob in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten oder auf Spieleblogs. Manchmal reicht es schon, das jemandem mal ein griffiger Hashtag eingefallen ist oder das er über eine auffällige Frisur verfügt , um in Regierungsgremien eingeladen zu werden oder in diversen Talkshows aufzutreten und daran sicher nicht schlecht zu verdienen. Und wenn man dann erstmal im System ist werden landauf, landab, Woche für Woche Steuergelder und Rundfunkgebühren für Vorträge und ganze Kongresse zum Hype-Thema Netzkultur ausgegeben, auf denen sich dann wieder die gleichen 30 „Speaker_Innen“ treffen wie jedes Wochenende. Eine Monokultur der neuen Ideen. Eigentlich kann man die großzügige Finanzierung der Netzkultur- und der Netzfeminismus-Bewegung als eine Art verlängerten Arm der Arbeitsagentur sehen, der dafür zuständig ist, die nicht ganz so erfolgreichen Kinder der Besserverdienenden zu alimentieren. Und so lange die Kohle vom Patriarchat den Journalistendarstellern für eine Wohnung in Berlin und veganes Liefersushi reicht, stirbt der Videospielejournalismus weiter einen langsamen, qualvollen Tod.

Leute wie TotalBiscuit wird es freuen.

Für eine Handvoll Doritos

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it und wird hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.

Den ersten Teil, „Zuckerbrot und Peitsche“, können Sie hier lesen.

Der Stock

2008 äußerte sich Dan Hsu erneut über das Thema des Drucks durch die Publisher und bemerkte, die Firmen hätten ihre Taktik verfeinert und reagierten nun schon auf „nicht-100%-positive“ Tests, indem sie den betreffenden Veröffentlichungen weitere Berichterstattung verweigerten: „Das ist schon eine interessante Ausgangslage: Ihr lasst uns die Spiele nicht sehen und wir können nichts Schlechtes über sie schreiben“. Er warf den Entwicklern von Mortal Kombat sowie Ubisoft und Sonys Sportabteilung vor, EGM auf eine schwarze Liste gesetzt zu haben.

Sony war 2007 auch an einem anrüchigen Versuch beteiligt, die Reputation von Kotaku zu untergraben. Die Seite veröffentlichte einen Bericht über das kommende „Playstation Home“-Programm, obwohl Sony ihnen gedroht hatte, dass die Veröffentlichung das „professionelle Verhältnis“ zum japanischen Konzern „untergraben könnte“ und wurde als Konsequenz von der weiteren Berichterstattung weitgehend ausgeschlossen. Kotaku veröffentlichte postwendend den Brief mit der Drohung, auf eine schwarze Liste gesetzt zu werden und der darauf folgende öffentliche Druck führte noch am gleichen Tag, an dem der erste Artikel erschienen war, zu einer gütlichen Einigung mit Sony.

Im Jahr 2011 wurde nur mit der schwarzen Liste gedroht: Eine PR-Firma, die im Auftrag von 2K Games arbeitete, drohte öffentlich mehreren Veröffentlichungen mit der Beendigung jeglicher Zusammenarbeit, weil diese mit ihrer Kritik am äußerst schlecht aufgenommenen Spiel Duke Nukem Forever „eine Grenze überschritten hätten“ . Wieder einmal wurde zurückgerudert, nachdem die Erpressung an die Öffentlichkeit gelangt war – die Firma schob schnell eine Entschuldigung nach.

In seinem Artikel über den Skandal nannte Ben Kuchera, damals noch bei ArsTechnica, schwarze Listen eine ziemlich weit verbreitete Praxis, eine Ansicht, die er heute noch vertritt, während im selben Jahr der freie Autor Richard Stanton ein (später zurückgezogenes) Interview gab, in dem er angab, die Werbekunden würden „alles kontrollieren“ und sein Arbeitgeber, Future Publishing, tue alles um jeden ihrer Wünsche zu erfüllen.  Als Gamesblog.fr im Jahr 2012 vom Publisher Activision auf eine schwarze Liste gesetzt wurde – was bedeutete, dass sie geplante Anzeigen strichen, bereits ausgesprochene Einladungen zurückzogen und aufhörten, die Seite mit Testmustern zu beliefern – ging es wieder um die Weigerung, eine Story zurückzuhalten, in diesem Fall über den Nachfolger von Call of Duty: Black Ops.

Aber das war keinesfalls der bekanntest Gaming-Skandal im Jahr 2012.

DoritosGate

Das beliebteste Symbolbild für den DoritosGate Skandal zeigt den Spielejournalist Geoff Keighley mit leerem Blick, umgeben von Doritos, Mountain Dew und Werbepostern.

Geoff Keighley mit seinen liebsten "Nahrungsmitteln" / Foto: deepfreeze.it

Geoff Keighley mit seinen liebsten „Nahrungsmitteln“ / Foto: deepfreeze.it

Ursprünglich stammt es aus einem Kommentar des Eurogamer-Kolumnisten Rab Florence, in dem es um den Mangel an ethischen Standards in der Spielepresse und deren allzu freundlichen Umgang mit den PR-Leuten der Branche ging.

In Florence‘ Artikel ging es hauptsächlich um die Games Media Awards, ein britisches Event, auf dem Preise von PR-Repräsentanten an Spielejournalisten vergeben werden. Während der Preisverleihung im Jahr 2012 gab es ein Gewinnspiel, bei dem Journalisten, die ein bestimmtes Spiel auf Twitter anpriesen, eine PS3 gewinnen konnten. Florence zitierte in seinem Artikel einige Spielejournalisten, welche die Verlosung gegen Vorwürfe der Bestechung in Schutz genommen hatten.  Er gab ihnen zwar nicht die Schuld an den Vorgängen, merkte aber an, dass diese Journalisten ihre eigene Glaubwürdigkeit untergraben hätten.

Die GMAs sollte es gar nicht geben. Im besten Falle sollte dieser Raum voller Leute sein, die sich in der Gegenwart der Anderen unwohl fühlen. Die PR-Leute sollten sich die Spiele-Journos anschauen und denken: „Diese Person macht meinen Job zu einer echten Herausforderung“. Warum sind sie alle dicke Freunde? Was zum Teufel ist hier los?

Rab Florence, Eurogamer.

 

 Lauren Wainwright, eine von Florence zitierte Journalistin, drohte daraufhin mit rechtlichen Schritten. Als Reaktion zensierte Eurogamer einen Teil von Florence‘ Artikel, was zu dessen Kündigung und einer heftigen Reaktion des Internets gegen Wainwright führte.

Wainwright, ein enthusiastischer Fan der Tomb Raider Spiele, wurde dabei ertappt das sie in ihrem Lebenslauf Hinweise auf eine Tätigkeit für Square Enix, den Publisher der Serie, verschleiert und über deren Spiele Testberichte geschrieben hatte. Dies hatte sie vorher stets bestritten. Sie hat inzwischen eingeräumt, die Drohung mit einem Gerichtsverfahren sei ein Fehler  gewesen.

Der Artikel von Rab Florence war der Funke, an dem sich eine riesige Diskussion entzündete, schon bevor die Zensur dem Fall zu noch mehr Aufmerksamkeit und Artikeln auf diversen Webseiten verhalf.

Nach seiner Meinung zur Berichterstattung über das Thema befragt, nannte Kotaku-Chefredakteur Stephen Totilo die ganze Affäre „unwichtig“ und den selben alten „müden Nonsens“. Nachdem er für seine Äußerungen scharf kritisiert wurde, entschuldigte er sich und schrieb einen Artikel über den schon oft gegenüber der Presse erhobenen Vorwurf, man „habe es sich mit der Spieleindustrie zu behaglich gemacht“. Darin gibt er zu, dass die Gepflogenheiten für Außenstehende so aussehen könnten als bewegten sie sich „an der Grenze zur Bestechung“.

Er kam zu dem Fazit, das „die Kritik an der Spielepresse so verbreitet sei, dass sie praktisch nur ein Hintergrundrauschen darstelle“ und das begründete Beschwerden „in einem Meer von Fehlinterpretationen“ untergingen. Er vertraue darauf, dass es neben den als Artikel getarnten Presseerklärungen auch eine Menge guter Berichterstattung gebe und sei voller Hoffnung, dass es in Zukunft noch mehr davon geben werde.

Der Ritt geht weiter

Der „gute Journalismus“ auf den Totilo gehofft hat, schafft es leider selbst nicht so oft in die Schlagzeilen, deswegen ist es schwer zu klären, ob sich nach DoritosGate etwas zum Besseren gewendet hat – auf der anderen Seite haben die Skandale seitdem nicht aufgehört.

Der Druck auf Journalisten ist weiterhin ein Problem, wie im Fall von Ubisoft, die jedem Journalisten, der die exklusive Vorschau ihres Spiels Watch Dogs im April 2014 besuchte, ein Nexus7-Tablet schenkten. Während der Spielejournalismus dabei ist, seinen Einfluss an YouTuber und „professionelle Konsumenten“ zu verlieren, richten die PR-Agenturen ihre Strategien entsprechend aus. Im Oktober 2014 bot eine PR-Firma im Auftrag von Warner Bros verschiedenen YouTubern an, bezahlte Videos über Shadow of Mordor zu machen – sie bekämen Vorab-Kopien des Spiels und eine finanzielle Zuwendung, müssten sich aber im Gegenzug dafür in einem Vertrag dazu verpflichten, das Spiel nur positiv zu besprechen und die Videos vorab der PR-Agentur zur Prüfung vorzulegen. Zur Veröffentlichung von Metal Gear Solid 5 im August 2015 fand wieder das gleiche luxuriöse „Bootcamp“ statt, das es schon zum Vorgänger gegeben hatte.

Auch die Angelegenheit mit der Werbung taucht immer wieder auf, oft begleitet ein wahrer Teppich aus Anzeigen die positive Besprechung eines Spiels. Im Fall von Mass Effect 3 führte das sogar dazu, dass ein Kritiker zum Angriff auf sein Publikum überging, weil es mit seiner Lobeshymne auf das Spiel nicht einverstanden war. Daraus resultierten Angriffe auf Gamer und ihre angebliche „Anspruchshaltung“ gegenüber der Industrie, die man auch als Versuche werten kann,  Werbekunden und Publishern  zu Diensten zu sein.

Zwei Jahre nach DoritosGate kamen Fälle von Interessenkonflikten ans Licht, die sich mehr um persönliche und finanzielle Verbindungen drehten als um Werbung und die Kritik an der Spielepresse erreichte so viele Menschen wie nie zuvor – durch eine andauernde Konsumentenrevolte, deren Unterstützer  sich um den Hashtag #GamerGate gesammelt haben.


Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it, einer Seite, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die ethischen Verfehlungen im Spielejournalismus zu katalogisieren.

gamergateblog.de dankt @bonegolem und dem Team von deepfreeze.it für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung dieser Übersetzung.

Grafik: deepfreeze.it

 

Zuckerbrot und Peitsche

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it und wird hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.

Spielepublikationen waren schon immer  werbefinanzierte Unternehmen – eine Finanzierungsform, die seit dem Übergang zum Onlinejournalismus zur einzigen nennenswerten Quelle für Einnahmen geworden ist. Durch die geringen Profitmargen und die Tatsache, dass der Großteil der Anzeigen von den Spiele-Publishern kommt, findet sich der Spielejournalismus in einer schwierigen Position wieder, in der die Interessen ihrer Werbekunden oft gegen die Interessen ihrer Leser stehen.

Das Werbebudget ist ein Druckmittel, das schon viele Publisher eingesetzt haben, um Spielejournalisten unter Druck zu setzen. Schon 1995 hat das Magazin Amiga Power das Problem angesprochen und festgestellt, das Spielkritiker durch PR-Mitarbeiter, die sie mit Geschenken beeinflussten, freundlich gestimmt würden und versuchten, Konflikte mit den Publishern zu vermeiden.

2005 stellte Dan Hsu, damals Chefredakteur von EGM, fest, dass ein nicht namentlich genanntes Konkurrenzunternehmen seine Titelseite im Tausch für Anzeigen regelrecht verkaufte. Er fügte hinzu, dass auch Veröffentlichungen seines Unternehmen von Publishern unter Druck gesetzt worden seien, das Spiel mitzuspielen – oder ihre Anzeigen zu verlieren.

Im Verlauf der Jahre kamen viele Versuche der Publisher ans Tageslicht, Journalisten milde zu stimmen, einzuschüchtern oder unter Druck zu setzen. Es entsteht der Eindruck, es gebe ein andauerndes Ringen hinter den Kulissen, bei dem Journalisten entweder von Publishern beeinflusst werden oder sich mit aller Kraft dagegen wehren müssen, um unabhängig zu bleiben.

Meine Industrie geht mir auf den Sack.

Die Auswahl der Cover-Motive bei einem unserer Mitbewerber kam mir irgendwie verdächtig vor, also habe ich einen Kontakt bei einem großen Spiele-Publisher danach gefragt. „Ja,“ sagte er, „wir kriegen vom betreffenden Magazin jedes Titelmotiv, das wir haben wollen. Wir müssen nur ein Gespräch mit dem Herausgeber führen, ein paar Anzeigen versprechen und anschließend klären wir noch die Details“. Also… kann man bei diesem Magazin eine Titelstory kaufen. Großartig.

Kürzlich hat sich ein PR-Mitarbeiter einer anderen Spielefirma darüber beschwert, dass über seine Firma auf einer gewissen, sehr wichtigen Website nicht berichtet wird, weil sie keine Anzeigen auf dieser Seite schalten. Damit ihre Spiele besprochen würden, müssten sie anfangen Geld auf der Seite auszugeben. Mehr Berichterstattung gegen Geld. Wundervoll.

Leider muss ich mir sowas nicht ausdenken.

Dan Hsu, 1UP.com

 

Die Wertung

Die Diskussion über den Druck, den Publisher auf Journalisten ausüben, beginnt im Normalfall bei den Wertungen – und die stehen seit den Anfängen der Nischenpresse unter Verdacht, nicht zuletzt wegen zahlreicher Skandale. Seit das Internet ihr Publikum vergrößert hat, wird den Redakteuren noch genauer auf die Finger geschaut.

Um die Wertungen geht es auch in den ältesten großen Skandalen der Spielegeschichte – wie den Vorgängen rund um Driver 3, ein Spiel das von den meisten ziemlich schlecht bewertet wurde, von einigen Veröffentlichungen von Future Publishing aber fast perfekte 9.0 Wertungen bekam. Sie verzichteten darauf, die vielen Bugs des Spiels anzusprechen und mussten hinterher zugeben, von Atari bevorzugt behandelt worden zu sein. Oder Donkey Konga von 2005, bei dem die Redaktion von Gamespy den Testbericht ohne Zustimmung des Autors änderte und eine schlechte 1.5/5 Wertung in eine deutlich bessere 3/5 änderten. Der wahrscheinlich bekannteste Skandal in der Spielebranche begann auch mit einem Testbericht: 2007 feuerte Gamespot seinen Chefredakteur Jeff Gerstmann,  nachdem dieser dem Spiel Kane & Lynch: Dead Men von Eidos in seinem Test eine niedrige Wertung gegeben hatte. Zur gleichen Zeit wurde das Spiel auf der Seite massiv beworben, was zu wilden Spekulationen über Druck durch den Publisher führte, die Gerstmann und Gamespot schließlich bestätigten, nachdem ihre vertraglich vereinbarte Schweigepflicht ausgelaufen war.

Mit regelmäßigen Skandalen wie diesen und manchmal unfreiwillig lächerlichen, auffälligen Unterschieden zwischen den Wertungen der journalistischen Kritiker und den Bewertungen der Fans ist die Presse jedesmal im Verdacht, bestechlich zu sein, wenn ein positiver Testbericht von einer massiven Anzeigenkampagne begleitet wird oder die Bewertung des Kritikers für ein Spiel eines Anzeigenkunden von der vorherrschenden Meinung abweicht und allzu freundlich ausfällt – oder ganz einfach Teile des Publikums beleidigt werden. Auch wenn die reine Masse solcher Vorfälle es wahrscheinlich macht, das einige dieser Vorkommnisse durchaus von den Werbekunden initiiert wurden, ist es ohne klare Beweise nicht möglich, berechtigte Anschuldigungen von Fehlalarmen zu unterscheiden.

Die Möhre

Mit den Testmustern der Publisher kommen regelmäßig zusätzliche Materialien, vom Werbegeschenk bis zu etwas extravaganteren Gegenständen. Im Presse-Kit von Halo 3 (2007) gab es zum Besipiel (unter anderem)  eine neue XBox 360 mit zwei Controllern und den Helm des Protagonisten als Dekorationsgegenstand. Auch 2001 bewies Microsoft erneut Großzügigkeit, als jeder teilnehmende Journalist auf der E3 Presse-Show des Konzerns eine kostenlose XBox 360 bekam.

Ich bin ein AAA-Producer […] es besteht also die Chance, das ich deinen Flug buche, und dein Zimmer, deine Getränke an der Bar, deine Besuche im Spa zahle und dein Zimmer vollstopfe mit HD-TVs, Alienware Rechnern und Razr-Keyboards mit Scheiß Neon-Unterboden-Beleuchtung. Nichts davon hat mit dem Spiel zu tun. Wir zahlen euch Schmiergeld und dafür erwarten wir nicht nur, das ihr Partei ergreift, wir setzen alles darauf. Und dann nehmen wir uns heraus, eure Unabhängigkeit einzufordern, wenn ihr schlecht über uns schreibt.

Alex Lifschitz, AAA-Producer Praktikant in der Produktionskoordination bei Activision 2009

Solche Geschenke scheinen eine weit verbreitete Gewohnheit zu sein. Ars Technica hat einige dieser Zuwendungen dokumentiert, unter den Highlights waren die Replik eines Schwertes aus einem Spiel oder eine Holzkiste voller Stofftiere, ein Scheck über 200 Dollar oder ein Schwerelosigkeits-Flug in einem Spezialflugzeug im Wert von etwa 5000 Dollar. Stepen Totilo von Kotaku kam 2012 auf das Thema zurück und merkte an, er müsse regelmäßig Geschenke von Publishern ablehnen oder weiter verschenken, unter anderem ein Mini-Surround-System, ein Schach-Set und eine Reise nach Disneyland. Totilo führte weiter aus, es sei schwierig, diese Geschenke auf ethisch korrekte Art und Weise los zu werden. Trotz der Bemühungen vieler Websites und Magazine finden Presse-Geschenke manchmal den Weg zu ebay, wo sie von ehemaligen Spielejournalisten angeboten werden. Gerne werden den Journalisten auch Reisen angeboten – 2010 gab es für die Tester von Call of Duty: Black Ops eine durchaus luxuriöse Unterbringung, und schon 2008 hatte Konami anlässlich der Veröffentlichung von Metal Gear Solid 4 Journalisten zu einem „Boot Camp“ nach Japan eingeladen.

 Zwei Wochen vor der Veröffentlichung des Spiels wurde ich von San Francisco nach LAX (Los Angeles) geflogen, von dort ging es mit dem Auto zum Flughafen von Santa Monica, wo ich einen Fliegerhelm mit meinem Gamertag überreicht bekam.

Dann setzte man mich in einen Helikopter um mich nach Ojai, Kalifornien zu fliegen, ein kleines Städtchen, etwa zwei Stunden von LA entfernt. Nach der Landung auf einem Feld wurde ich ins Ojai Valley Inn and Spa gefahren, wo ich drei Tage lang in einer schicken Suite wohnte. In der Suite gab es eine 360, eine Kopie des Spiels und einen schönen 3D-Fernseher, der an einem Surround-System hing. Es gab auch einen Bereich mit 30 Stationen, an denen die Tester sich den Multiplayer-Teil des Spiels ansehen konnten.

Ich bekam außerdem ein Headset von Madcatz im Call of Duty: Black Ops Design. Am Ende der Reise durfte ich den Pilotenhelm und das Headset behalten, alle Ausgaben für Flug, Unterbringung und Verpflegung hat Activision gezahlt.

Tae Kim, GamePro

Die Diskussionen über den Druck, dem Journalisten ausgesetzt sind kommen oft zu dem Schluss, es gebe zumindest keine offene Bestechung – wobei es korrekter wäre zu sagen, dass es diese nicht regelmäßig zu geben scheint. 2012 wurde das Indie Game Magazin dabei erwischt, dass die Redaktion 50 Dollar für einen Test verlangte – eine Praxis die möglicherweise eine Menge Inhalte beeinflusst hat und die nach der Aufdeckung zügig fallen gelassen wurde. Der für diese Entscheidung verantwortliche Mitarbeiter, Chris Newton schireb, er habe diese getroffen, weil bezahlte Testberichte innerhalb der Branche ein weit verbreitete Vorgehensweise seien, und offensichtlich meinte er das ernst, da mehrere kleinere Seiten sich offiziell dieser Praktiken bedienen. 2013 eröffnete die Crowdfunding-Plattform Patreon und wurde bald zu einer weiteren Quelle für finanzielle Interessenkonflikte.

Die Sporen

Zur gleichen Zeit, als Konami das „Boot Camp“ anbot, bat die Firma darum, die lange Installationsdauer und die vielen Cutscenes in den Tests zu Metal Gear Solid 4 nicht zu erwähnen – dazu muss man wissen, das die Gesamtlänge der Zwischensequenzen über acht Stunden beträgt, dass MGS 4 anscheinend zeitweise den Guiness-Weltrekord für die längste Cutscene gehalten hat und das die Installationszeiten sehr lang waren und zwischen den einzelnen Kapiteln immer wieder neu installiert werden musste. Stephen Totilo von Kotaku hat dieses Embargo Jahre später bestätigt, als er behauptete, seine Weigerung, dieser Vorgabe zu entsprechen, habe ihn ein Interview mit dem Erfinder der Reihe gekostet.

Im gleichen Jahr kam es zu einer ähnlichen Situation, die das Eidos-Spiel Tomb Raider Underworld betraf. Eine PR-Firma, die Eidos repräsentierte, bat Webseiten und Magazine die schlechten Tests erst ein paar Tage nach dem Erscheinen des Spiels zu veröffentlichen – und das, nachdem Eidos erst im Jahr davor in den oben erwähnten Gamespot-Skandal verwickelt gewesen war, den eine mittelmäßige Bewertung von Kane and Lynch: Dead Men  ins Rollen gebracht hatte.

Unbeeindruckt davon, das die Journalisten Eidos öffentlich gerügt hatten, wurde EA Norway 2011 dabei erwischt, wie sie Fragebögen an potentielle Tester von Battlefield 3 verschickten, deren Fragen so gestellt waren, dass man anhand der Antworten beurteilen konnte, ob der Betreffende dem Spiel eher eine hohe oder eine niedrige Wertung geben würde. Es folgte eine heftige Reaktion und EA gab an, die Versendung der Fragebögen sein ein Fall von „menschlichem Versagen“ gewesen.


 

Den zweiten und letzten Teil dieses Artikels, „Für eine Handvoll Doritos“, können Sie hier lesen.

Das Zitat von Alex Lifschitz hat gamergateblog.de zusätzlich eingefügt, da es die Industrie-Seite der Diskussion beleuchtet.

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it, einer Seite, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die ethischen Verfehlungen im Spielejournalismus zu katalogisieren.

gamergateblog.de dankt @bonegolem und dem Team von deepfreeze.it für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung dieser Übersetzung.

Grafik: deepfreeze.it

 

 

#NichtEureMunition

Gastbeitrag

Der folgende Beitrag stammt von einer Bloggerin, die unter dem Pseudonym Transye West schreibt und wird hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.

Liebe Gegner von GamerGate, ich bin #NichtEureMunition

Ich bin Mann-zu-Frau Transgender und wie viele von uns unterstütze ich GamerGate. Ich glaube daran, dass Meinungsfreiheit wichtiger als alles andere ist und würde das Recht auf Genderübergang und rechtliche Anerkennung meines neuen Geschlechts aufgeben, um dieses universelle Menschenrecht zu schützen. Ich glaube dran, das andere mich beleidigen dürfen und das ich sie beleidigen darf ohne Angst vor einer Einmischung der Behörden haben zu müssen und das „Cybergewalt“, wie sie von Anti-GamerGate beschrieben wird, nicht existiert. Ich glaube fest daran das Meinungen, unabhängig vom Medium, in dem sie ausgedrückt werden, nie unter Strafe gestellt werden sollten – solange sie keinen physischen Schaden für Andere verursachen.

Ich bin jetzt seit sechs oder sieben Monaten an GamerGate beteiligt und habe sowohl unter den Gegnern als auch den Befürwortern von GamerGate unglaubliche Freunde gefunden und würde keinen von ihnen verändern wollen. Obwohl ich heftige Meinungsverschiedenheiten mit Vertretern beider Gruppen hatte, habe ich doch mit den meisten von ihnen eine Verbindung gespürt. Wie auch immer, echte Negativität habe ich nur von einer Gruppe von gleich denkenden Menschen gespürt.

Jene, die mich transphob genannt haben obwohl ich selber Transgender bin, jene die mich als „diejenige, die hilft, Transleute weiter klein zu halten“ bezeichnet haben, sind die Gleichen, die kritisch zu abweichenden Gedanken und freier Meinungsäußerung stehen. Sie sind diejenigen, die einer nicht diskutierbaren Doktrin der sozialen Gerechtigkeit folgen und andere, die offen ihre Meinung sagen mit Doxxing und Swatting bedrohen. Eigentlich hat diese Gruppe großen Respekt vor Transgender-Personen, zwei ihrer lautstärksten Mitglieder sind selbst Transgender, doch dieser Respekt wird nur gezollt, solange man dem Narrativ folgt.

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Durchbrechen Transgender-Personen, z.B. durch die Unterstützung von GamerGate, das Narrativ, ist es auch für sie vorbei mit der Position auf dem Podest. Sie scheuen keine Mühen um uns lächerlich zu machen und uns abzuwerten indem sie unsere Twitterkonnten sperren lassen, weil wir keine unterwürfige Tranny sind oder sie ordnen uns absichtlich dem falschen Geschlecht zu, weil wir nicht die „genehmigte“ Liste an Pronomen benutzen. Dieser Lebensstil, der erscheint als käme er direkt aus „Animal Farm“, lockt Transgender-Personen unter dem Vorwand von Feminismus und Gleichheit an, aber nichts davon ist echt: Wenn eine Transperson auch nur ein kleines bisschen vom Gruppendenken abweicht, ändert sich ihr Kriegsruf auf einmal in: „Nur eine tote TransgenderPerson ist eine gute Transgender-Person“.

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Die meisten Angriffe auf mich beziehen sich auf meinen laxen Umgang mit dem Wort Tranny, das ich regelmäßig benutze, um mich selbst zu beschreiben. Ich habe mich immer auf die gleiche Art und Weise als „Tranny“ bezeichnet, wie Lesben sich selbst „Dykes“ nennen  oder Schwule sich selbst als „queer“ bezeichnen, eine humorvolle und verspielte Art mit einem Begriff umzugehen, der negative Untertöne hat und der von manchem als Schimpfwort gesehen wird. Ich benutze das Wort „Tranny“ nicht aus einem sinnlosen Gefühl der Rückeroberung heraus, sondern weil es mir gut tut und weil es Anderen die Möglichkeit gibt, über den Humor eine Verbindung zu mir herzustellen.  Ich glaube, dass Worte vollkommen abhängig vom Zusammenhang des Satzes sind, in dem sie stehen, vom Sprechenden selbst und das diejenigen, die glauben, man könne Worte zurückerobern einfach nur postulieren, dass ein weißer, heterosexueller, cis-gender Teufel ihr Wörterbuch beherrscht, was eine ziemlich lächerliche Theorie ist.

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Die Website feministing.com hat Tweets von mir in ihrem Artikel zur „Samus Atrans“-Kontroverse als Beweis für Transphobie zitiert. Diese Kontroverse wurde durch Brianna Wu und Ellen McGrody, zwei Transgender-Frauen, ausgelöst, die einen Artikel für die berüchtigte Website themarysue.com geschrieben haben. Der Artikel bezeichnete GamerGate-Unterstützer als „weiße dudebros“ und nannte meine Twitter-Gespräche mit @remmarssa, in denen ich mich erkundigte, warum es an christlichen Rollenvorbildern für Transgender mangelt, „zutiefest transphob“. Ich habe sowohl feministing.com als auch den Autor auf Twitter kritisiert und kurz darauf wurde der Artikel zurückgezogen. Darauf angesprochen informierte mich der Executive Director Jos Truitt, dass der fragliche Artikel zurückgezogen worden sei, weil er eine Transperson, in diesem Fall Brianna Wu, geoutet habe. Wu hat nie öffentlich bestätigt, dass sie eine Transgender-Frau ist.

Mir ist zwar klar, das Tanya Cohen (die Autorin des Artikels) eine Deckidentität des kürzlich verhafteten Internet-Trolls Joshua Goldberg und der Feministing-Artikel damit praktisch gegenstandslos ist, aber trotzdem habe ich ein Problem damit, dass feministing.com den Artikel in dem Glauben publiziert hat, es handele sich um die Warheit, denn auf diese Weise haben sie mich als transphob abgestempelt.

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Die Gegner von GamerGate haben ebenfalls versucht, meine Identität als Transperson in Frage zu stellen, indem sie mich mit dem falschen Geschlecht ansprachen oder mich als „Er, Sie, was auch immer“ bezeichnteten. Als Antwort darauf habe ich die Kopien von Briefen auf Twitter veröffentlicht, welche meinen Status als Kandidatin auf der Warteliste für eine Hormonersatztherapie bestätigen, die ich ab April 2016 in einer NHS-Gender-Klinik erhalten soll. Diese Briefe sind aus dem Januar 2015, zwei bis drei Monate bevor ich überhaupt mit GamerGate-Befürwortern oder Gegnern zu tun hatte. Ich möchte nachdrücklich darauf hinweisen, das mein gewähltes Geschlecht und die dazugehörigen Pronomen in den sechs bis sieben Monaten, in denen ich mit GamerGate zu tun hatte, nie von einem Unterstützer des Hashtags in Frage gestellt oder nicht respektiert worden sind.

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Ich glaube, dass das Recht auf Meinungs- und Redefreiheit alles andere überragt und dass meine eigenen Rechte als Transgender-Person zweitrangig sind. Ich würde das Recht zum Genderübergang, zur rechtsgültigen Änderung meines Namens oder Geschlechts und das Recht auf Heirat aufgeben, um diese Rechte für jede einzelne Person und jedes zur Verfügung stehende Medium zu schützen. Ich akzeptiere zum Beispiel, das nicht jeder mit meinen gewählten Pronomen oder der Art, in der ich über meine Identität spreche, einverstanden sein wird. Diese Leute haben das Recht auf ihre eigene Meinung, genau wie ich das Recht habe, ihre Meinung nicht zu teilen, ohne dafür Verfolgung befürchten zu müssen.

 

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In der Gründerzeit von #GamerGate war der Hashtag #NotYourShield populär, er entstand aus einer Diskussion auf dem /v/ Board auf 4Chan und war eine Antwort auf die Behauptung von Anti-GamerGate, sie würden die Rechte von Frauen und Minderheiten verteidigen – solange diese sich dem Narrativ unterordneten. Ich schlage vor, der Welt den abstoßenden Hass zu zeigen, dem GamerGate-Unterstützer regelmäßig durch ihre Gegner ausgesetzt sind. Diese Gegner benutzen Minderheiten nicht nur als Schild, um unsere Kritik abzuwehren, sondern auch als Waffe zum Angriff auf unsere Freiheit. Sexualität, Gender, Religion und Hautfarbe spielen keine Rolle, denn wir sind #NichtEureMunition, Anti-GamerGate!


 

Dieser Blogpost erschien zuerst in englischer Sprache hier.

gamergateblog.de dankt Transye West (@senpaidesune) für die freundliche Genehmigung zur Übersetzung und Veröffentlichung.

 

Google, Böcke, Gärtner

Google Ideas will eine Taskforce zur Bekämpfung von Drohungen und Beleidigungen im Netz gründen, für sich allein  genommen keine schlechte Idee, wenn man aufpasst, die freie Meinungsäußerung im Verlauf der Aktion nicht zu beschädigen. Voraussetzung für Letzteres wäre als erstes eine ausgewogene Zusammenstellung des zuständigen Gremiums. Schon der flüchtige Blick auf das Titelbild kann im geneigten Leser den Verdacht erwecken, das Google bei dieser Aufgabe wohl kein glückliches Händchen hatte. Es sei denn, Google wirbt auch Wölfe an, um Schafe zu beschützen, denn mindestens fünf der Damen auf dem Bild (ich zähle ganze zwei Männer, obwohl Studien keinen nennenswerten quantitativen Unterschied der Beleidigungen bei Männern und Frauen finden konnten) haben nicht nur passive Erfahrungen mit Drohungen, Beleidigungen und öffentlicher Bloßstellung.

Feuer mit Feuer bekämpfen?

Zuerst wäre da Zoe Quinn, ein Dauergast (der sich immer wieder selbst einlädt) in den Diskussionen rund um #GamerGate. Neben ihrer Vergangenheit als jemand mit „Helldump-Sucht“ (ein Forum, dass auf Doxxing und Trolling spezialisiert war), zeigt vor allem ihr Umgang mit ideologisch inkompatiblen Menschen ihre mangelnde Eignung für die Bekämpfung von Online-Belästigung. Sie hat versucht, die Kampagne von The Fine Young Capitalists zu torpedieren, die ein Spiel von Frauen entwickeln lassen wollten um den Profit an wohltätige Organisationen zu spenden. Später darauf angesprochen behauptete sie, lediglich vier Tweets zum Thema TFYC geschrieben und in keiner Weise Sabotage betrieben zu haben. Die 43 Tweets, die es tatsächlich waren enthielten Perlen wie „Oh, da haben wir wohl aus Versehen jemandes Website gecrasht“.

Dann wäre von Brad Wardell, dem Entwickler von Galactic Civilizations zu sprechen, den sie auf Twitter „ein pedantisches Stück Scheiße“ genannt hat. Oder von den vielen tausend anonymen Gamern, die sie in ihrem Wahn, sie sei ein „Cutie killing video games“ beleidigt und verhöhnt hat. Oder von der Fotografin, der sie erzählt hat, sie habe schon einmal einen Mann in Notwehr umgebracht und deren Karriere Quinn nach bekanntem Muster (laut „Belästigung“ schreien, bis jemand zuhört) zu torpedieren versuchte? Miss Quinn scheint genug Leichen im Keller zu haben, um ganze Friedhöfe zu füllen – wie zum Teufel kommt Google Ideas darauf, in ihr eine Kandidatin für ein Programm gegen Online-Belästigung zu sehen?“

„Ich liebe Games mehr als ihr Arschlöcher es jemals tun werdet“

Zoe Quinn, Botschafterin des guten Willens

Als nächstes wäre da Anita Sarkeesian: Nach außen die Maid in Nöten, die von der ganzen Männerwelt angegriffen wird, auf Twitter aber auch nicht gerade zimperlich. Über den Blogger Glenn Beck zu Beispiel kann man sicher streiten, ihn ein sexistisches Arschloch zu nennen, wie es Sarkeesian getan hat, bleibt aber weiterhin eine Beleidigung. Abgesehen davon denke ich, dass sie männlichen Internet-Nutzern gegenüber zu voreingenommen ist, nach ihren Worten sind sie für Amokläufe und überhaupt alles Schlechte in der Welt verantwortlich, wie soll ich als Mann denn da an Neutralität und gleiche Behandlung glauben? Außerdem gehört sie zu der Sorte Mensch, für die schon vorsichtige Kritik eine unerträgliche Art der Belästigung darstellt, ich weiß nicht ob Google Ideas die Verhältnismäßigkeit wahren kann, wenn Frau Sarkeesian mitarbeitet.

„Glenn Beck ist ein sexistisches Arschloch“

Anita Sarkeesian, Retterin der Beleidigten

Auch auf dem Bild ist Rose Eveleth, eine Journalistin, die maßgeblich daran beteiligt war, Matt Taylor, den Wissenschaftler, der ein Raumfahrzeug auf einem Kometen gelandet hat, für sein Hemd online an den Pranger zu stellen. Taylor gab dem Druck schließlich nach und entschuldigte sich unter Tränen für den Fauxpas, ein Hemd getragen zu haben, das ihm eine Freundin geschenkt hatte und auf dem Pin-up-Girls zu sehen waren. Ein klassisches Beispiel für eine Internet-Hetzkampagne, und doch scheint Google Ideas diese Frau für geeignet zu halten, genau solche Vorgänge in Zukunft zu verhindern. Warum auch immer.

„Schaut euch das Hemd von dem Typen an!“

Rose Eveleth, Shitstorm-Jägerin

Als viertes ist eine Dame zu nennen, die unter dem Pseudonym Feminista Jones die aus der RadFem-Ecke bekannten Vorurteile bedient, zum Beispiel beschwert sie sich darüber, das Frauen online neben Drohungen und Beleidigungen auch „intellektuelle Kritik“ ertragen müssten. Außerdem scheint sie Vorurteile zum Thema „sexuelle Potenz weißer Männer“ zu haben, die so gar nicht in das Bild einer Streiterin für Gleichberechtigung passen wollen. Was für ein Glück, das umgekehrter Rassismus nicht existiert, sonst hätte ich hier welchen vermutet.

„Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so viele impotente weiße Männer in meinen Mentions hatte.“

Feminista Jones, Expertin für Friedensverhandlungen

Und als letze aus der Runde habe ich mir den offensichtlichsten Fehlgriff aufgehoben, den sich Google Ideas geleistet hat: Randi Harper. Die selbsternannte „Gründerin und CEO“ der „Online Abuse Prevention Initiative“, das hört sich doch endlich nach einer vernünftigen Kandidatin an, könnte der uninformierte Leser jetzt denken. Aber abseits von dieser öffentliche Person sprechen ihre Tweets eine andere Sprache: Da sollen Leute „Schwänze fressen“ oder „brennen“, da werden Gerichtsvollzieher gedoxxt, die bei ihr Geld eintreiben wollen. Sie ist die „Entwicklerin“ eines Twitter-Blockbots, der die Blockierten in Kategorien wie „worst harassers“ einteilt und hält es nicht für Tierquälerei, ihren Hund blau zu färben. Außerdem droht die aufrechte Kämpferin gegen Ungleichheit ihrem Sohn schon mal an, ihn an „die Mexikaner“ zu verfüttern, sehr symphatisch und kein bisschen rassistisch.

Unter den Opfern ihrer Hasskampagnen sind die Aktivistin Claire Schuhmann, der Autor Videk Wadhwa oder der ehemalige IDGA-Vorsitzende für Puerto Rico, Roberto Rosario – die Liste ließe sich quasi endlos fortsetzen. Hätte Google Ideas mal das Produkt des Mutterkonzerns genutzt, um sich über Harper zu informieren, statt dieser Serientäterin auch noch eine Plattform zu geben.

„Friß einen ganzen Haufen Schwänze. Am besten welche von plattgemachten Männerrechtsaktivisten“

Randi Harper, Freundin in der Not

Google Bad Ideas

Tja Google Ideas, um ehrlich zu sein, ich kann gar nicht so viel essen, wie ich angesichts eures Opportunismus und eurer Kurzsichtigkeit kotzen möchte. Die Erwartung, Extremisten könnten etwas für die Entschärfung eines Konflikts tun erinnert mich an die Entscheidung der damaligen Veranstalter, für das Konzert der Rolling Stones auf dem Altamont Speedway die Hell’s Angels als Ordner zu verpflichten. Zwar wird Googles Entscheidung (hoffentlich) keine Todesopfer fordern, aber die Meinungsfreiheit der Gegner radikalfeministischer Ideen im Netz  könnte durchaus noch mehr Schaden nehmen als ohnehin schon angerichtet ist. Denn bei dieser Taskforce geht es nicht um „Cybergewalt“ (mein Kandidat für das Unwort des Jahres), sondern um Ideologie. Die Beteiligung von ganzen zwei Männern spricht für sich allein genommen schon Bände, aber die Tatsache, dass die beteiligten Frauen allesamt feministische Aktivistinnen sind, zeigt worum es wirklich geht – um einen Online-Maulkorb für die Kritiker dieser Ideologie.

Falls der ein oder andere geneigte Leser angesichts diese Vorgänge ein leichtes Unwohlsein verspürt, sollte er nicht versäumen, dies der deutschen Niederlassung von Google mitzuteilen.

 

 

 

 

 

 

 

Mutiger Journalismus sieht anders aus

Der Freitag ist, nach eigener Aussage, ein Wochenmagazin das für „mutigen, unabhängigen Journalismus“ steht und „über Kultur anders berichtet, als die übrigen Medien“. Warum zum Teufel drucken die Herausgeber dann einen Guardian-Artikel von Jessica Valenti zum Thema Anita Sarkeesian nach, anstatt mutig und unabhängig selbst zu recherchieren? Wenn der „andere Journalismus“ nichts weiter als die Übersetzung von stark ideologisch gefärbten Artikeln aus der Weltpresse ist, dann ist Buzzfeed wahrscheinlich die Speerspitze dieser Bewegung. Eine Berichterstattung, die für sich selber in Anspruch nimmt, sich von der herkömmlichen Presse abzuheben, stellt sich mit der unkritischen Übernahme von halbwahren Behauptungen ein Armutszeugnis aus.

Der Artikel mit dem Titel „Auf dem härtesten Level“ stammt wie gesagt von Jessica Valenti, einer radikalen Feministin und Autorin aus Amerika. Da der Freitag sich offen als „Meinungsmedium“ bezeichnet, ist die Frage nach journalistischer Objektivität an dieser Stelle wohl sinnlos. Das Frau Valenti aber offensichtlich selber nicht so genau weiß, was sie will, hätte der Redaktion des Freitag nach der Lektüre der Artikel „Das Ende von Flüstern, Pfeifen und Starren: Wir wollen ohne Angst auf die Straße gehen“ und „Männer pfeifen mir nicht mehr hinterher. Ich hasse es, das unsere Kultur mich das vermissen lässt“ aber klar werden können. Wahrscheinlich haben sie den zweiten Artikel erst gelesen, nachdem Valenti ihn hektisch in „Vorteile des Älterwerdens: Weniger Hinterhergepfeife“ umbenannt hat, weil ihr aufgefallen war, wie heuchlerisch der erste Artikel nach dem Erscheinen des Zweiten klang. Und natürlich ist es die „herrschende Kultur“, die es Valenti unmöglich macht, das Hinteherpfeifen nicht zu vermissen und nicht ihr eigenes Geltungbedürfnis. Weitere Hinweise auf Jessica Valentis Mangel an Realitätssinn lassen sich problemlos in ihrem Twitterfeed finden: Da bezeichnet sie einen Passanten in der U-Bahn als „passiv sexistisch“, weil sie beim Mitlesen seines Twitterfeeds feststellt, dass er zu wenig Frauen folgt. Oder sie stellt noch am Tag des Amoklaufs fest, der Attentäter von Charleston spreche die Sprache des „weißen Patriarchats“ – eine abstoßende Verbindung zwischen einer Tragödie und ihren Verschwörungstheorien.

Insgesamt hätte der Freitag also wissen können, dass bei Valenti außer Propaganda nichts zu holen ist. Was uns zu der Frage bringt, ob dem Freitag beim Thema Sarkeesian überhaupt um eine sachliche Darstellung ging, oder ob er sich auf die uniforme Sicht der Medien zurückzieht: Frauen gut, Spieler böse. Nicht wirklich eine „andere Berichterstattung als in den üblichen Medien“.  Wenn die Leitung des Freitag kein Problem damit hat, nur von Parteigängern ihrer Gesinnung gelesen zu werden, habe ich kein Problem damit, wenn hier tendenzieller Journalismus gemacht wird. Aber die Fakten sollten schon passen, auch in einem Artikel, den man nur übersetzt hat.

„Und nach #GamerGate wurde es sogar noch schwerer. Das war ein Twitter-Hashtag, der sich zu einer Online-Bewegung entwickelte, die den Anschein erweckte, es gehe ihr um journalistische Ethik, die aber in Wirklichkeit zum Ziel hatte, Frauen wie Sarkeesian anzugreifen und zu terrorisieren.“

Quelle: Der Freitag

Wow, Freitag. Und Greenpeace ist eine Organisation von Ökoterroristen, die den Anschein erweckt, es gehe ihr um Wale, die aber in Wirklichkeit zu Ziel hat, Firmen wie BP und Exxon zu terrorisieren, richtig? Wo sind die Quellen, die diese Behauptung belegen? Was ist bloß mit eurer journalistischen Integrität passiert?

Valenti schreibt, Sarkeesian sei mit der Berichterstattung der Medien zu #GamerGate unzufrieden gewesen, man habe die Konsumentenrevolte verniedlicht, in dem man von Trollen und Hatern gesprochen habe. Abgesehen davon, dass wir hier einen Fall haben, in dem offensichtlich keine der beiden Seiten mit der Berichterstattung der Presse zufrieden ist, ist es schon lustig mit anzusehen, wie jemand, der kein Problem damit hat, die halbe Weltbevölkerung auf Twitter „toxisch“ zu nennen und für Amokläufe verantwortlich zu machen, sich hinterher über die Tatsache beschwert, dass es für eine so halt- und geschmacklose Äußerung Gegenwind gibt. Und das diese Antwort härter ausfällt, wenn der Betreffende nicht diskutiert, sondern von oben herab predigt, sollte auch jedem denkenden Menschen klar sein.

„[Zoe Quinn] bekam Vergewaltigungs- und Morddrohungen, ihre Accounts wurden gehackt, ihre Adresse, ihre Telefonnummer und sogar ein paar Nacktfotos wurden veröffentlicht, so dass sie schließlich untertauchen musste.“

Quelle: Der Freitag

Eine weitere Fuhre unbelegter Behauptungen, die der Freitag nachdruckt, als wären es Tatsachen. Das Quinn Drohungen erhalten hat ist sicher wahr und zutiefst abstoßend. Das sie gedoxxt wurde, ist wahrscheinlich, allerdings hat sie auch Doxxing-Kampagnen gegen Andersdenkende wie den Anwalt Mike Cernowich unterstützt.  Die „aufgetauchten“ Nacktfotos stammen aus einem kommerziellen Fotoshooting und waren (Zahlung vorausgesetzt) legal erhältlich – Valenti erweckt hier wissentlich den Anschein von „Revenge Porn“, obwohl sie es besser wissen sollte. Und schließlich die größte Legende von allen: Sie musste untertauchen. Was geneigte Leser schon wissen, der Freitag aber wohl übersehen hat: Ihre „Flucht“ war ein lange geplanter Urlaub in Europa.

Dann folgen eigentlich nur noch Zitate, die Sarkeesians Sicht auf #GamerGate beschreiben: Der Mob habe schon vor dem Hashtag existiert, sein Ziel sei es Frauen zum Schweigen zu bringen und zu denunzieren (womit sie wahrscheinlich die Videos über ihre unrühmliche Vergangenheit im Telemarketing meint). Wenn „Männer“ Videos über sie machten, gehe sie nicht darauf ein, um deren Wirkung nicht zu verstärken – in der Realität geht sie auch nicht auf ihre weiblichen Kritiker ein und unterbindet Diskussionen über ihre Theorien wo sie nur kann. Im Restaurant sitze sie nur noch mit dem Rücken zum Fenster um nicht erkannt zu werden und in New York habe sie in den in Taschen vergrabenen Händen eines Fremden ein Messer vermutet, diese Anzeichen von Verfolgungswahn lassen mich fast schon Mitleid mit ihr haben, aber dann fällt mir wieder ein, dass ihr ganzes Theoriegebäude auf Paranoia gebaut ist.

Und mir wurde klar: Jetzt weiß ich, wie die Welt funktioniert. Und jetzt weiß ich, wie ich sie verändern kann.

Anita Sarkeesian

Bei soviel Bescheidenheit fehlen mir glatt die Worte. Aber auf der anderen Seite wird jetzt auch klar, warum sie glaubt, an ihrem Wesen solle die Welt genesen. Selbstüberschätzung, dein Name ist Anita. Und Jessica. Und „der Freitag“. Euer Journalismus ist genauso faul und tendenziös wie bei den Mainstream-Medien, keine Spur von Andersartigkeit, Unabhängigkeit oder gar Mut.

 

 

 

 

In Devin Wilsons Kopf – Teil 5

In dieser Artikelreihe beschäftige ich mich mit dem Artikel ‚A Guide to ending Gamers‘ (‚Eine Anleitung wie man das Ende der Gamer herbeiführt‘) von Devin Wilson. Wilsons Artikel, am 28. August 2014 auf Gamasutra erschienen, war Teil des Medienblitzkriegs mit dem Tenor ‚Gamer sollten nicht mehr die primäre Kundschaft der Spieleindustrie sein‘. 16 Artikel innerhalb von wenigen Tagen sollten das Ende der ‚hyperkapitalistischen‘ Gamerkultur besiegeln und Wilson (er arbeitet an seinem Doktor in Medienwissenschaften) wollte offensichtlich das Manifest für diesen Putsch schreiben.

Er arbeitet sich in achtzehn Punkten durch die ideologische Basis dieser feindlichen Übernahme und ich werde mich Punkt für Punkt (wenn auch nicht in Wilsons Reihenfolge) mit den Vorschlägen beschäftigen, die er seinen Kollegen in der Spieleindustrie macht. Weiter geht es heute mit Punkt 10: Kapitalismus. Hier Wilsons Text:

10. Wir denken immer daran, das wir keine neuen Dinge kaufen müssen, damit wir Spiele rechtmäßig zu schätzen wissen. Wir spielen die alten Spiele, bis sie all ihre Geheimnisse preisgegeben haben und dann spielen wir sie noch etwas länger. Wir erteilen der impliziten Idee, Spiele seien Wegwerfprodukte, eine Absage. Wir sezieren die nahe und die ferne Vergangenheit der Spielekultur (und alles dazwischen) anstatt ständig in der kakophonischen, glitschigen und überwältigenden Gegenwart (und Zukunft) herumzuhampeln.

Bei diesem Punkt fehlen mir einmal mehr die Worte. Aus irgendeinem Grund hat Devin Wilson in seinem Hirn eine Verbindung zwischen Konsum und Verderben geschaffen, die ihn offensichtlich blind für jeden rationalen Vergleich macht. Welche Kunstform hat sich im Verlauf der Geschichte weiterentwickelt, indem sie stehengeblieben ist? Sicher haben die Künstler den Renaissance den Rückgriff auf die Antike in den Mittelpunkt ihres Schaffens gestellt, aber Michelangelos David ist keine pure Kopie einer antiken Statue, sondern eine subtile Weiterentwicklung. Und hätte die Florentiner Wollwebergilde nicht dafür gezahlt, wäre sie wohl nicht entstanden. Was Wilson in seinem Manifest ausblendet ist die einfache Tatsache, dass Künstler genauso ein Dach über dem Kopf, Nahrung, Werkzeuge und Rohstoffe für ihre Kunst brauchen wie jeder andere arbeitende Mensch. Ich bin mir sicher, dass seine Lösung für dieses Problem entweder Patreon-Unterstützung oder eine Art staatlicher Kulturfonds wären. Abgesehen davon, dass es sich bei diesen Lösungen nur um andere Zahlungsarten handeln würde (das Geld müssten ja immer noch Konsumenten oder Steuerzahler aufbringen), missfällt mir die Idee einer zentralen Kulturförderung – ich kann mir nur schlecht vorstellen das Pink Floyd oder Andy Warhol zu ihrer Zeit behördliche Unterstützung bekommen (oder angenommen) hätten.

Wilson schlägt also vor, sich nur noch mit alten Spielen zu beschäftigen. Das kommt mir vor als würde ich heute den Kids erklären wollen, das sie lieber Tom Petty statt Kanye West hören sollen, früher war ja bekanntlich alles besser. Glücklicherweise wissen ich und die meisten anderen Menschen, wie sinnlos es ist, sich über Geschmack zu streiten oder jemand anderem die eigenen Vorlieben aufdrängen zu wollen. Wenn Mr. Wilson gerne alte Spiele spielt, nur zu, ich habe auch über hundert Spiele in meinem GoG-Account und jede Menge Spaß damit. Allerdings kann ich keine moralische Überlegenheit in Spielen wie Wing Commander II oder Dungeon Keeper erkennen und auch noch ältere Vertreter wie Night Driver oder Joust haben mir bisher nicht dazu verholfen, ein besserer Mensch zu werden – wahrscheinlich, weil ich Pong noch immer nicht alle Geheimnisse entlockt habe. Woher Wilson die Grundlage für seine Behauptung nimmt, Spiele seien für die meisten Menschen „Wegwerfprodukte“, erschließt sich mir genauso wenig. Vielleicht reflektiert er mit dieser Aussage auch nur über seine eigene Geringschätzung für Kulturformen, die er nicht versteht. Ich kenne auf jeden Fall niemanden, der seine Spiele wegwirft, wenn er sie durchgespielt hat.

Kulturlandschaft nach D. Wilson / Foto: gamergateblog.de

Kulturlandschaft nach D. Wilson / Foto: gamergateblog.de

Um die ganze Sinnlosigkeit von Wilsons Punkt 10 zu erkennen muss man eigentlich nur die entsprechenden Vergleiche zu anderen kulturellen Gebieten ziehen. Nach Wilsons Idee würden wir in einer Welt leben, die sich im 21. Jahrhundert immer noch ausschließlich mit Homer befasst, Stummfilme sieht, klassische Musik hört (natürlich nicht so neumodischen Kram wie Beethoven) und in der Malerei und Plastik immer noch exklusiv religiösen Zwecken dienen. Eine krude Mischung aus moralinsaurem Traditionalismus und kultureller Engstirnigkeit. Für mich hört sich das an wie jemand, der die Kunstfreiheit aufheben will, indem er den freien Markt durch ein Förderungsmodell ersetzt, in dem selbsternannte „geistige Eliten“ (sprich: Wilson und seine Freunde) als Torwächter und Zensoren fungieren können, eine Möglichkeit, die ihnen im aktuellen kulturellen „Markt“ verwehrt bleibt.

Was Wilson mit dem „Sezieren der nahen und fernen Vergangenheit der Spielekultur“ meint, kann ich nur mutmaßen. Nach der Lektüre der bisherigen Artikel wird es mir der geneigte Leser sicher nicht übel nehmen, wenn ich das Schlimmste annehme: Das es Wilson nicht um eine Sektion geht, sondern in Wahrheit um viele kleine Amputationen, oder um es mit den (leicht abgewandelten) Worten von Anita Sarkeesian zu sagen: „Alles ist sexistisch, alles ist homophob, alles ist rassistisch und du musste es alles rausschneiden“.

 

Das abschließende Urteil spricht heute Giovanni Guareschi, Autor von „Don Camillo und Peppone“:

„Das Endziel jeder Zensur ist es, nur solche Bücher zu erlauben, die ohnedies niemand liest.“

Im nächsten Teil befasse ich mich mit Punkt 14: „Wir fangen an, Spiele nicht religiös, sondern als Freizeitbeschäftigung zu betrachten“.

Mainstream Media Blitz

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it und wird hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.

Den ersten Teil, „Monster“, können Sie hier lesen.

Fehlende Recherche

Trotz der schwerwiegenden Anschuldigungen die sie oft enthalten, zeigen die journalistischen Erzeugnisse zum Thema #GamerGate oft einen erschreckenden Mangel an Fakten. Newsweek war die einzige größere Publikation, die sich die Mühe gemacht hat zu recherchieren. Sie analysierten  eine große Anzahl von Tweets und entschieden, das Spieler Frauen belästigten, weil der Hashtag öfter an beteiligte Frauen als an beteiligte Männer getweetet wurde.

Die Studie gibt keine Auskunft über ihre Methoden und macht so das Nachvollziehen unmöglich und lässt die Tatsache außer acht, dass alle als betroffen genannten Frauen #GamerGate regelmäßig angegriffen haben, während sich die  genannten Männer eher ruhig verhalten haben. Selbst wenn man diese Umstände ignoriert und nur mit den von Newsweek handverlesenen Daten arbeitet, können die Ergebnisse komplett entkräftet werden: Die Daten zeigen, dass die an die untersuchten Personen gerichteten Tweets nur einen verschwindend geringen Anteil am Hashtag bildeten und das 95% der untersuchten Tweets neutral oder positiv waren, wobei Frauen relativ gesehen mehr positive und weniger negative Tweets als der Durchschnitt erhielten.

Eine ernsthaftere Inhaltsanalyse von 5000 Twetes innerhalb von 50 Tagen  zeigten das Nachrichten mit Bedrohungen oder Beleidigungen von Gamern nur einen sehr kleinen Prozentsatz ausmachten und das die Opposition mit einem Verhältnis von eins zu drei deutlich mehr solche Tweets versandte, eine Tatsache die um so verwunderlicher ist, wenn man die Vermutung bedenkt, das die lautstarken Vertreter der #GamerGate-Gegner eine zahlenmäßig deutlich kleinere Gruppe darstellen und den Hashtag nur sehr vorsichtig verwenden.

Der Statistiker Chris von Csefalvay führte eine Netzwerk-Analyse der #GamerGate-Community durch und kam zu dem Ergebnis, dass es sich um eine „relativ egalitäre“ Gruppe handele,in der auffällig viele Sub-Communities vorhanden seien. In von Csefalvays Worten sei dies „ein klarer Widerspruch zu dem oft wiederholten Meme, #GamerGate sei weitgehend homogen was ethnische Herkunft, sozialen Stand und Hautfarbe angehe“. Seine Ergebnisse sind außerdem „nicht kompatibel mit der Beschreibung von #GamerGate als Hassgruppe“ und „der Behauptung, #GamerGate belästige regelmäßig bestimmte Personen“, da die Aktivisten nicht über eine zentrale Führung verfügten und sich eher auf externe Ziele konzentrierten. Er fügte jedoch hinzu, das eine definitive Beurteilung der Situation mit einer solchen Analyse nicht möglich sei.

Von Csefalvay löschte zeitweise seinen Twitter-Account, als er von der bekannten Anti-#GamerGate Aktivistin Randi Harper, der Autorin des GG-Autoblockers, zum Ziel von Drohungen und Beleidigungen gemacht wurde – ein Schicksal, das auch cainejw teilt, der den Newsweek Artikel widerlegt hatte. Sein Twitter ist bis heute deaktiviert.

Wo wir gerade vom Autoblocker sprachen: Eine Studie von Women Action Media! aus dem Mai 2015 zeigte, dass nur 0,66% der von dem Programm geblockten Accounts an Drohungen und Beleidigungen beteiligt waren – trotz der genauen Beobachtung des Hashtags und seiner Unterstützer.

Mainstream Media Blitz

Der Fokus der Medien auf das Narrativ von den belästigten Frauen hat dafür gesorgt, das diverse opportunistische Parteien zahlreiche „False Flag“ Aktionen durchführten, was einen Dialog weiter erschwerte.  Als die Gamer ihren Protest nach zwei – so noch nicht dagewesenen – Monaten noch immer fortsetzten, mischten sich die Mainstream-Medien ein. Sowohl Presse als auch Fernsehen erweiterten das Harassment-Narrativ, wobei sie sich auf Brianna Wu konzentrierten, eine umstrittene Entwicklerin von Nischenspielen für iOS.

Die nicht an #GamerGate beteiligte Wu brachte sich selbst ins Spiel, indem sie #GamerGate-Aktivisten übel beschimpfte, zum Teil mit Hilfe eines Sockenpuppen-Accounts, dessen Benutzung sie später einräumte. Als ihre persönlichen Daten (die anscheinend aus dem öffentlich sichtbaren Whois ihrer Website kamen) von einem anonymen Poster auf einem #GamerGate-Board veröffentlicht wurden, wurde der Poster sofort einer „False Flag“ verdächtigt und der Post wurde von anderen Usern so schnell wie möglich gelöscht. Außerdem wurde die Polizei über das Doxxing informiert. Nur Minuten danach erhielt Wu eine Serie fieser Tweets von einem kurz vorher angelegten Account und beschuldigte sofort die Aktivisten, obwohl es für eine Verbindung zu #GamerGate keinerlei Indizien gab. Durch diesen Vorfall bekam Brianna Wu als „Opfer von #GamerGate“ jede Menge Medienöffentlichkeit und finanzielle Unterstützung.

Anstatt sich auf die sieben Tweets, die sie erhalten hatte, zu konzentrieren, stellte die Presse Wu’s angebliche Flucht aus ihrem Haus auf Grund der Drohungen in den Mittelpunkt. Eine Analyse der Videointerviews, die sie in den Tagen nach dem Vorfall gab, zeigte, dass Wu alle Videointerviews von ihrem Zuhause aus führte, aus dem sie angeblich geflohen war. Andere Behauptungen, sie sei belästigt worden, wurden auch verdächtigt „False Flags“ zu sein, da der zeitliche Ablauf und andere merkwürdige Umstände sie fragwürdig erscheinen ließen. Der erfolgreichen Greenlight-Kampagne für ihr Spiel auf Steam scheint durch Bots nachgeholfen worden zu sein und sie gab Wu allem Anschein nach die Gelegenheit, Köder für noch mehr Hass-Kommentare auszulegen.

Bis heute wurde kein #GamerGate-Unterstützer einer Beteiligung an ernsthaften Drohungen oder Beleidigungen  überführt, ganz im Gegensatz zu Personen, die sich als Teil der Opposition sehen. Die Presse weiß, wie wir aus Leaks erfuhren, sehr genau, wie bösartig ihre Berichterstattung ist – ein Beispiel war der Entwickler Christian Allen, dem ein Interview zu #GamerGate verwehrt wurde, weil der Reporter, nach eigenen Angaben, Personen suchte, welche „Beleidigungen und Drohungen gutheißen und unterstützen“. Er gab außerdem an, er wisse, dass es „ziemlich schwierig“ sei, solche Leute zu finden. Zumindest auf kurze Sicht scheint sich solche Skandalberichterstattung auszuzahlen: Das im Januar veröffentlichte #GamerGate-Video von ABC brachte es auf YouTube zu über 400.000 Aufrufen, allerdings bekam es auch umwerfende 97% negative Bewertungen und hatte eine große Menge an gelöschten Kommentaren zu verzeichnen.

Die Verdienste von #GamerGate

Durch die entmenschlichte Darstellung in den Medien zu akzeptablen Zielen gemacht, durch die Verwehrung von Anonymität zu einfachen Opfern geworden und mit der schier unmöglichen Aufgabe ausgestattet, die Nicht-Beteiligung an anonymer Belästigung zu beweisen, haben die Aktivisten in #GamerGate über 150.000 Dollar für wohltätige Zwecke gespendet, um ihre guten Absichten zu unterstreichen.  Die Spenden an die Fine Young Capitalists – eine feministische Initiative zut Förderung von Frauen in der Spieleentwicklung, deren Gewinne an die Krebsforschung gehen – führte zur Schaffung der heute ikonenhaften Figur Vivian James, die zum Symbol der Aktivisten wurde.

Die „#GamerGate Harassment Patrol“ war eine weitere positive Initiative der Aktivisten. Von dort wurden gemeldete Accounts massenhaft an den Twitter-Support weiter geleitet und die Effizienz der Initiative wurde sogar von den erbittertesten Gegnern des Hashtags anerkannt.

Die überwältigende Mehrheit der Medien hat nie über diese Spendenaktionen oder die Arbeit der „Harassment Patrol“ berichtet. Aktivistin Margaret Gel dazu: „Wenn man mich monatelang als Terrorist bezeichnet, während ich die Zeit damit verbracht habe, Leute online zu beschützen, muss ich mich schon wundern was da los ist. Es ist mir ein Rätsel“.

Der Mangel an Berichterstattung über dokumentierte Fälle von Belästigung gegen Frauen, Minderheiten, LGBT und jeden anderen, Einzelperson oder Konsument, der unter dem Hashtag #GamerGate auf die Korruption in den Medien aufmerksam machen will, macht die Spiele- und die Mainstream-Presse entweder zu Dilletanten oder zu Komplizen der Korruption.

William Usher, Journalist, #GamerGate-Unterstützer

 

Heute, im September 2015, ist die #GamerGate-Kontroverse über ein Jahr alt. In dieser Zeit wurde eine unglaubliche Menge an Interessenkonflikten und anderen Verfehlungen wie die GameJournoPros entdeckt. Die Amerikanische Handelsbehörde FTC hat ihre Richtlinien für Werbelinks überarbeitet und #GamerGate explizit als Grund für diese Änderungen genannt. Außerdem haben Aktivisten eine große Menge an Berichterstattung mit verdeckter Werbung aufgedeckt. Eine große Anzahl Spielewebsites haben ihre Ehtik-Richtlinien im Verlauf der Konsumentenrevolte überarbeitet, ein Indiz dafür das die Email-Kampagne „Disrespectful Nod“ (etwa: „verächtliches Zunicken“) extrem erfolgreich war. Alle direkten Werbepartner der Websites scheinen ihr Engagenment bei Seiten, die von #GamerGate-Aktivisten kritisiert wurden, eingestellt zu haben.

Seit dem Beginn der Kontroverse gab es auch unter den Journalisten und Personen des öffentlichen Lebens einige, die ihre Stellung verloren haben. Wenn man bedenkt wie viel Mühe sich die Spiele- Medien und ihre Freunde von der Mainstream-Presse bei der Darstellung von #GamerGate als Unmenschen gegeben haben, sind diese Ergebnisse umso eindrucksvoller.

„Wenn #GamerGate verliert, könnten Schmierenkampagnen wie in den letzten zwei Monaten der Normalzustand werden“, schlußfolgert Margaret Gel, „Stell dir eine Welt vor, in der Journalisten jeden einen Terroristen nennen können, ohne das man etwas dagegen tun könnte: Alle würden einfach blind den Journalisten folgen und glauben, was sie sagen. Das ist eine furcheinflößende Zukunftsvision“.

Eine Zukunft, die vielleicht nicht Wirklichkeit wird. In den Monaten seit dem Interview mit Gel hat #GamerGate  zahlreich und mit starkem Willen weitergemacht. Mit jedem Ergebnis, das die Konsumentenrevolte einfährt, entlarvt sie die Fehler ihrer Kritiker. Selbst die härtesten Gegner beginnen ihre Haltung zu verändern, weil das Narrativ vom Frauen hassenden Mob, der jeden beleidigt und bedroht, immer unhaltbarer wird.  #GamerGate hat schon jetzt große Veränderungen bewirkt und seine Auswirkungen werden vielleicht weit über die Spieleszene hinaus zu spüren sein – aber auf jeden Fall haben die Aktivisten dem Ruf der Jorunalisten, die verächtlich über die Revolte geschrieben haben, empfindlich beschädigt.

 


 

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf deepfreeze.it, einer Seite, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die ethischen Verfehlungen im Spielejournalismus zu katalogisieren.

gamergateblog.de dankt @bonegolem und dem Team von deepfreeze.it für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung dieser Übersetzung.

Grafik: deepfreeze.it

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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